Angeblich besitzt der Durchschnittseuropäer rund 10.000 Gegenstände. Ob diese Zahl nun stimmen mag oder nicht: Viele Menschen fühlen sich von ihrem Hab und Gut förmlich erdrückt und suchen nach Wegen, sich von unnötigem Besitz zu befreien. Themen wie Minimalismus, Ordnung halten und Entrümpeln liegen nicht zuletzt dank Marie Kondos Erfolgsbuch „Magic Cleaning“ im Trend.
Ein recht junger Ansatz, seine vier Wände und damit das eigene Leben von Altlasten zu befreien, nennt sich „Swedish Death Cleaning“. Hinter dem morbiden Namen verbirgt sich der Prozess des Entrümpelns und Aussortierens vor dem Tod, um seinen Hinterbliebenen diese Arbeit nicht aufbürden zu müssen. „Warum sollen meine Kinder ihre kostbare Zeit dafür verschwenden, sich mit meinem Kram zu befassen?” fragt Margareta Magnusson, Autorin des Aufräum-Buchs „Frau Magnussons Kunst, die letzten Dinge des Lebens zu ordnen“, nach eigener Aussage zwischen 80 und 100 Jahre alt und Begründerin des „Death Cleaning“-Gedankens.
Doch solange muss man gar nicht warten: Mit Blick auf den Hausputz erklärt Hauswirtschaftsmeisterin Urte Paaßen, dass Death Cleaning auch heute schon Erinnerung daran sein kann, mehr Ordnung in die eigenen vier Wände zu bringen und damit letztlich auch die Hausarbeit zu vereinfachen.
„Die meisten Menschen sind zunächst überfordert, wenn es ans Ausmisten, Sortieren und Entsorgen geht“, sagt Urte Paaßen. Und weiter: „Über die Jahre sammeln sich in den Haushalten viele Gegenstände an, von denen wir oftmals nicht wussten, dass wir sie besitzen.“ Die Expertin empfiehlt, zunächst mit einem Raum zu beginnen bei dem das Aussortieren leichtfällt – beispielsweise dem Badezimmer. Leere Shampoo-Flaschen, angebrochene Cremes und Parfüms die seit Jahren nicht benutzt wurden, wandern direkt in den Müll.
Was übrig bleibt, wird nach Kategorie sortiert. So finden beispielsweise Haar- und Körperpflegeprodukte einen gemeinsamen Platz. Mit steigender Übung wächst auch der Mut, sich von Dingen zu trennen, die einst noch als wichtig erachtet wurden. „Wenn wir uns näher mit den Gegenständen befassen, merken wir oftmals, dass sie für uns nicht den Stellenwert besitzen, den wir ihnen ursprünglich einmal zugesprochen haben“, so Paaßen.
Ein prüfender Blick sollte auch dem Kleiderschrank gelten. Die Faustregel der Expertin: Was ein Jahr ungetragen blieb, wird nicht mehr angezogen – die Kleiderspende freut sich. Folgende Fragen helfen zu Beginn des Ausmistens: Passt das Kleidungsstück noch? Fühle ich mich darin wohl? Bin ich mit der Qualität zufrieden? Zu welchen Anlässen ziehe ich es an – und wie oft kommen diese vor?
Vereinfacht wird das Aussortieren zusätzlich, wenn man in Kategorien denkt – zunächst also die Hosen durchgeht, danach die Hemden und Blusen, dann die Röcke und so weiter. Oft stellt man bereits hier schon fest, wie viele ähnliche Kleidungsstücke sich nebeneinander tummeln. Behalten wird das Teil, das man wirklich gerne und regelmäßig trägt. Um genau den ausreichenden Platz für die echten Lieblingsstücke zu schaffen, empfiehlt Paaßen einen saisonalen Ansatz: „Sommerkleidung während der kalten Jahreszeit im Keller oder dem Speicher zu verstauen, schafft Ordnung und Raum im Kleiderschrank und hilft, den Überblick zu bewahren.“
„Chaos ist das Gegenteil von Ordnung“, sagt Paaßen. Tragen wir die Dinge nur von A nach B, wechseln sie zwar den Ort – aufgeräumt wird dadurch allerdings nicht. Bei großen Gegenständen gelingt das Aufräumen leichter, für kleinere Dinge schaffen Kisten und Boxen Abhilfe. „Alltagsgegenstände wie Stifte, Scheren oder Papiere sind in wahlweise blickdichten oder transparenten Schachteln mit Deckeln ordentlich verstaut und jederzeit schnell zur Hand, wenn sie benötigt werden“, so die Expertin.
Ist erstmal eine Grundordnung geschaffen, fällt auch das anschließende Reinemachen leichter. Freie Flächen auf dem Boden und in den Regalen sind im Nu gewischt oder abgestaubt. Eine aufgeräumte Küchenfläche lädt nicht nur zum ausgiebigen Kochen ein, sondern ist hinterher umso rascher wieder in den Ursprungszustand gebracht.
Und auch in Sachen Deko ist weniger oft mehr: „Liebgewonnene Mitbringsel aus dem Urlaub oder die Fotos der Familie dürfen natürlich bleiben. Wer sich die Hausarbeit erleichtern möchte, sollte aber darauf achten, nicht jeden Quadratzentimeter der Wohnung mit Deko-Artikeln vollzustellen“. Mit etwas Mut zu Leerflächen auf Regalen, Kommoden und Fensterbänken wirken Räume stattdessen frei, luftig und immer aufgeräumt. Das sieht auch Margareta Magnusson so: „Je weniger Zeug man hat, desto mehr Zeit bleibt fürs Leben“.
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