So oder so ist die Tagung ein angemessener Rahmen für den traditionellen Branchendialog von BVT und den Fachverbänden Consumer Electronics sowie Hausgeräte im ZVEI. Hier kommen aus Handel und Industrie alle die zusammen, die über das Wohl und Wehe der Branche mitbestimmen, mithin ein Branchen-Parteitag also.
Roter Faden durch die Experten-Referate war das Thema „Digitalisierung, Big Data – Fluch oder Segen?“ Also, wie kann man mit Algorithmen, Datenanalysten und digitalem Marketing die Verbraucher zu Kunden (noch besser: Fans!) machen? Ein Helfeshelfer ist sicherlich die Kombination aus künstlicher Intelligenz, Big Data und ultraschnellen Netzwerken.
Mit Hilfe von Algorithmen soll König Kunde perfekt analysiert und seine Kaufentscheidung umsatzwirksam gesteuert werden. Die gute Nachricht: Der menschliche Faktor bleibt nicht außen vor, ganz im Gegenteil, denn auch die ausgefeilteste Datenwolke alleine wird es nicht richten. (Noch) bessere Dienstleistungen – verbunden mit einem guten Service – sind das Ass im Ärmel des Handels.
Der Kunde kann sich vor Ort beraten lassen, Einkäufe abholen, Retouren abgeben und Serviceleistungen erhalten. Mensch oder Maschine, das ist längst nicht mehr die Frage. Wie das geht, macht Saturn übrigens in seinem neuen Kölner Flagship-Store eindrucksvoll deutlich. Fakt ist: Händler, die ihre Prozesse im Griff haben, können die Chancen der Digitalisierung für sich nutzen. Und Händler mit guten Mitarbeitern machen seit jeher den Unterschied.
Der Reihe nach: Ist „Big Data das nächste Öl?“ fragte gleich zu Beginn des Branchendialoges Dr. Boris Adryan, Fachexperte für IoT und Datenanalysen. Sein Credo: „Erst die intelligente Verknüpfung von einzelnen Datensätzen wie soziale Medien, Verkaufszahlen, aktuelles Wetter, Geografie oder Sportvorlieben mit den definierten Kaufgruppen bringt den erhofften Mehrwert.“
Kauft eine Kunde im Internet ein, lassen sich aus den offensichtlichen Daten wie Nutzungsspanne, Nutzungszeit, Verhaltensmuster auf der Webseite, angesehene Medieninhalte und das betrachtete Zubehör eine Reihe Schlüsse ziehen. Etwa diese: Der Kunde ist weiblich, im Alter zwischen 35-40, hat ein hohes Einkommen und einen Uni- oder FH-Abschluss. Die digitale Dimension der gewonnen Daten bringt so neue Vertriebs- und Geschäftsmodelle hervor, beispielsweise neue Content Plattformen und digitale Angebote nach Maß.
Adryan: „Mittels Big Data und künstlicher Intelligenz können Kundendaten zuverlässig segmentiert werden.“ Vor allem: „Man wird die Bedürfnisse des Kunden schneller und besser erkennen können.“ Was man aber nicht aus den Augen verlieren dürfe sei, dass der Datenschutz an erster Stelle stehen müsse.“
Wie man „Erfolg auf allen Kanälen“, also offline, online und Zuhause spielen kann, verdeutlichten Jochen Mauch, Marketing-Chef bei Euronics und Frank Schipper, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Euronics Deutschland. Faktoren des Erfolges der Cross-Channel-Strategie sind das Leistungsversprechen (Produktvielfalt, Lieferzeit, Verfügbarkeit), die Usability (also so einfach wie möglich und so direkt wie möglich), maximale Zahlungsmöglichkeiten, Multichannel-Services und eine regionale Verankerung / Verbundenheit des Unternehmens. Vor allem: Gefragt sei heute der Verkauf von Lösungen nicht von einzelnen Produkten: „Das ist der Generalschlüssel für das Wohnzimmer des Kunden“.
Kräftig Werbung für sein Unternehmen machte derweil Mario Pieper, Chief Digital Officer and Head of Digital Business Unit bei der BSH, mit seinem Vortrag über die Digitalisierung in der Küche: „Die Zukunft zieht ein.“ Dass die Digitalisierung in allen Bereichen des Lebens voran schreitet, ist nicht wirklich neu und dass die Geräte – wie Herd und die Dunstabzugshaube – miteinannder kommunizieren können, für IFA-Gänger ein alter Hut. Pieper: „Die Küche der Zukunft ist connected, um dem Kunden Mehrwerte zu bieten.“ Dabei werde die Steuerung über Sprache ein großes Thema sein.
Pieper wagte zudem einen Blick in die Küchen-Zukunft, die dem Nutzer die Arbeit weitgehend abnehmen soll. Denn: Das „Essenserlebnis zu Hause“ habe den folgenden Zyklus: Einkaufen – sich die Lebensmittel durch externe Partner Lebensmittel liefern lassen, Inspiration mit Apps (für Rezepte und den Status Quo des Kühlschranks), sodann die Zubereitung mit vernetzten Geräten und die Kontrolle von Temperatur und Zeit. Die Hauptfrage indes lies er unbeantwortet: „Wie bekomme ich die Kunden in den Laden?“
Was Kundenbindungsinstrumente betrifft, war MediaMarktSaturn verdammt spät dran. Längst haben die Ingolstädter aber das Feld von hinten aufgeräumt, sind zur Benchmark für die Branche geworden. Wie das geht, erläuterte Christian Hess, Geschäftsführer der MSH-Tochter Redblue Marketing. Erster Schritt zu einem kundenzentrierten Unternehmen war der Aufbau eines Kundenbindungsprogramms: 21 Prozent aller Kundentransaktionen laufen über die Club-Karte des Unternehmens. Die Clubkunden kommen durchschnittlich 5 mal im Jahr und geben 600 Euro aus – das ist mehr als das Doppelte als die Kunden ohne Clubkarte.
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