Ist es der viel zitierte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt? Die Supermarkt-Kette Kaiser’s soll mit Edeka einen neuen Eigentümer bekommen. Ob das Bundeskartellamt dabei mitmacht, ist allerdings mehr als fraglich. Denn die obersten Wettbewerbshüter aus Bonn achten derzeit mit Argusaugen auf den Konzentrationsprozess im Handel, insbesondere im Lebensmittel-Handel, der ja auch ein Absatzkanal für Elektrogeräte – speziell für Kleingeräte – ist.
Das Bundeskartellamt hat gerade erst (Ende September) seinen Bericht zur Sektoruntersuchung der Nachfragemacht im Lebensmitteleinzelhandel vorgelegt. Gegenstand der Studie sind die Wettbewerbsbedingungen zwischen den Lebensmitteleinzelhandelskonzernen auf der einen und ihren Lieferanten auf der anderen Seite. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Der Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland ist ein stark konzentrierter Markt. Edeka, Rewe, Aldi sowie die Schwarz Gruppe mit den Lidl-Märkten und Kaufland stehen für rund 85% des Marktes. Die Sektoruntersuchung zeigt, dass wir einer weiteren Verschlechterung der Wettbewerbsverhältnisse konsequent entgegenwirken müssen. Die großen Handelskonzerne haben bereits jetzt einen gravierenden Vorsprung gegenüber ihren mittelständischen Konkurrenten und genießen strukturelle Vorteile, die sie in den Verhandlungen mit den Herstellern nutzen können.“
Das „konsequent entgenenwirken“ lässt sich auch aus einer Stellungnahme des Bundeskartellamtes vom 8. Oktober 2014 anlässlich der Freigabe der vollständigen Übernahme der Jibi Handel GmbH & Co. durch die J. Bünting Beteiligungs AG herauslesen: „Mit der Übernahme von 88 Jibi-Standorten stärkt Bünting ( dazu gehören unter anderem famila und Telepoint) seine Marktstellung als einer der größeren regionalen Lebensmitteleinzelhändler weiter. Die heutige Freigabe zeigt auch, dass es für kleinere Lebensmitteleinzelhändler im Falle einer Veräußerung durchaus Alternativen zu Edeka oder Rewe gibt.“ Aber gibt es diese Alternative wirlich? Lassen sich daraus Schlüsse für Edeka – Kaiser’s ziehen. Eher nicht. Kaiser’s war zwar mal Marktführer, kaum eine Fußgängerzone an Rhein und Ruhr kam ohne die Tengelmann-Tochter aus. Davon ist nicht viel geblieben, der Marktanteil ist heute verschwindend gering. Die aktuellen Alternativen: Friss oder stirb.
Mit der Sektoruntersuchung – 200 Hersteller und 21 Handelsunternehmen wurden eingehend befragt – hat das Bundeskartellamt jedenfalls „eine robuste Tatsachengrundlage für die eigene Fallpraxis in der Fusionskontrolle“vorgelegt.
Die Ergebnisse der Sektoruntersuchung belegen laut Bundeskartellamt,
Aber ist das alles wirklich so neu? „Mit den aktuell vorgestellten Ergebnissen der Sektoruntersuchung Lebensmitteleinzelhandel gibt das Bundeskartellamt zu erkennen, dass es seit Jahren ohne Bezug zur realen Wirtschaft gearbeitet hat“, ätzt Detlef Brendel, Autor des Buches „Wirtschaft im Würgegriff / Wie das Kartellamt Unternehmen blockiert“ (Campus Verlag, ISBN 978-3-593-50150-5). Seine Analyse: „Für die betroffenen Unternehmen sind die jetzt durch die Studie ermittelten Erkenntnisse der Kartellbürokraten ein Hohn. Sie dokumentieren, dass eine Vielzahl der Kartellverfahren während der letzten Jahre auf einer Fehleinschätzung der tatsächlichen Machtverhältnisse im Markt beruhte.“
Nicht weniger dreist sei, so Brendel, eine weitere Sorge des Behördenleiters, die Kleineren im Handel müssten bei dieser konzentrierten Marktstruktur geschützt werden. Brendel: „Schutz brauchen sie vor allem vor dem Kartellamt, das ein Brandbeschleuniger des Sterbens im Fachhandel ist. Herstellern, die den Fachhandel vor Ort wegen seiner höheren Kosten im Vergleich zum preiswerten Internet-Handel durch bessere Rabatte schützen wollten, wurde dieser Schutz durch das Kartellamt verboten. Tausendfache Pleiten im Fachhandel sind damit vorprogrammiert.“ Das ist eine klare Ansage. Immerhin: “Eine Hoffnung verbindet sich mit der Sektoruntersuchung der Kartellbehörde. Sie wird im eigenen Haus vielleicht gelesen und hoffentlich auch verstanden werden. Das könnte dann vielleicht auch vor ungerechtfertigten Millionenstrafen schützen und damit zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen.
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