BSH: Marke Siemens noch bis 2028?

Die BSH hat im vergangenen Jahr die 11-Milliarden-Euro-Umsatz-Marke geknackt. Doch das spielte während eines Pressegespräches am 24.März 2015 auf der Medienbrücke in München eher eine Nebenrolle. Von weit größerem Interesse ist nach wie vor – nicht zuletzt seitens der Belegschaft – immer noch die Frage: Wie lange bleibt der Name Siemens in der Hausgerätelandschaft erhalten?

Bekanntlich ist die Übernahme der Siemens-Anteile durch die Robert Bosch GmbH Stuttgart an der BSH Bosch Siemens Hausgeräte GmbH, München, seit dem 5. Januar vollzogen. Danach wurde umfirmiert in BSH Hausgeräte GmbH – ohne das schmückende Namensbeiwerk.

Also, getilgt aus dem Namen der „Holding“, lautet die alles dominierende Frage: Wie lange wird der Name Siemens noch Bestand haben (dürfen)? Siemens-Boss Joe Käser, verantwortlich für den Umbau, hatte sich eine äußerst dehnbare – und in den Medien viel zitierte – Spanne von „mehr als zehn und weniger als 70 Jahren“ als Antwort parat gelegt.
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Siemens wird nicht in die Ecke gestellt

Ein etwas realistischeres Datum lautet wohl: 2028. Bis dahin nämlich hat die BSH kürzlich den Mietvertrag der Immobilie an der Carl-Wery-Straße in München-Perlach verlängert. Das berichtete nicht ohne Stolz und mit Rücksicht auf die Siemens-Kollegen BSH-Geschäftsleitungsmitglied und Ex-Bosch-Hausgeräte-Chef Volker Klodwig am Branchenabend der AMK e.V. Mitte März in Mannheim.

„Das war tatsächlich die wichtigste Nachricht für alle Mitarbeiter“, bestätigt denn auch Matthias Ginthum, Marketing- und Vertriebs-Vorstand der BSH anlässlich der alljährlichen Präsentation in München. „Auch, dass die BSH am Standort München bleiben wird und kein Umzug nach Stuttgart geplant ist, war eine sehr wichtige Nachricht.“ Siemens werde jetzt keineswegs in die Ecke gestellt, sondern zur IFA „Highlights wie gewohnt bringen“, verspricht Ginthum. Siemens hatte, was die Innovationen hierzulande betrifft, stets die Nase vorn und die Siemensianer dementsprechend die Nase gegenüber den anderen Markenkollegen hoch getragen. Das hat sich nach der Bosch-Übernahme geändert. Der Blick geht seitdem eher nach unten.

Nachdem Dr. Karsten Ottenberg die Nachfolge von Dr. Kurt-Ludwig Gutberlet als Vorstands-Chef der BSH angetreten hat, ist nicht nur der Termin vom Mai in den März vorverlegt worden, sondern auch der gesamte Rahmen ist reduziert: Von der einst internationalen Bilanzpressekonferenz, besucht von Hunderten Journalisten aus dem europäischen Ausland, mit Simultandolmetschern in mehreren Sprachen hin zu einem lockeren Pressegespräch im kleinen Kreise.

Begründet wird dieses neue Format – abgesehen davon, dass jeder neue Chef seine eigenen Duftmarken setzen will – vor allem damit, dass es darum gehe, die Verkündung des Zahlenwerkes möglich zeitnah zum Vorjahr bekannt zu geben. Allerdings hat dieser frühe Zeitpunkt einen Haken: die Zahlen sind nur vorläufig und noch nicht bestätigt. Auf das finale Werk muss bis Mai gewartet werden. Dann hoffentlich auch mit belastbaren Zahlen für den deutschen Markt.

BSH Kennzahlen 2015

Herr der Zahlen und mittlerweile der „Oldie“ im BSH-Vorstand ist Johannes Närger. Den Umsatz von 11,4 Mrd. Euro (2013 waren es 10, 5 Mrd. Euro) konnte Närger für 2014 vermelden, was einem Wachstum von 8,4% entspricht; bereinigt um Wechselkurseffekte liege dieses sogar bei 11,1%.

In Europa – der Deutschlandumsatz wurde nicht explizit ausgewiesen und auf Nachfrage auch nicht genannt – sei die Marktführerschaft mit 6,9 Mrd. Euro Umsatz, bei einem Anteil von 26% verteidigt worden; in Russland sei diese Position mit einer Verdoppelung des Umsatzes erreicht worden.

Auch in der Türkei, im Mittleren Osten, Afrika sowie GUS liege der Anteil bei über 20%; insgesamt bei 1,6 Mrd. Euro Umsatz. In China – mit 1,9 Mrd. Euro Umsatz – wo die BSH bereits seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts unter der Ära von Dr. Herbert Wörner aktiv ist, wächst die BSH zweistellig und hält unterdessen einen Anteil von 10%. Das einstige Pflicht-Joint-Venture ist längst umgewandelt und die Münchner halten in Greater China alleinig die Zügel in der Hand.

Auch die USA mit den Marken Thermador sowie Bosch habe sich gut entwickelt und lag 2014 bei etwa 0,7 Mrd. Euro. Asien/Pazifik, steuerte 0,3 Mrd. Euro bei, wobei sich dieser Markt erst im Aufbau befinde. In Chennai, Indien, wurde im letzten Jahr eine Fabrik für Waschmaschinen, die den gesamten Wirtschaftsraum bedienen soll, gebaut.

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Zukäufe nicht ausgeschlossen?

Angestrengt hat sich die BSH also tüchtig, um die Position weltweit zu halten oder auszubauen. Und dann einverleibt sich der schwedische Mitbewerber Electrolux AB, Stockholm, im September 2014 einfach die Hausgeräte-Sparte des amerikanischen Players General Electric – schwupps halten die Schweden Platz 2; die Nummer 1 weltweit, die amerikanische Bauknecht-Mutter Whirlpool hat ebenfalls eingekauft und zwar die italienische Indesit.

Bei der BSH jedenfalls, darauf besteht Närger, sei das Wachstum organisch, ohne Zukäufe. Wobei sein Kollege Ginthum dies für die Zukunft „nicht ausschließen will“.

Beschäftigt hat der Münchner Konzern mit den beiden Top-Marken Bosch und – noch – Siemens, sowie Neff, Gaggenau, Constructa, Junker, Thermador, Balay, Ufesa, Pitsos, Profilo, Coldex, Viva, Zelmer – im Jahr 2014 durchschnittlich 53.211 (2013: 49.876) Mitarbeiter) , davon rund 16.000 in Deutschland.

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Good bye B2B?

Seit dem Paradigmenwechsel von 2014 steht der Konsument als direkter Ansprechpartner im Mittelpunkt der BSH. Folgerichtig werden daher auch die Messen mit hohem Publikumseffekt beschickt wie die IFA, die Kölner LivingKitchen und die Mailänder Eurocucina. Die ostwestfälischen Küchenhausmessen als reine B2B-Veranstaltung stehen nicht im Fokus, die Geräte freilich bei den Küchenherstellern in deren Ausstellung.

Mit der Digitalisierung hat sich bekanntlich auch das Konsumenten-Verhalten verändert. Der Handel, früher Schnittstelle zwischen Verbraucher und Hersteller, spielt diese Rolle nur noch bedingt. Der direkte Zugriff auf die Hersteller funktioniert heutzutage bedeutend unmittelbarer. Das müsse berücksichtigt werden und speziell einer Individualisierung auch der Kulturkreise Rechnung getragen werden. Mit „gezieltem Markenmanagement und trennscharfer (!) Differenzierung“ stellt Ginthum sein Marketing-Know-How unter Beweis. Dieses Konsumenten-Credo hatte Ottenberg bereits im letzten Jahr verkündet. Künftig sollen Erkenntnisse aus Umfragen im BSH-User-Experience-Labor am Standort München in Szene sowie umgesetzt werden.

Viel Geld nimmt die BSH in die Hände; Forschung und Entwicklung waren den Münchners 2014 373 Mio Euro wert, nach 334 Mio Euro in 2013.

Für die Umsetzung der Investitionen, heuer 443 Mio Euro, zeichnet der Youngster der Runde, Dr. Michael Schöllhorn, verantwortlich. Der neue COO (oder technische Geschäftsführer) der BSH kommt aus dem Hause Bosch und hat seinen Arbeitsplatz dort zum Neuen Jahr angetreten. Die Investitionsquote soll auf 4% steigen. 291 Mio Euro fließen in Aufwendungen hierzulande, wobei der markanteste Aspekt im Bereich Smart Home sowie in der BSH-eigenen Entwicklung Home Connect liegt. Dies ist ein – gegenüber anderen Herstellern – offenes System und soll bis 2018 in sämtlichen BSH-Hausgeräten verfügbar sein.

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Tendenz zur Preismitte

Für IOS gibt es bereits Anwendungen; Android ist in Vorbereitung ebenso wie für Windows. Einen 48-stündigen Think-Tank für Anwendungen hat es bereits mit #HackTheHouse gegeben. Das sei freilich keine Hacker-Veranstaltung, sondern ein Treffen für „schnelle Programmierung“, bemüht sich Ottenberg um Richtigstellung. Das Thema Sicherheit habe schon vom Selbstverständnis her oberste Priorität und sei vergleichbar mit Regierungs-Status – wobei bekanntlich Frau Merkels Handy auch schon geknackt wurde.

Ob die Welt freilich auf einen QR-Code (Quick-Response-Code) für die richtige Garzeit und-temperatur (als eines der Ergebnisse des #HackTheHouse-Treffens) für eine Pizza Regina oder Pizza Tonno gewartet hat, darf zumindest bezweifelt werden.

Mit einiger Unruhe wird von Handelsseite her beobachtet, dass sich die BSH mit ihren Geräten bei den großen Vermarktern zusehends in die Tiefpreisliga begibt, diese mitunter sogar von unten anführt. Und das sogar bei Top-Geräten. „Zu Preisen, die der Handel macht, äußern wir uns per se nicht“, weist Ginthum jede Schuld von sich. „Aber wir richten uns hier nach den Marktbedingungen. Neuentwicklungen haben stets nach einiger Zeit die Tendenz hin zur Preismitte. Unser Job als Hersteller ist es, für Innovationen zu sorgen.“

Von der BSH zum BH? Wohl weniger als Innovations-Clou wird von Marktbeobachtern die Umfirmierung der einst stolzen Siemens Electrogeräte GmbH hin zur SEG Hausgeräte GmbH gewertet. Zumal unter dem Namen SEG einst Billig-TV-Geräte vertickt wurden. Der Name war offenbar frei, „denn unsere Markenrechtler im Hause haben von keinerlei Problemen berichtet“, meint Ginthum.

2028 wird dann bei der BSH vermutlich erneut umfirmiert. Bevor jedoch das Kürzel BH GmbH für größere Erheiterung sorgen sollte, wird die Robert Bosch GmbH ihrer Münchener Tochter eher einen Fantasienamen zulegen. Vielleicht aber darf das Kürzel BSH – quasi als Markennamen – auch länger Bestand haben. Und in ferner Zukunft erinnern sich nur noch Szenekenner daran, dass das S einst für Siemens stand.

Marion Rautenberg

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