Arçelik und Whirlpool haben am Dienstag vergangener Woche die Gründung eines neuen Unternehmens für ein gemeinsames Europa-Geschäft angekündigt. Für die Top-Marken beider Unternehmen heißt das zugespitzt für den deutschen Markt: Bauknecht schlüpft unter das Dach von Beko Grundig. Die Rollen von Koch und Kellner sind dabei eindeutig verteilt: Arçelik wird 75% am neuen EMEA-Unternehmen halten, Whirlpool lediglich 25%.
Spekulationen gab es viele, ernsthafte Interessenten indes ließen sich an wenigen Fingern abzählen, doch diese Lösung hatten wohl die wenigsten auf dem Schirm. Die Whirlpool Corporation hat (endlich!) die strategische Überprüfung ihres Geschäftsbereichs Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) abgeschlossen und gab vergangene Woche bekannt, eine Einbringungsvereinbarung geschlossen zu haben, um die Umgestaltung des Portfolios von Whirlpool erheblich zu beschleunigen.
Die Vereinbarung sieht konkret vor, dass Whirlpool seinen europäischen Geschäftsbereich Haushaltsgroßgeräte und Arçelik seine Geschäftssparten Haushaltsgroßgeräte, Unterhaltungselektronik, Klimaanlagen und Haushaltskleingeräte in ein neu gegründetes Unternehmen einbringen. Zudem stimmt Whirlpool dem Verkauf des Whirlpool-Geschäfts im Nahen Osten und in Afrika an Arçelik zu. Whirlpool bleibt aber auch weiterhin Eigentümer des EMEA-Geschäftsbereichs Haushaltskleingeräte der Marke KitchenAid.
Das neue Unternehmen soll voraussichtlich einen Umsatz von über 6 Mrd. EUR erzielen und durch die kombinierten Geschäftsbereiche Kostensynergien von über 200 Mio. EUR generieren. „Durch attraktive Marken, nachhaltige Produktion, Produktinnovationen und Dienstleistungen wird die neue Organisation gut aufgestellt sein, um den Verbrauchern einen echten Mehrwert zu bieten“, heißt es in einer Erklärung.
Die Vereinbarung umfasst nicht weniger als die insgesamt 38 europäischen Tochtergesellschaften von Whirlpool und neun Produktionsstandorte in Italien, Polen, der Slowakei und Großbritannien sowie die zwei Produktionsstätten von Arçelik in Rumänien und 25 europäische Tochtergesellschaften. Summa summarum ergibt sich daraus eine Produktionskapazität von etwa 24 Millionen Weißwaren Produkte pro Jahr.
Bedeutender Meilenstein
„Die Ankündigung ist ein bedeutender Meilenstein in unserer laufenden Portfolio-Transformation“, sagte der Deutsche Marc Bitzer, Chairman und Chief Executive Officer der Whirlpool Corporation. Und weiter: „Sie ermöglicht es uns, durch unsere Minderheitsbeteiligung, an der erheblichen Wertschöpfung aus der Neupositionierung des Geschäfts und den Kostensynergien teilzuhaben.“
Levent Çakıroğlu, CEO der Arçelik-Mutter Koç Holding kommentiert den „Big Deal“ wie folgt: „Als größtes Industriekonglomerat der Türkei stärken wir unseren Einfluss mit globalen Erfolgsgeschichten, die von Großbritannien bis Indien, von Südafrika bis in die USA reichen. Mit diesem neuen eigenständigen Unternehmen treibt Arçelik seine Vision und Ambitionen weiter voran, den europäischen Verbrauchern mit marktführenden Produkten und vertrauenswürdigen Marken sowie dem Engagement für Nachhaltigkeit einen Mehrwert zu bieten.“
Einzigartige Gelegenheit
Hakan Bulgurlu, CEO Arçelik, ergänzt: „Das ist eine einzigartige Gelegenheit für zwei außergewöhnliche Unternehmen, mit einem Fokus auf Synergien, Innovation, Einzelhandelsvertrieb und Nachhaltigkeit zusammenzukommen. Mit der Vereinbarung schaffen wir eine starke Grundlage, um die Wertschöpfung für Mitarbeiter, Aktionäre und europäische Verbraucher von Haushaltsgeräten voranzutreiben, und erweitern die Präsenz von Arçelik um neue Wachstumsmöglichkeiten in einer wichtigen Region.”
Der Abschluss der Transaktion wird für die zweite Jahreshälfte 2023 erwartet und unterliegt den üblichen Voraussetzungen, einschließlich der Erteilung von behördlichen Genehmigungen und anderer üblicher Abschlussbedingungen.
Das Europageschäft von Whirlpool erfüllte im 4. Quartal 2022 die für die Veräußerung entscheidenden (held-for-sale) Kriterien. Bis zum Abschluss der Transaktion wird das Europageschäft in den Ergebnissen von Whirlpool enthalten sein.
Wer, wo, was?
Wo der Sitz der künftigen Gesellschaft sein wird, welche Marken mit welcher Strategie und (vor allem) von wem geführt werden, wurde naturgemäß noch nicht bekannt gegeben, bietet aber Anlass für reichlich Spekulationen, insbesondere was die Marken-Positionierung wie –Strategie von Bauknecht und Grundig in Deutschland betrifft. Nicht zu vergessen ist dabei die Rolle und Positionierung der zahlreichen strategischen (Handels-)Marken beider Konzerne wie Blomberg, Hotpoint, Privileg, Indesit oder Ignis.