Die fehlenden Übergangszeiten stellen Hersteller wie Händler vor die immense Herausforderung, ihre Produktions- und Logistikprozesse unverzüglich an die neue Rechtslage anzupassen. Denn nach dem nun rechtskräftigen Urteil des Gerichts der Europäischen Union dürfen Staubsauger ab sofort nur noch ohne Energielabel verkauft werden. Um Abmahnungen ganz sicher zu vermeiden, sollten Händler also den Label-Stopp ernst nehmen – und das auf allen Kanälen!
Infoboard.de sprach darüber vergangene Woche mit Werner Scholz, Geschäftsführer der Hausgeräte-Fachverbände im ZVEI. Seine Einschätzung: „Auch wenn das Urteil eine Menge Aufwand verursacht: es ist zu akzeptieren und jeder muss sich entsprechend verhalten. Im Zusammenhang mit dem Energielabel kommen auf die Branche mittelfristig größere Herausforderungen zu. Mittlerweile ist nahezu sicher, dass ab März 2021 neue Label, u.a. ohne Plusklassen, in den Handel kommen. Zunächst für Waschmaschinen, Waschtrockner, Geschirrspüler, Kühl-/Gefriergeräte und Fernseher.“
Aktuell indes bewegt erst einmal die Rechtskraft des Dyson-Urteils die Branche. Scholz sieht das leidenschaftslos und rein faktisch: „Wir beschäftigen uns nicht mit dem Urteil, sondern mit dem politischen Prozess als Folge daraus. Die EU-Kommission wird die Erfolgsaussichten eines etwaigen Einspruchs bei ihrer Entscheidung, diesen nicht einzulegen, sicherlich berücksichtigt haben.
Wir erinnern uns: Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hatte am 8. November 2018 die Verordnung zur Energieverbrauchskennzeichnung von Staubsaugern für nichtig erklärt. Dem Urteil lag eine Klage von Dyson zugrunde. Die Briten bemängelten, dass sich die von der Kommission gewählte Prüfmethode zur Bestimmung der Energieeffizienz von Staubsaugern nicht nah genug an dem tatsächlichen Verbraucherverhalten orientiere, da nur Tests mit leeren Staubsaugerbeuteln vorgesehen waren. Dieser Auffassung schloss sich das Gericht der Europäischen Union an und erklärte die entsprechende Verordnung für nichtig. Mangels Rechtsmittel der Europäischen Kommission ist das Urteil ist nunmehr rechtskräftig.
Das hat zur Folge, dass Lieferanten und Händler beim Verkauf von Staubsaugern das Energielabel nicht mehr zeigen dürfen, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Dieses Verbot bezieht sich sowohl auf die Werbung in Printmedien, das Ausstellen in Verkaufsräumen wie den Handel im Internet. Scholz: „Das Etikett am POS zu entfernen oder zu überkleben ist wahrscheinlich die kleinste Übung. Mehr Aufwand dürfte entstehen, das Label von allen Websites zu entfernen, auch in Unterlagen für Marketing und Werbung.“ Die Händler mussten und müssen auch Label, die bereits am Produkt angebracht sind, unverzüglich von den Staubsaugern entfernen oder überkleben, damit es nicht mehr zu erkennen ist. Andernfalls drohen Abmahnungen nach dem UWG durch private Kläger oder aber Bußgelder durch die zuständigen Marktüberwachungsbehörden.
Wie die Händler und Hersteller dabei ihrer Pflicht, das Label nicht mehr zu zeigen, nachkommen, bleibt Ihnen überlassen. Scholz: „Konkrete Handlungsweisungen für den Einzelfall kann es nicht geben, zumal der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Rolle spielt. Von Seiten des Wirtschaftsministeriums gibt es aber eine Verlautbarung. Diese besagt zum Beispiel, „dass Label, die nicht in der Kaufsituation sichtbar sind (z.B. als Einleger in einer Umverpackung) nicht entfernt werden müssen.“
Erfreulicher Fakt aber ist: Der stichpunktartige infoboard.de-Check im Düsseldorfer Fachhandel am Samstag 26. Januar zeigt, dass die marktrelevanten Big Player der Branche ihre Kartonagen überklebt, die Kooperationszentralen ihre Mitglieder informiert als auch die Hersteller die Händler entsprechend gebrieft haben. Wer bezahlt das alles? Wohl vor allem die Industrie. So bietet eine Kooperation das Überkleben der Energielabel auf den Verkaufskartonagen gegen eine Kostenpauschale von 2 Euro pro Stück an. Die Alternative: den Lagerbestand unverzüglich abzuholen und auszutauschen.
Im „Konsultationsforum“ gab es am Freitag aber keine Unterstützung für das „shorttrack“-Verfahren. Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dass die Option zwei zum Zuge kommt, also die turnusmäßige Revision. Damit gibt es wohl bis auf weiteres kein Staubsaugerlabel!
Wichtig ist es für Scholz zu betonen, dass von der Entscheidung des EuG nur die Verordnung zum Energielabel betroffen ist: „Die parallele Ökodesign-Verordnung, ist weiterhin gültig und verhindert, dass die alten, stark energieverbrauchenden Geräte – also Modelle über 900 Watt Leistungsaufnahme – wieder auf den Markt gebracht werden dürfen.“
Weiterhin kritisch sieht der ZVEI die Einführung der EU-weiten Datenbank, die wohl im April oder Mai online gehen wird. Seit dem 1. Januar sind die Hersteller in der Pflicht, neue Baureihen in die Datenbank einzupflegen. Die Datenbank werde mehrere tausend Hersteller und einige hunderttausend Produkte enthalten. Deswegen sei es schwer vorstellbar, dass sie wirklich eine Hilfe bei der Kaufentscheidung sein könne. Scholz: „Das ist eine der überflüssigsten Regulierungen, die ich kenne. Sie nützt niemandem wirklich und ist mit beträchtlichem Aufwand und laufenden Kosten verbunden.“
Große Herausforderungen vor allem in Sachen Verbraucherinformation sieht der ZVEI im Rahmen der Revision des Energielabels für Waschmaschinen, Geschirrspüler und Kühlgeräte. Wichtigstes Element ist die Abschaffung der Plusklassen, deren Aussagekraft beim Verbraucher zuletzt eh begrenzt waren. „Die Verbraucher werden – höchstwahrscheinlich ab März 2021 – umdenken müssen“, sagt Scholz. Dann heißt es auch „umlabeln“ für die Händler. Sicherlich werden die neuen Label und die entsprechenden Geräte dazu eines der Top-Themen zur IFA 2020.
Modelle, die sich heute in den besten Klassen A+++ oder A++ tummeln, könnten sich dann mehrheitlich in der Energieeffizienzklasse C wiederfinden. „Das den Verbrauchern zu erklären, wird eine große Herausforderung“, ist sich Scholz sicher.
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