Schuld an dem Desaster soll das schöne Wetter im Super-Sommer 2018 gewesen sein. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn Ceconomy teilte mit, dass man auch bei der Umsetzung der strategischen Initiativen im Deutschland-Geschäft nicht so voran kommt wie erhofft. Im Klartext: Vor allem bei der Digitalisierung und der Modernisierung des Logistikapparates geht es offensichtlich viel zu langsam voran.
Probleme hausgemacht ^
Klar, der Sommer war heiß. Insbesondere in der zweiten Juli- und ersten Augusthälfte, als die weit über 30 Grad-Tage eher die Regel denn die Ausnahme waren, waren viele Fußgängerzonen geradezu verwaist. Wohl dem, der mit Erfrischungsgetränken oder Eis handelte. Auch die Modehändler klagen – wie eigentlich fast immer – über das Wetter. Ob Gerry Weber, Tom Tailor oder Zalando: alle haben ebenfalls vergangene Woche ihre Gewinnprognosen korrigiert. Auch hier soll das Wetter an allem Schuld gewesen sein. Und auch hier ist das wiederum nur die halbe Wahrheit. Denn auch im Modehandel gelten viele Probleme als hausgemacht, kommen viel zu schnell neue Produkte in den Markt (das klingt vertraut!), wird die wahre Dimension des Online-Geschäftes und der digitalen Transformation immer noch unterschätzt.
Wie sich also die Bilder in den Branchen gleichen. Merkwürdig nur: Wer sich in den zurückliegenden Wochen in der Hausgeräte-Branche umhörte – und dazu gab es mit der IFA in Berlin, der Küchenmeile A30 in Ostwestfalen, dem EK in Bielefeld und der Domotechnik in Mönchengladbach reichlich Gelegenheit –, schaute fast nur in zufriedene Gesichter. Klagen über massive Umsatzeinbrüche aufgrund der Sommerhitze gab es weder hier noch da.
Vertrauen der Investoren dahin? ^
Die Sommer-Dürre also nur bei der Klientel von MediaMarkt und Saturn? Unwahrscheinlich, die Wahrheit liegt wohl dazwischen. Indes: Ganz überraschend kam die Ceconomy-Gewinnwarnung nicht. Schon mit der Veröffentlichung der Zahlen zum dritten Geschäftsquartal Mitte August habe man am Markt eine neuerliche Gewinnwarnung für das Geschäftsjahr befürchtet, schrieb beispielsweise der Analyst Clement Genelot vom Investmenthaus Bryan Garnier. Die zweite Prognosesenkung in diesem Jahr drohe nun das Vertrauen der Investoren zu untergraben.
Am späten Dienstagabend vergangener Woche begründete Ceconomy die Senkung seiner Gewinnprognosen für das Geschäftsjahr 2017/18 maßgeblich mit dem schwachen vierten Geschäftsquartal. Vor allem das ungewöhnlich heiße Wetter im Juli und August hätten zu erheblichem Umsatz- und Ergebnisdruck geführt. Der Konzern rechnet nun bestenfalls nur noch mit einem Ergebnis auf dem Niveau des Vorjahres. So wird – ohne Berücksichtigung der Beteiligung am französischen Branchen-Verbündeten Fnac Darty – ein Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) zwischen 460 und 490 Mio. EUR angepeilt (Vorjahr: 494 Mio. Euro). Unter zusätzlicher Ausklammerung der Abschreibungen auf Investitionen sei mit einem Ergebnis (Ebitda) zwischen 680 und 710 Mio. EUR zu rechnen – nach noch 714 Mio. EUR im Vorjahr! Sein Umsatzziel, das ein leichtes Wachstum vorsieht, kassierte das Management aber nicht ein.
Ceconomy-Finanzchef Mark Frese stellte dann am Mittwochmorgen letzter Woche vor Analysten ein Fragezeichen hinter den Zeitplan für die mittelfristigen Ziele: Die ursprünglichen, für den Zeitraum von drei bis fünf Jahren ausgegebenen Ziele, könnten sich nun möglicherweise ebenfalls verzögern. „Wir haben unsere strategischen Initiativen in Deutschland nicht schnell genug umgesetzt”, erklärte Konzernchef Pieter Haas zähneknirschend in einer Telefonkonferenz.
Zwar habe Ceconomy in Italien, den Niederlanden oder in der Türkei Fortschritte und auch im Online-Handel deutlich aufgeholt, doch bei strategisch signifikanten Vorhaben wie der Digitalisierung und der Verbesserung des Services kommt das Unternehmen hierzulande nicht so schnell voran wie erhofft. Man hat wohl einfach unterschätzt, was es bedeute, ein so großes und komplexes Geschäft umzubauen. Branchenkenner sind sich einig, dass beispielsweise der tatsächliche Verkauf grundsätzlich rentablerer Service-Angebote noch deutlich hinter den gesteckten Erwartungen hinterher hinkt.
„Wir werden jeden Stein umdrehen“ ^
Die Ingolstädter wollen nun bei den angestrebten Verbesserungen stärker aufs Gaspedal drücken. Hausaufgabe für das Deutschland-Management in den kommenden Monaten: die neuen strategischen Initiativen überprüfen und durchdachte Maßnahmen auf den Weg bringen, um die operative Entwicklung zu verbessern. Haas setzt auf eine bessere Verknüpfung der Online-Shops mit den Filialen, auch das Service-Geschäft will er ankurbeln. Zudem sollen die Kosten gedrückt, die Verwaltung verschlankt, die Logistik effektiver gestaltet werden, um die Gewinnziele zu erreichen. „Wir sind nicht da, wo wir sein wollen. Wir werden jeden Stein umdrehen“, wird Finanzchef Frese zitiert.
Keine einfache Woche in Ingolstadt: Die Fußballer – MediaMarkt ist neben Audi Hauptsponsor der „Schanzer“ – werden in Liga 2 durchgereicht, der Trainer entlassen. Zudem steigt Ceconomy – im Zuge der großen Index-Reform der Deutschen Börse – aus dem MDax in den SDax, dem von Investoren weniger beachteten Index der kleinen Werte, ab. Hoffnungsschimmer am Horizont: der Verkauf des Metro-Anteils von Ceconomy an den tschechischen Investor Daniel Kretinsky ist – vorbehaltlich der Zustimmung der Kartellbehörden – so gut wie in trockenen Tüchern. Wohl eine Sorge weniger. Wenn man dann noch die richtigen Schlüsse aus dem „Black Friday“-Debakel mit seinen Rabattschlachten des vergangenen Jahres zieht, wird sich im Handel wie bei Börsianern die Miene auch langsam wieder aufhellen.