So viel Harmonie war seit Jahren nicht: „Wir haben wichtige Meilensteine für den Weg in eine erfolgreiche Zukunft für Ceconomy gesetzt“, rief Ceconomy-CEO Dr. Bernhard Düttmann am Mittwoch vergangener Woche anlässlich der virtuellen Hauptversammlung der Konzernmutter von MediaMarkt und Saturn seinen Aktionären selbstbewusst zu. Und es stimmt ja auch: endlich eine neue Konzernstruktur, mit der sich arbeiten lässt, endlich ein nachhaltiger, gar „historischer“ Burgfrieden mit der Investmentgesellschaft der Familie Kellerhals (Convergenta) und endlich auch Wirtschaftszahlen, die vor allem beim Online-Geschäft mächtig beeindrucken.
Und dennoch: Ceconomy wäre nicht Ceconomy, wenn es nicht ein wenig knirscht. Und das tut es an der wichtigsten Stelle: Im Herbst läuft der Vertrag mit dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Bernhard Düttmann aus. Düttmann war im Oktober 2019 zunächst interimistisch für die Dauer von zwölf Monaten zum CEO der Ceconomy bestellt worden. Das Mandat wurde im vergangenen Herbst – zur Überraschung vieler Analysten und Branchen-Insider – um weitere zwölf Monate verlängert.
In dieser Zeit hat Düttmann nicht nur die Transformation des Konzerns erfolgreich angestoßen, sondern, vielleicht noch viel wichtiger, für Kontinuität und Vertrauen bei den Anteilseignern wie im Markt gesorgt – die wichtigste Währung eben. Oder wie Dr. Düttmann es in aller Bescheidenheit vergangene Woche Mittwoch sagte: „Ceconomy ist heute nicht mehr das Unternehmen, welches wir noch vor 2019 waren. In relativ kurzer Zeit haben wir große Schritte gemacht.“
Wie Ceconomy im vergangenen Herbst mitteilte, wurde „der Prozess für die langfristige Besetzung der CEO-Position bereits eingeleitet.“ Der scheidende Aufsichtsratschef Jürgen Fitschen: „Wir sind intensiv auf der Suche nach einem neuen Vorstandschef.“ Ein Personalberater sei eingeschaltet. Zu Namen möglicher Kandidaten wollte sich Fitschen nicht äußern. Ein Name indes wurde bis vor kurzem in den Medien („manager magazin“ u.a.) als Favorit gehandelt: Michael Rauterkus, der ehemalige Chef des Badezimmer-Ausstatters Grohe. Der jedoch soll nach einem Veto des neuen Aufsichtsratschefs Thomas Dannenfeldt aber wieder aus dem Rennen sein.
Chancen werden hingegen auch Ferran Reverter, Chef der Media-Saturn-Holding, eingeräumt, wohl vor allem auch deshalb, weil sich die komplizierte Doppelspitze im Unternehmen mit der Hauptversammlung vergangene Woche erledigt hat. Bekanntlich haben sich die Aktionäre mit einer Mehrheit von 99% dafür ausgesprochen, dass Ceconomy die beiden Elektronik-Handelsketten MediaMarkt und Saturn komplett übernimmt. Möglich wurde dies, weil sich die MediaMarkt-Gründerfamilie Kellerhals von ihrer Minderheitsbeteiligung trennt, dafür aber größter Einzelaktionär von Ceconomy wird. Der Vollzug der Transaktion soll frühestens Ende des ersten Quartals 2021 erfolgen.
Fakt aber ist: Die Zustimmung der Aktionäre hat den Weg für eine weitere Integration von MediaMarktSaturn geebnet. Mit der vereinfachten Unternehmensstruktur wird MediaMarktSaturn zu einer hundertprozentigen Ceconomy-Tochtergesellschaft. Damit wird nicht nur die Komplexität der Unternehmensstruktur reduziert und Prozesse verbessert, sondern auch die Interessen aller Aktionäre zusammengeführt, an der weiteren erfolgreichen Entwicklung des Unternehmens teilzuhaben.
„Mit der Einigung mit Convergenta setzen wir für Ceconomy einen wichtigen Meilenstein für den Weg in eine erfolgreiche Zukunft. Ich freue mich sehr, dass unsere Aktionäre diesen Schritt unterstützen“, sagte Dr. Bernhard Düttmann. Bedarf es aber eines Personalberaters, wenn es Reverter auf Ceconomy-Chefsessel schaffen könne? Es bleibt spannend.
Widmen wir uns den Dingen, die bekannt sind: Die Ergebnisse des Geschäftsjahres 2019/20 lagen mit einem bereinigten EBIT von 236 Mio. EUR deutlich über der aufgrund der Covid-19-Entwicklung aktualisierten Prognose. Mehr noch: Das 1. Quartal des neuen Geschäftsjahres 2020/2021 verlief geradezu bärenstark: Der Umsatz lag in der Zeit von Oktober bis Dezember 2020, trotz der verschärften Covid-19-Situation mit temporären Marktschließungen bei MediaMarkt und Saturn, mit 7,5 Mrd. EUR rund 11,4% über dem Vorjahr (Q1 2019/20: 6,8 Mrd. EUR).
Für Außenstehende fast noch wichtiger als die Zahlen-Architektur sind die Botschaften dahinter, die aus der Ceconomy-Zentrale aus Düsseldorf gesendet wurden und werden: „Wir stehen nicht mehr am Anfang der Transformation, sondern sind mittendrin“, erklärte Dr. Düttmann.
Vor allem das Online-Geschäft – infoboard.de monierte schon vor Jahren, dass man den Start schlichtweg verschlafen hatte – hat sich vom lahmen Gaul zum Rennpferd und Aushängeschild entwickelt. Die Zahlen aus dem 1. Quartal sind beeindruckend: Mit 2,3 Mrd. EUR (Q1 2019/20: 1,1 Mrd. EUR) erzielte das Unternehmen so viel Online-Umsatz wie in keinem Quartal zuvor. Das Wachstum im Vergleich zum Vorjahr betrug rekordverdächtige 116%. Insgesamt hatte das Online-Geschäft damit rund 30% Anteil am Gesamtumsatz des ersten Quartals. Der Anteil hat sich im Vergleich zum Vorjahr nahezu verdoppelt (Q1 2019/20: 15,4%).
Dazu Dr. Düttmann vergangene Woche: „Ich sage es ganz deutlich: Wir sind als Online-Player lange Zeit unterschätzt worden. Bereits 2019 waren unsere Webshops von MediaMarkt und Saturn zusammengenommen gemessen am Umsatz die drittstärksten in Deutschland. Nun, nach einem Jahr Pandemie, sind wir hier noch stärker geworden und haben mehr Online-Kunden als je zuvor. Allein im letzten Geschäftsjahr waren es 6 Millionen mehr, im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres kamen weitere 3 Millionen dazu.“
Dennoch: Das Herz der Ceconomy-Strategie bleibt das Omnichannel-Modell. „Die Basis bildet das Geschäft in den Märkten, das insbesondere für eine große Auswahl an Produkten und Dienstleistungen sowie für persönliche Beratung steht. Dies wird durch das Online-Geschäft komplementiert. Daran ändert auch die Pandemie nichts. Ganz im Gegenteil“, so Dr. Düttmann. Und weiter: „Online und stationäres Geschäft sind noch näher zusammengewachsen. Unsere Kunden haben gemerkt, dass wir überall für sie da sind.“
Dr. Düttmann betonte auf Nachfrage aus Aktionärskreisen, dass man, anders als beispielsweise auf dem Markt in Österreich, auch weiterhin an der Marke Saturn festhalten wird. Dr. Düttmann: „Die beiden Marken haben ihren eigenen Charakter. Im Gegensatz zu Österreich ist die Marke Saturn in Deutschland viel, viel stärker.“
MediaMarkt und Saturn werden hierzulande ganz bewusst als zwei Marken weitergeführt. Ceconomy betonte bereits in der Vergangenheit immer wieder, wie wichtig die Zwei-Marken-Strategie sei. Dennoch: Die Anzahl der jeweiligen Märkte spricht eine klare Sprache: Ceconomy betreibt rund 1.000 Märkte beider Marken in 13 Ländern. An 850 Standorten hat MediaMarkt sein Angebot ausgerollt. Gerade einmal noch 150 Filialen vereinen sich unter dem Markendach von Saturn.
Dr. Düttmann mit Blick auf das abgelaufene Geschäftsjahr: „Alles in allem hat uns die Erfahrung der Pandemie als Unternehmen geprägt. Sie hat uns gezeigt, was wir leisten können und dass wir die richtigen Impulse für die weitere Entwicklung unseres Unternehmens gesetzt haben. Wir gehen aus dem letzten Geschäftsjahr mit Selbstvertrauen und Rückenwind.“
Es ist erst ein Jahr her, dass Dr. Düttmann vor den Aktionären gesagt hat, dass man ein strategisches Gerüst brauche, um zurück auf die Erfolgsspur zu kommen: „Heute kann ich Ihnen sagen, dass wir dieses Gerüst gebaut haben. Besser noch: Wir haben bereits bewiesen, dass es auch trägt.“ Mit Omnichannel, Service & Solutions, Category & Supply Chain Management sowie der Organisation- und Kostenstruktur habe man die zentralen Arbeitsfelder definiert, auf denen man seitdem sehr gute Fortschritte erzielt habe.
Nichtsdestotrotz sind die anhaltenden Marktschließungen auch für Ceconomy eine große Herausforderung. Dr. Düttmann: „Wir, genauso wie Sie, brauchen bezüglich der Lockdown-Regelungen eine Perspektive. Deswegen appelliere ich ausdrücklich an die Politik, möglichst schnell einen konkreten und vor allem realistischen Fahrplan für eine Wiederöffnung zu formulieren.“
In seinem Schlusswort sah Dr. Düttman eine „selbstbewusste“ Ceconomy, die ihre Stärken kenne und einen klaren Plan für die nächsten Jahre habe: „Mit einer ordentlichen Portion Selbstkritik haben wir nach unserem Reset 2019 die richtigen Fragen gestellt und hart an uns gearbeitet. Heute sage ich Ihnen: Wir sind deutlich besser aufgestellt, agieren in einem attraktiven Markt und haben die historischen Herausforderungen des letzten Geschäftsjahres gemeistert.“
Und zum Finale: „Wir sind noch nicht fertig! Die Veränderung wird auch in den nächsten Jahren unser ständiger Begleiter sein.“ Wie wahr, beispielsweise mit der Nachfolger-Suche für CEO Dr. Bernhard Düttmann. Der Interims-CEO der vergangenen zwei Jahre, so viel ist sicher, hinterlässt ziemlich große Fußspuren!
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