Aber was soll er auch machen: Die Aufspaltung findet bewusst auf Ebene der Aktionäre der Metro AG statt, da sind die Möglichkeiten der Intervention begrenzt bis nahezu ausgeschlossen. Wie berichtet, bereitet der Vorstand der Metro AG die Bildung zweier unabhängiger und auf ihr jeweiliges Marktsegment spezialisierter, börsennotierter Unternehmen durch eine Aufteilung des Konzerns vor: einen Großhandels- und Lebensmittel-Spezialisten und ein auf Unterhaltungselektronik-Produkte und -Dienstleistungen fokussiertes Unternehmen, dessen Kern die heutige Media-Saturn-Saturn darstellt.
Ein Geniestreich ^
Technisch wird die Aufspaltung der Metro AG so gelöst, dass der Konzern nicht etwa die 78-prozentige Media-Saturn-Beteiligung an eine neue Gesellschaft ausgliedert, sondern den anderen Unternehmensteil, Metro Cash & Carry und Real. Ein Geniestreich. Denn so behält die Metro bei der MSH das Sagen, ansonsten hätte keiner der heutigen Metro-Großaktionäre wie Haniel, Schmidt-Rutenbeck oder Beisheim, die dann für ihre Metro-Aktien entsprechend Anteile an der Media-Saturn Holding bekämen, wirklich eine dominate Stellung in Ingolstadt und könnten Kellerhals kaum Paroli bieten.
Neue strategische Optionen ^
Mit einigen Tagen Abstand lässt sich sagen, was für ein genialer Schachzug (der allerdings von nicht wenigen Analysten auch längst so erwartet wurde). Mit der Aufspaltung des Metro-Konglomerats wird nicht nur die, so Vorstandsvorsitzender Olaf Koch in einer eilig anberaumten Pressekonferenz in Düsseldorf, „systemimmanente Komplexität“ rausgenommen. Es entstehen vielmehr „komplett neue Handlungsmöglichkeiten und strategische Optionen, die in der aktuellen Struktur nicht möglich sind“.
Angenehmer Nebeneffekt für Koch: Da er Boss des Großhandels- und Lebensmittelgeschäfts werden soll, wird er auch das lästigste Thema seiner vierjährigen Amtszeit elegant los: den heftigen, mitunter an die Schmerzgrenze gehenden Streit mit Erich Kellerhals. Denn gestritten wird seit Jahren um alles: die Strategie, das Top-Personal – insbesondere Pieter Haas, CEO der Media-Saturn-Holding – die Gesellschafterrechte und, und und.
In der öffentlichen wie der veröffentlichen Meinung gibt es unisono nur einen Meinung: Chapeau, Metro AG! Denn aktuell sind Mischkonzerne megaout, Spezialisten hingegen absolut im Trend. Beispiele für Abspaltungen gibt es in jüngster Vergangenenheit genug: Bayer, Evonik und RWE sind da nur drei Vorbilder, wie es gehen könnte. Welcher Unternehmensteil ist nach der Aufspaltung der attraktivere – die Unterhaltungselektronik-Gruppe mit den Top-Elektromärkten MediaMarkt und Saturn oder die Aktivitäten im Lebensmittelhandel? Die Analysen zur den Geschäftsfeldern der Metro weichen – je nach Branchenkenntnis und Insiderwissen – stark voneinander ab.
MSH: Basis für weiteres Wachstum ^
Inwieweit die beiden künftigen Aktiengesellschaften und ihre Anteilsscheine, – die es, läuft alles nach Plan, ab Mitte 2017 geben soll – attraktiver werden als das bestehende Konglomerat, wird sich weisen. Media-Saturn hat insbesondere in den vergangenen zwei Jahren seine Hausaufgaben in Sachen Multichannel und insbesondere in jüngster Vergangenheit mit neuen Strategien der Kundenbindung und –loyalität beinahe mustergültig absolviert. Fakt ist: Mit täglich über fünf Millionen Kundenkontakten in gut tausend Geschäften verfügt Media-Saturn über eine gute Basis für weiteres Wachstum.
Koch lobte auf der Pressekonferenz in Düsseldorf demonstrativ den amtierenden Media-Saturn-Chef Pieter Haas, der, am Rande bemerkt, in früheren Karrieretagen ein wesentlich entspannteres Verhältnis zu Dauernörgler Kellerhals hatte. Dank Haas guter Leistung hätten MediaMarkt und Saturn in den 15 Ländern, in denen das Unternehmen aktiv ist, einen Marktanteil von 14 % erreicht. Mehr als je zuvor, ein Ergebnis in historischer Höhe.
Wohin geht die künftige Reise von Media-Saturn? Fakt ist: Die MSH bleibt – wie bisher schon – unter dem Dach der Metro AG mit noch zu suchendem neuen Namen. Doch diese Metro hat dann eine deutlich abgespecktere Holding-Struktur in Düsseldorf, die ausschließlich Consumer Electronics atmet. Der operative Kurs wird auch weiterhin in Ingolstadt gesteuert. Viel wichtiger jedoch: Man ist endlich befreit von den hemmenden Konzernfesseln, kann künftig wesentlich flexibler agieren. Geht es nach Koch, kann sich das MSH-Management voll und ganz auf das operative Geschäft konzentrieren, anstatt sich von der Komplexität eines Konzerngebildes wie der heutigen Metro mit 60 Mrd. Euro Umsatz und 230.000 Mitarbeitern in 30 Ländern ablenken zu lassen.
Der Kommentar
MSH Abspaltung: „Mehr drin als man glaubt!“ ^
Objektiv bleibt eigentlich alles beim Alten: Die MSH-Strategie wird weiterhin von Ingolstadt gesteuert: Und auch in der Führung gibt es mit Pieter Haas keine Veränderung. Subjektiv ist diese „Unternehmensgründung“ jedoch eine Riesenchance, die direkt an der Marken DNA von Media Markt und Saturn andockt. Die MSH wurde von Unternehmern für Unternehmer gegründet und die Basis allen Erfolges war und ist Unternehmertum.
Endlich befreit von den Konzernfesseln, ist man zukünftig wieder transparent und direkt für den Unternehmenserfolg verantwortlich und nicht mehr nur eine untergeordnete Zahl im Konzerncontrolling. Leopold Stiefel hat folgendes Satz geprägt: „In Dir muss brennen, was Du in anderen entzünden willst!“ Es liegt jetzt an Pieter Haas und seinem Führungsteam diesen Spirit in jedem einzelnen Mitarbeiter/in wieder zu entzünden.
Motivation entsteht durch Identifikation – für die MSH-Belegschaft der Start in eine noch erfolgreichere gemeinsame Unternehmer-Zukunft. Hauptsache Sie haben wieder Spaß!
Wilfried Pohl, Inhaber der Unternehmensberatung Pohlarstern
www.pohlarstern.de
Zukäufe sind eine Option ^
Jedenfalls ist mit der Metro-Aufspaltung eine Monopoly-Partie eröffnet, die in einem Zeithorizont von etwa drei bis fünf Jahren ganz unterschiedliche Szenarien denken lässt. Vielleicht bleibt alles, wie es ist, vielleicht sitzen Haas und Kellerhals nach dem Aufbrechen der alten, festgefahrenen (Streit-)Strukturen schon bald wie in alten Zeiten an einem Tisch. „Neue kreative Zukunftsideen könnten bei der neuen Konzernstruktur auch noch bessere Lösungen für Media Saturn bringen. Das nützt allen Beteiligten“, schreibt Kellerhals auf seiner Internet-Seite. Unversöhnlich klingt das nicht.
Andererseits: „Die neue Unterhaltungselektronikgruppe wird mehr sein als Media-Saturn“, sagte Koch in Düsseldorf. Im Klartext: Zukäufe „in den nächsten drei, vier, fünf Jahren“ sind durchaus eine Option. Würden dann künftig weitere Geschäftseinheiten an die „Metro“ (deren neuer Name – CE AG? – noch gefunden werden muss) andocken, wäre Kellerhals dann zwar weiter mit 21,6 % an Media-Saturn beteiligt, doch diese würde eben nur noch einen Teil der Aktivitäten und Vermögenswerte des künftigen Elektronik-Riesen ausmachen. Eine angepeilte Expansion fällt jedenfalls umso leichter, als ein künftig „sortenreiner” Elektronikhändler seine Aktien als Akquisitionswährung einsetzen kann.
Vermeintliche Folge: Der Einfluss von Kellerhals, der in diesem Zeitrahmen dann wohl das achte Lebensjahrzehnt abschließt, könnte schwinden. Dennoch: Zukäufe allein minimieren den Einfluss von Kellerhals auf die MSH noch nicht. Sein Anteil und seine Vetorechte bleiben unverändert an dem Elektronik-Giganten mit knapp 22 Mrd. Euro Umsatz bestehen. Und wie sollen so schnell durch Zukäufe eine Balance oder gar möglicherrweise ein Übergewicht zur MSH im Portfolio der Metro (CE-AG) erreicht werden? Da müssten schon große Brocken wie Dixons Carphone (12,5 Mrd. Umsatz) oder zumindest Darty (3,4 Mrd. Euro Umsatz) nebst AO World plc aus England her. Allein mit dem Erwerb von Start-Ups und lokalen Größen ist dieses Ziel in naher Zukunft nicht zu schaffen.
… und eine Prise Kaffeesatz ^
Möglich wäre aber auch, dass sich Kellerhals einen Private Equity-Partner ins Boot holt, um Anteile an der weiterhin börsennotierten „Metro (CE-AG)“ zu erwerben und über diesen Schritt wieder den Kurs zu bestimmen. Oder könnte sich gar die Familie Haubrich (mithin also ElectronicPartner) für eine Allianz mit Kellerhals erwärmen?
Was bei den „Aktionären“ von expert und „Genossen“ von Euronics per se ausgeschlossen ist, ist bei EP zumindest theoretisch denkbar. Freilich, das ist Kaffeesatzleserei. Und dennoch: „Mit einem Tunnelblick wird nichts gelöst“, schrieb Kellerhals am vergangenen Mittwoch auf seiner Homepage. Convergenta Invest jedenfalls, die Vermögensgesellschaft des streitbaren Milliardärs, zeigt sich „flexibel“ und ist auch „zu ungewöhnlichen Lösungen bereit“. Die längste Reise beginnt mit einem ersten Schritt, weiß der Volksmund. Und dieser womöglich erste Schritt wurde nach Ansicht von Convergenta am Mittwoch vergangener Woche eingeleitet.
Matthias M.Machan / AD