Buch-/Management-Tipp

5 Mythen des Digital Customer Experience Managements

Kommt es zur Interaktion zwischen einem Unternehmen und Kunden, sollte diese positiv verlaufen und eine gute Erfahrung für – idealerweise – beide Seiten darstellen. Soweit die Theorie. In der Praxis sieht es jedoch häufig anders aus. Schuld daran sind nicht zuletzt alteingesessene Customer Experience Mythen, die sich im Laufe der Jahre in den Köpfen vieler CEOs und Marketing Manager verfestigt haben und den Fokus oftmals auf falsche Prioritäten lenken.

Damit Ihnen nicht das gleiche Schicksal blüht und Sie mit gut gemeinten Aktionen die Customer Experience sogar noch „verschlimmbessern”, räumen wir mit den 5 geläufigsten Mythen auf und erklären, worauf es tatsächlich beim Customer Experience Management ankommt:

5 Customer Experience Mythen, die man nicht glauben sollte

Customer Experience Mythos 1: Es sind vor allem die großen „Fehler”, die Unternehmen schaden. ^

Jeder kennt es – ob privat oder beruflich – Pleiten, Pech und Pannen gehören zum Leben, wie das Amen in der Kirche. Dabei glauben immer noch viele, dass große Pannen und Missgeschicke, Unternehmen auch den größten Imageschaden bescheren. Angesichts von Vorkommnissen wie dem „Diesel-Gate” ist diese Betrachtungsweise zwar nicht verwunderlich, jedoch nicht zwangsläufig richtig.

Außer bei den großen Extremfällen sind es vor allem die vielen Kleinigkeiten, mit denen eine gute Customer Experience steht und fällt. Die Ursache dafür liegt in der Natur und Psyche des Menschen. Wir suchen stets und ständig nach Mustern, um uns zielsicher durch das Wirrwarr der allgegenwärtigen Entscheidungsfindungen zu navigieren.

Während wir also einmalige Vorkommnisse zwar registrieren, haben wir auch ein gutes Talent dafür, diese weitestgehend auszublenden und nicht zu stark in unsere Entscheidungsfindungen einzubeziehen. Vielmehr ist der Mensch auf der Suche nach Beständigkeit. Wiederholen sich Fehler also gehäuft, seien sie noch so klein, fallen diese durch ihre Wahrnehmung als Muster viel stärker ins Gewicht als einzelne Aussetzer.

Customer Experience Mythos 2: Nur „Wow-Effekte” und „Aha-Erlebnisse” führen zu einer guten Customer Experience. ^

Quasi als Pendant zu Mythos 1, „Es sind vor allem die großen Fehler, die schaden”, glauben ebenfalls viele Unternehmer und Manager, dass einzig und allein die großen „Wow”- und „Aha”-Effekte eine gute Customer Experience auszeichnen. Das Gegenteil ist der Fall!

Zwar helfen diese besonderen Momente Unternehmen und Marken dabei, aus der Masse herauszustechen. Doch nur dann, wenn diese in eine konstant gute und benutzerfreundliche Customer Experience eingebunden sind. Viel wichtiger ist, Nutzern und Kunden also ein konstant gutes sowie einfaches Kauferlebnis zu bieten, anstatt sich auf wenige Highlights bzw. einzelne Interaktionen zu konzentrieren.

Laut dem 2019 Global Customer Experience Benchmarking Report verfolgen gerade einmal 8,4 Prozent der europäischen Unternehmen ein Customer Experience Management, das alle Interaktionspunkte mit den Kunden integriert. Und das obwohl fast 90 Prozent der Unternehmen die Relevanz der CX in puncto Wettbewerbsfähigkeit bestätigen.

Customer Experience Mythos 3: Negative Erfahrungen lassen Kunden direkt zur Konkurrenz abwandern. ^

Viele Unternehmen gehen davon aus, dass Kunden bei der ersten negativen Erfahrung direkt den Sprung zur Konkurrenz wagen. Nicht selten wird bei einer schlechten Bewertung eher resigniert, als Rückgewinnungsmaßnahmen einzuleiten und unzufriedene oder enttäuschte Kunden vom Gegenteil zu überzeugen.

In der Praxis zeigt sich jedoch, dass in vielen Fällen die Bequemlichkeit siegt, gerade einmal 15 Prozent der Kunden wechselten, Untersuchungen zur Folge, beim Auftreten eines Fehlers im Bestellvorgang direkt zur Seite eines anderen Anbieters. Kunden ziehen es vor, bei gewohnten Produkten und Marken zu bleiben – insbesondere dann, wenn ein Wechsel mit höherem Aufwand verbunden ist. Vorausgesetzt, die Unternehmen gehen auf die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kunden ein und investieren in ein zielführendes Retention Management. Auch wandern Kunden bei negativen Erfahrungen dann ab, wenn sich lohnende Alternativen bieten.

Anstatt sich zu sehr darauf zu versteifen, dass ein Fehler passiert ist, sollten sich Unternehmer und Manager vielmehr auf Bindungs- und Rückgewinnungsmaßnahmen für ihre Kunden konzentrieren. Denn Fakt ist: Die große Mehrheit der abwandernden Kunden (68 Prozent) kehrt einem Unternehmen den Rücken, weil sie glauben, das Unternehmen interessiere sich nicht für sie.

Bei der Automatisierung und Umsetzung solcher Rückgewinnungsprozesse und Bindungsmaßnahmen helfen beispielsweise Retention Management Lösungen, die sich auf den Net Promoter ScoreⓇ stützen. Mit ihnen können sich Unternehmen darauf konzentrieren, Kunden in wahre Fans zu verwandeln, die über Jahre treu bleiben. Sie sichern somit Umsätze und unterstützen darüber hinaus durch positive Mund-zu-Mund-Propaganda noch beim Empfehlungsmarketing.

Customer Experience Mythos 4: Neu ist immer besser. ^

Während manche Unternehmen sich nicht von Gewohntem lösen können, rennen andere gefühlt jedem Trend hinterher. Dabei heißt das Stichwort wie so oft im Leben: „Balance” – denn nicht jede Neuerung kann direkt alles vorher Dagewesene ersetzen.

Es macht zwar Sinn, Chatbots und AI in den Kundenservice zu integrieren, um beispielsweise auch außerhalb der Öffnungszeiten für Kunden in bestimmten Fragestellungen erreichbar zu sein. Wenig zielführend ist es jedoch, deswegen die Kontaktaufnahme zum Kundenservice via Telefon und E-Mail zu unterbinden.

Der Mix macht es also: Bekannte Maßnahmen, wie ein kompetenter und sympathischer Kundenservice, aber auch gut betreute Social Media Accounts sowie vielseitige Kontaktmöglichkeiten dürfen gern um innovative Ideen zur Verbesserung der Customer Experience ergänzt werden. Dann klappt’s auch mit dem Kunden.

Customer Experience Mythos 5: Der Kundenservice hat stets die passende Antwort parat. ^

Wer das nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis von sich behaupten kann, darf sich wirklich glücklich schätzen. Tatsache ist jedoch: Die meisten Unternehmen sind überzeugt, dass ihr Kundenservice stets die passenden Antworten bereit hält und Anliegen von Kunden direkt und unmittelbar lösen kann. Studien zufolge liegt die Erfolgschance, Kundenanliegen bereits bei der ersten Interaktion zu lösen, bei gerade mal 49 Prozent.

Selbst, wer also ein ausgezeichnetes Team im Kundenservice sitzen hat, sollte sich nie zu sicher sein. NPS-Abfragen nach Kontakt mit dem Kundenservice vermitteln ein granulares Bild der Kundensicht. Regelmäßige Trainings zum Umgang mit Kunden, Templates und vorbereitete Dokumente, um die häufigsten Kundenfragen unmittelbar zu beantworten, helfen dem Customer Service seinen Job noch mehr zur Zufriedenheit der Kunden zu machen.

Es zeigt sich also: Wer eine gute Customer Experience sicherstellen möchte, sollte sich vor allem auf die Beständigkeit konzentrieren und sich nicht von Mythen beirren lassen. Unternehmen sollten dafür den Kunden in den Fokus rücken, dessen Bedürfnisse erkennen und den Status-Quo der Customer Experience sowie die Markenkontaktpunkte erfassen. Wer darauf basierend Verbesserungen der Kundenerfahrungen anstößt und umsetzt, ist auf einem guten Weg die eigenen Kunden glücklich zu machen.


Autor: Paul Schwarzenholz, Mitgründer von zenloop, Berlin. www.zenloop.com. Mit deren SaaS-Plattform können Firmen die Zufriedenheit ihrer Kunden ermitteln. Zuvor gründete er die Premium Online-Parfümerie Flaconi.de.

Quelle: E-Mail Marketing Forum vom 2.9.2019

infoboard.de

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