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Ceconomy baut um: Zentralisierung ja, Befreiungsschlag nein

Der Aufsichtsrat von Ceconomy, Mutter von MediaMarkt und Saturn, hat in seiner gestrigen Sitzung der Neuausrichtung des Unternehmens zugestimmt. Damit einher geht ein Abbau von bis zu 3.500 Stellen (vorwiegend im europäischen Ausland). Zudem sollen „in begrenztem Umfang” Läden geschlossen werden. Interims-CEO Dr. Bernhard Düttmann, dessen Ablösung in den vergangenen Tagen in der Wirtschaftspresse immer wieder kolportiert wurde, macht offenbar erst einmal weiter.

Und: Für das 3. Quartal, das am 30. Juni endete, verbleibt nach einem coronabedingt desaströsen April trotz beeindruckender Aufholjagd im Mai und Juni ein währungsbereinigtes Umsatzminus von 8,4%.

Der Ceconomy-Cocktail: Keine Ahnung, kein Gespür… ^

„Nach dem Ende der Marktschließungen haben wir im Mai schnell wieder Fuß gefasst. Dank der spürbaren Umsatzerholung sowie umfassender Maßnahmen zur Gegensteuerung konnten wir das Quartal besser als erwartet abschließen. Wesentlichen Anteil daran hatte auch der Erfolg unseres Online-Geschäfts, welches im dritten Quartal mehr als ein Drittel zum Gesamtumsatz beigetragen hat“, kommentiert Ceconomy CEO Dr. Bernhard Düttmann die vergangenen Wochen.

Über seine Zukunft wird wild spekuliert: Ceconomy CEO Dr. Bernhard Düttmann.

Zuvor wurde über Düttmanns Abberufung wild spekuliert. Ihm fehle die Unterstützung aller Großaktionäre, zitierten diverse Wirtschaftsmagazine eine ungenannte Quelle aus dem Aufsichtsrat. Mehr noch: Der einstige Finanzchef habe von Handel keine Ahnung, während dem als machtbewusst geltenden Chef von MediaMarktSaturn, Ferran Reverter, das Gespür für Strategie fehle.

Ohne kreativen Einfall ^

Wenn man die zuletzt gescheiterten Ceconomy-CEO’s (Haas, Werner) sowie Düttmann über einen Kamm scheren möchte, dann so: Wie sich Kosten maßgeblich einsparen lassen, wussten und wissen alle – dabei ließen und lassen sie aber fast jeglichen kreativen Einfall missen, wie sich der Umsatz künftig nachhaltig steigern ließe.

Ein Blick auf das 3. Quartal 2019/20, dass Ceconomy mit einem besser als erwarteten Ergebnis abgeschlossen hat: Nachdem der Geschäftsverlauf im April durch Coronavirus-bedingte Einschränkungen geprägt war, erholte sich der Umsatz im Mai und Juni deutlich. Das Unternehmen reagierte konsequent auf die Krise und sah sich nach der Wiedereröffnung der Märkte schnell wieder auf Kurs.

Die eingeleiteten Maßnahmen trugen im 3. Quartal maßgeblich dazu bei, dass die Ergebnisbelastung durch den COVID-19-bedingten Umsatz- und Margenrückgang insbesondere durch Kostensenkungsmaßnahmen vollständig kompensiert werden konnte. Wesentlichen Anteil am Ergebnis hatte der Erfolg des Online-Geschäfts, das im 3. Quartal mehr als ein Drittel zum Gesamtumsatz beigetragen hat.

3 Millionen Online-Neukunden ^

Düttmann: „Mit fast drei Millionen Neukunden, die wir allein seit März in unseren Webshops begrüßen konnten, haben wir unsere Position im Online-Geschäft weiter gefestigt. Auf dieser starken Basis werden wir den Ausbau unserer Online-Vertriebskanäle nochmals beschleunigen und die Digitalisierung unseres Geschäftsmodells mit Nachdruck vorantreiben.“

Positive Umsatzdynamik im Mai und Juni ^

Der Umsatz ging im 3. Quartal währungs- und portfoliobereinigt um 8,4% auf rund 4,1 Mrd. EUR zurück. Der Umsatzrückgang reflektiert dabei die Auswirkungen der Corona-Krise und ist ausschließlich durch die negative Umsatzentwicklung infolge der Store-Schließungen im April begründet.

Mit der schrittweisen Wiedereröffnung des stationären Geschäfts kehrten die Umsätze im Mai auf einen Wachstumskurs zurück, der sich im Juni beschleunigte. Insbesondere Deutschland, Österreich, die Schweiz und Italien verzeichneten im Mai und Juni einen starken Umsatzanstieg, während die Niederlande und Schweden sich über das gesamte Quartal hinweg deutlich positiv entwickelten. Im Juli setzte sich der positive Umsatztrend aus Juni fort, insbesondere dank der Mehrwertsteuersenkung in Deutschland und anhaltend starker Nachfrage nach Homeoffice-, Homeschooling- und Home-Entertainment-Produkten.

Neben der positiven Umsatzentwicklung trugen die Kostensenkungsmaßnahmen maßgeblich dazu bei, dass Ceconomy im 3. Quartal mit einem Minus von 45 Mio. EUR ein bereinigtes EBIT auf Vorjahresniveau erreichte (Q3 2018/19: –43 Mio. EUR). Einsparungen aus dem Kosten- und Effizienzprogramm wirkten sich ebenfalls positiv auf das Ergebnis aus. Das Deutschland-Geschäft erzielte insbesondere durch die Kostensenkungsmaßnahmen einen soliden Ergebnisanstieg, während Spanien und Italien aufgrund der Covid-19-Auswirkungen umsatz- und margenbedingt einen Ergebnisrückgang verzeichneten.

Online: außerordentlich starkes Wachstum ^

Im dritten Quartal 2019/20 verzeichnete Ceconomy im Online-Geschäft ein außerordentlich starkes Wachstum von rund 143%. Damit stiegen die Online-Umsätze deutlich auf 1,4 Mrd. EUR und erhöhten ihren Anteil am Gesamtumsatz auf 35,2%. Das anhaltend hohe Online-Wachstum setzte sich trotz schrittweiser Wiedereröffnung der Märkte fort, auch in den Ländern, die nicht von der Schließung des stationären Geschäfts betroffen waren. Und: Im 3. Quartal wurden ein Drittel (32%) aller Online-Bestellungen in den Märkten abgeholt.

„Es liegt ein außergewöhnliches 3. Quartal hinter uns“, Ceconomy CFO Karin Sonnenmoser.

Services & Solutions litt ^

Das Geschäft mit Services & Solutions wies im 3. Quartal einen Umsatzrückgang von rund 19% auf 225 Mio. EUR auf. Das Geschäftsfeld trug 5,5% zum Gesamtumsatz bei. Hauptursachen für den Rückgang waren die Schließungen der Märkte und die im Anschluss daran geringeren Kundenfrequenzen, da viele Dienstleistungen in Verbindung mit Einkäufen im stationären Handel und speziell an den Smartbars in Anspruch genommen werden.

„Es liegt ein außergewöhnliches 3. Quartal hinter uns, das wir trotz der enorm herausfordernden Rahmenbedingungen mit einer robusten Geschäftsentwicklung abgeschlossen haben. Die ungebrochen starke Dynamik im Online-Geschäft ist sehr erfreulich. Auf Basis der bisherigen Geschäftsentwicklung sowie vorliegender Erkenntnisse konnten wir unseren Ausblick für das Gesamtjahr 2019/20 konkretisieren“, ordnet CFO Karin Sonnenmoser das Konzernergebnis ein.

Prognose für Gesamtjahr 2019/20: leichter Rückgang ^

Auf Basis der vorläufigen Geschäftsentwicklung der ersten neun Monate sowie der vorliegenden Erkenntnisse hat Ceconomy am 16. Juli eine Konkretisierung der Prognose für das Geschäftsjahr 2019/20 vorgenommen. Diese erfolgte unter der Annahme, dass es zu keinen weiteren Einschränkungen durch die Covid-19-Pandemie in den verbleibenden Monaten des Geschäftsjahres kommt.

Von der Erholung im Verlauf des 3. Quartals ausgehend erwartet Ceconomy für das Geschäftsjahr gegenüber dem Vorjahr nunmehr lediglich einen leichten Rückgang des währungsbereinigten Gesamtumsatzes. Zudem geht Ceconomy ohne Berücksichtigung von Ergebniseffekten aus nach der Equity-Methode bewerteten Unternehmen von einem EBIT zwischen 165 und 185 Mio. EUR aus.

Liquidität: Gut aufgestellt ^

Die positive Umsatzentwicklung im Juni sorgt auch für eine Entspannung der Liquiditätslage des Unternehmens. Der zusätzliche Kreditrahmen in Höhe von 1,7 Mrd. EUR, den Ceconomy Mitte Mai mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und Partnerbanken im Rahmen eines neuen Konsortialkreditvertrags zur Schaffung zusätzlicher finanzieller Flexibilität abgeschlossen hat, wurde bisher nicht in Anspruch genommen. Insgesamt sieht sich Ceconomy mit einem bestehenden Gesamtkreditrahmen in Höhe von 2,68 Mrd. EUR in dieser unvorhersehbaren Zeit gut aufgestellt.

Zukunft bleibt schwammig ^

Mit Blick auf die nahe Zukunft des Unternehmens bleiben trotz aller Zahlen viele Fragen offen, ersetzen Buzzwords die glasklare Strategie. So führen Ceconomy

und MediaMarktSaturn konzernweit eine einheitliche Organisationsstruktur – ein sogenanntes „Operating Model“ – ein, um „wichtige strukturelle Voraussetzungen zur Beschleunigung des Transformationsprozesses zu schaffen“. Das neue Operating Model trägt dabei der fortschreitenden Zentralisierung der Prozesse Rechnung.

Sieht so die stationäre Zukunft aus? Blick in den komplett renovierten MediaMarkt in Ingolstadt.

Einheitliche Führungsstrukturen, standardisierte Abläufe ^

Im Fokus des neuen „Operating Model“ stehen einheitliche Führungsstrukturen und standardisierte Abläufe. Dies gilt sowohl für die Verwaltungsfunktionen in den Landesgesellschaften ebenso wie für die Marktorganisation. Übersetzt: Die Geschäftsführer in den Stores vor Ort werden von Ingolstadt aus an die kurze Leine genommen. Darüber soll die „maximale Fokussierung der Mitarbeiter auf das Kundenerlebnis“ ermöglicht werden. „Ja, was denn sonst“, möchte man etwas sarkastisch hinzufügen.

Brandbeschleuniger Corona ^

Nicht vergessen sollte man in diesem Zusammenhang, dass die Ceconomy-Probleme nicht coronabedingt sind, auch wenn die Pandemie wie ein Brandbeschleuniger in Ingolstadt und Düsseldorf wirkt. Denn mächtig Bambule gab es schon Mitte Februar bei der Jahreshauptversammlung in Düsseldorf: Angesichts des vor sich hin dümpelnden Aktienkurses, ausgefallener Dividende und Vertröstung auf eine Besserung in der Zukunft machten nicht wenige Anteilseigner ihrem Unmut Luft: Alexander Elsmann (Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger SdK) wurde mit dem Satz „Es gibt noch viele Baustellen, und es ist unbefriedigend, das die endgültige Strategie noch nicht präsentiert wurde“, zitiert. Einige Anleger sprachen gar von einem „Berg des Versagens“.

Kellerhals stimmt zu ^

Immerhin: Die Familie Kellerhals, die 22% an der operativen Gesellschaft Media-Saturn-Holding hält, hat den Spar-Maßnahmen zugestimmt. Der Minderheitseigner verfügt bekanntlich über weitreichende Vetorechte und hat von diesen in der Vergangenheit häufig Gebrauch gemacht. Bereits im Vorfeld der Entscheidungen hatte die Gewerkschaft Verdi indes die Kürzungspläne scharf kritisiert: „Kürzungen und Personalabbau sind Zeugnis von Managementversagen“, so der Bundesfachgruppenleiter Handel, Orhan Akman.

Wie sich Ceconomy die stationäre Zukunft seiner Läden vorstellt, zeigt sich in unmittelbarer Nachbarschaft der MediaMarktSaturn-Zentrale in Ingolstadt: Der MediaMarkt Ingolstadt wurde Ende Juli wiedereröffnet. Beim Rundgang fällt auf, dass das Konzept noch stärker auf die Bedürfnisse des Kunden abgestimmt ist. Geschäftsführer Alexander Torrejon Mora. „Das komplette Konzept des Markes ist direkt am Kunden ausgerichtet und basiert auf vorausgehenden Analysen, die sich allesamt mit der Frage beschäftigten, wie das Kaufverhalten des Kunden aussieht: Was braucht er, wie geht er vor, wenn er einen Markt besucht?“

Blaupause Ingolstadt … ^

Die Ergebnisse wurden direkt im Store-Konzept umgesetzt. Zu jeder ausgestellten Smartwatch werden jetzt beispielsweise die passenden Uhrenarmbänder mit präsentiert. Bei Notebooks und Smartphones gliedert sich der POS nach Herstellern, weil sich gezeigt hat, dass der Kunde in diesen Bereichen vorwiegend nach Herstellern sucht. Gleichzeitig kann jedes ausgestellte Produkt angeschlossen und damit sofort getestet werden – vom Tablet bis zur Waschmaschine.

… ist weder neu noch aufregend ^

Das verbesserte Einkaufserlebnis zeigt sich auch daran, dass jeder Bereich einen emotionalen Anker hat, die den Kunden nochmal ein Stück mehr abholen sollen. In der Gaming-Welt steht ein Rennsitz, in dem die Kunden virtuelle Autorennen fahren können, im Kaffee-Bereich kann der Kunde an der Barista-Bar einen Kaffee trinken – so lässt sich der favorisierte Kaffeevollautomat gleich direkt ausprobieren. Auch dem Thema Service wurde noch mehr Raum gegeben. Die Smartbar, nun viel größer und geräumiger, befindet sich dort, wo der Kunde sie auch verorten würde: bei den Smartphones und Tablets. Alles schön und gut. Doch das ist weder neu und aufregend.

Düttmanns Zukunft ungewiss ^

Spannender ist die Zukunft von Interims-CEO Dr. Bernhard Düttmann: Nach „Spiegel“-Informationen wird bereits nach einem Nachfolger für Düttmann, dessen Vertrag im Herbst ausläuft, gesucht. Düttmann hatte zwar mehrfach angedeutet, dass er sich eine Verlängerung seines Vertrags vorstellen könne. Doch dafür gibt es laut „Handelsblatt“ keine Signale aus dem Gesellschafterkreis.

Bisher scheinen die strategischen Maßnahmen des Managements den Aufsichtsrat eher nicht zu überzeugen. Immerhin: Jahrelang haben die Ceconomy-Töchter Media Markt und Saturn nebeneinanderher gewirtschaftet. Eine zentrale Führung gab es so gut wie gar nicht, dafür aber reichlich Ineffizienz. Zumindest das scheint nun der Vergangenheit anzugehören.

Matthias M. Machan

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