Unzählige Trends werden das Thema Internet & E-Commerce in den nächsten Jahren begleiten. Handelsexperte Ulrich Eggert aus Köln hat 15 davon aufgegriffen und aufgelistet:
Big Data ist Fluch und Segen zugleich: Die Erfassung unterschiedlichster Daten und deren Auswertung stellt die Firmen vor große Probleme. Wer jedoch hier in vorderster Front arbeitet, wird künftig große Vorteile gewinnen können durch die entsprechende vorausschauende Auswertung dessen, was der Konsument in Zukunft machen wird. Der Datenschutz könnte hier aber einige zusätzliche Probleme bringen.
Die Kundenansprache muss zukünftig personalisiert erfolgen, nur so kann die Relevanz der Kundenkommunikation gesteigert und ein entsprechendes Kaufergebnis erzielt werden. Bei dieser Zielerreichung spielt Big Data eine entscheidende Rolle und Social Commerce gewinnt an zusätzlicher Bedeutung.
Bei der hohen Spamdichte im Netz sind personalisierte E-Mails von besonderer Wichtigkeit. Hyperpersonalisierung geht noch einen Schritt weiter und versucht, für die Kunden anhand einer genauen Datenanalyse auf sie zugeschnittenen Content zu entwickeln. Der Empfänger muss das Gefühl haben, persönlich und individuell angesprochen zu werden. Eine gesteigerte Kundenloyalität mit entsprechend höheren Umsätzen ist das Resultat des Vorgehens.
Aber es geht nicht nur um die Individualisierung der Kundenansprache – ja, es geht auch um die Individualisierung der Produkte. mymuesli.de hat es vorgemacht, jedem sein „eigenes“ Müsli zu liefern, myparfuem.de zieht nach mit dem persönlich kreierten Parfüm und andere werden folgen.
Female Commerce ist ein aktuelles Schlagwort. Es geht dabei weniger darum, E-Shops für Frauen attraktiver zu machen, als vielmehr um das Ziel, Impulskäufe zu entwickeln und besser bedienen zu können. Hier liegt enormes Zusatz-Umsatzpotenzial.
Elektronisches Bezahlen steht künftig immer mehr im Vordergrund. Die Systeme müssen zuverlässig und sicher sein. Im gedanklichen Überschlag zum stationären Handel bedeutet das, dass auch hier entsprechende Systeme vorgelegt werden müssen und die Vielfalt, die momentan im Sinne von Chaos auf diesem Markt herrscht, sollte vereinheitlicht werden. Die NFC-Initiative von Apple könnte hier einen auslösenden Moment bringen.
Der Kunde möchte künftig wissen, wann die bestellte Ware geliefert wird. Ja, noch einen Schritt weiter: Er möchte bestimmen, wann sie geliefert wird.
Social Media wie Facebook, Twitter & Co. sind allseits anerkannte Strategien. Es zeigt sich jedoch, dass sie bisher noch nicht die versprochenen Erfolge haben bringen können. Aber deswegen ist nicht das gesamte Thema Social Marketing über Bord zu werfen, sondern die eigenen Homepages, die Plattformen müssen immer mehr für dieses Thema genutzt werden durch entsprechende Fotostrecken, Videostreamings, Downloads, Anwendungen, Rezepte, Landing Pages und was auch immer. Es wird vielfältig von einer abnehmenden Bedeutung des klassischen Social Media gesprochen, aber Social Marketing dürfte in Zukunft weiter im Markt gewinnen.
Geschichten erzählen ist ein entscheidender Punkt im Rahmen des Social Marketings. Hierfür und in Werbespots werden Welten kreiert, um den Produkten, die eigentlich immer austauschbarer werden, Originalität zu verleihen und damit den Kunden emotional zu erreichen.
Aber das darf in Zukunft nicht zur Einbahnstraße werden. Storytelling muss zur Storybuilding werden – zum Mitmachmedium. Die Konsumenten müssen die Geschichten ihrer Marke ko-kreieren und gleichzeitig zum Teil der Geschichte werden. Dabei muss Storybuilding immer mehr visuell geprägt werden. Dadurch heißen die künftigen Erfolgsfaktoren nicht nur Reichweite, sondern auch Engagement und Aktivität.
Im Jahre 2018 dürften die Digital Natives die Bevölkerungsmehrheit bilden. Shopping über mobile Endgeräte wird zum klassischen Alltag. Kohlbrück ist in einem etailment-Paper der Ansicht, dass derjenige, wer hier nicht optimal aufgestellt ist, sich bereits in Kürze freiwillig aus dem Wettbewerb verabschiedet.
Für die digitale Generation sind Apps nach seiner Meinung nicht nur Inspirationsquelle, sondern auch Teil der Identitätsbildung und Beziehungspflege, sie strukturieren mit ihnen den Alltag. Es geht hier nicht nur um Smartphones, sondern auch um Tablets, die mehr und mehr den klassischen PC verdrängen.
Wenn man vom Internet der Dinge spricht, dreht sich vieles um Endgeräte, die eine vernetzte Welt möglich machen. Die Marketingindustrie wird künftig versuchen, gerade in den passenden Momenten Werbung dem Kunden zukommen zu lassen, also im Connected Car zum Beispiel dann, wenn er an einem passenden Plakat vorbeifährt, oder auf dem Parkplatz eines bestimmten Geschäftes vorfährt, im vernetzten Haus wird eventuell eine passende Werbung kommen, wenn die letzte Flasche Bier aus dem Kühlschrank herausgenommen worden ist. So könnte auch ein Jogger zum Schluss seines wöchentlichen Laufs einen Gutschein für ein passendes isotonisches Getränk erhalten.
Flexibilität ist für viele Menschen alles. Flexibilität bei der Wahl der Einkaufskanäle, dem Service, aber auch beim Preis. Nicht anders dürfte das künftig bei der Zustellung gelten, wie schon an anderer Stelle erwähnt. Packstationen sind das eine, faltbare und diebstahlsichere Paketbutler an der Wohnungstür sind der nächste Schritt.
Viele wollen schon lange den stationären Handel vollkommen abschreiben – das ist jedoch naiv. Im Gegenteil, Online-Händler planen stationäre Läden, ja sogar Amazon plant, in Manhattan den ersten Shop zu eröffnen. Das Entscheidende ist jedoch, dass der stationäre Handel sich selbst digitalisieren wird, sei es durch iPad-Kassensysteme, mit denen bezahlt, aber auch verkauft werden kann oder aber auch die Versorgung von Kunden in Ladennähe mit Beacons und Location-based Services.
All diese vielfältigen Aufgaben werden immer weniger von den Unternehmen selbst erstellt werden können, sie werden immer mehr sich unterschiedliche Dienstleister heranziehen. Hier entstehen völlig neue Märkte für neue Anbieter.
Das Internet hat es dem Buchhandel schwer gemacht – E-Books erleichtern ihm keineswegs die Arbeit. Aber die Flatrate für E-Books bei Amazon wird weitere Kunden aus seinen Geschäften herausziehen. Weitere Flatrates werden folgen und zu einer automatischen Kundenbindung an die entsprechenden Unternehmen führen: die morgendlichen Brötchen, die monatliche Sockenlieferung, das Auto im Carsharing – ja, vieles ist denkbar.
Das immer größere Angebot im E-Commerce wird auch hier zu einem immer härteren Preiskampf führen. Preiskampf nicht nur gegen den stationären Handel, sondern Preiskampf online gegen online.
Aber dieser Preiskampf wird auch durch einen Konditionenkampf noch erweitert werden, nämlich Wettbewerb in den Lieferzeiten, in den kostenlosen Services und so weiter und so fort.
Wenn Big Data erst einmal funktioniert, ermöglichen die entsprechenden Tools tiefe Einblicke in das Verhalten der Verbraucher. Damit wird es möglich, Marketingmaßnahmen zu automatisieren: Automatische E-Mails, automatische Location-based Services, ja vielleicht sogar irgendwann einmal automatische Anlieferung.
Quelle: „Anmerkungen zum langfristigen Wandel im Handel“, Kurzstudie von Ulrich Eggert, Köln. Mehr Infos unter www.ulricheggert.de/kostenlosestudien
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