Am Montag begann in den USA die Elektronikmesse Consumer Electronics Show (CES). Nicht wie gewohnt aus der Casinostadt Las Vegas mit der drangvollen Enge der Showrooms in oftmals überhitzter Atmosphäre, sondern rein virtuell in den Weiten des digitalen Raums. Ob LG oder Samsung, BMW, Bosch oder Mercedes (die erneut die ersten Technik-Schlagzeilen für sich hatten): Natürlich ging es zuvorderst um Produkte und Technologien, aber eigentlich noch wichtiger: Welche Veränderungen ergeben sich durch die Corona-Pandemie in Bezug auf unser Leben, auf unsere Arbeit, die Freizeit, die Digitalisierung, das Einkaufsverhalten, die soziale Interaktion?
„Life is ON – Make Yourself at Home“ lautete bei LG Electronics auf der ersten volldigitalen CES die Vision für einen noch stärker vernetzten und komfortableren Lebensstil. Für das Segment „Home Appliance“ wird demonstriert, wie das Zuhause durch Technologie noch lebenswerter und hygienischer gestaltet werden kann. Besucher können sehen, wie die Innovationen von LG das Leben in der Küche, im Wohnzimmer und in der Waschküche verbessern helfen.
In der neuen Normalität
Ähnlich abstrakt klingt es auch bei Samsung unter dem Motto „A Better Normal for All“: „Gemeinsam möchten wir nicht nur eine neue, sondern eine bessere Normalität für alle schaffen. Wir möchten zeigen, wie wir uns die neue, bessere Normalität vorstellen können. Angefangen bei Technologien, die für den Nutzer gemacht sind über KI, die das Leben zu Hause erleichtern kann – bis hin zu Neuerungen, die einen echten Unterschied für unsere Gesellschaft und die Welt bedeuten können.“
Bereits 2020 hatte Samsung auf der CES eine Welt skizziert, in der sich die Wohnräume in Workout-Studios und Meeting-Räume verwandelten, Küchen zunehmend personalisiert und auf die individuellen Bedürfnisse der Nutzer zugeschnitten werden können. Szenarien, die binnen Jahresfrist Wirklichkeit wurden.
„Wir alle haben mehr Zeit zu Hause verbracht und erwarten deshalb auch mehr von unseren Wohnräumen“, heißt es bei Samsung auf der CES. Und weiter: „Deshalb führen wir zunehmend smarte Technologien ein, die das Leben der Nutzer durch nahtlose, personalisierte Erlebnisse bereichern können.“ Das kann eine Hilfe beim Erlernen einer Yoga-Technik sein oder auch dabei, Fitnessziele im heimischen Wohnzimmer zu erreichen. Nicht zu vergessen: eine neue Ernährungsweise mit personalisierten Rezepten und intuitiv vernetzten Küchengeräten.
Hygiene und Robotik
Zwei der CES Top-Themen: Hygiene-Features in allen Spielarten und Robotik. Freilich nicht nur bei LG und Samsung. Es tummelten sich diverse Roboter auf dem pandemiebedingt digitalen Laufsteg. Manche wie der „Coro-Bot” von Hills Engineering und Hanseo University dienen dem Kampf gegen das Coronavirus und andere Erreger. Andere sollen einfach daheim beim Lernen helfen oder unterhalten.
Der „Coro“-Bot zeigt beispielsweise, wie Robotik im Umgang mit der Pandemie helfen kann. Der selbstfahrende Roboter mit Kollisionsvermeidung kombiniert einen keramischen Luftfilter, der Viren mittels langwelliger IR-Strahlung abtötet, mit Oberflächendesinfektion. Ein Gelenkarm dient dabei dazu, auch unebene Bereiche abzudecken. Für die Oberflächendesinfektion sorgt UV-Strahlung. Diese kommt auch bei anderen Desinfektionsrobotern zum Einsatz, darunter ein Modell, das LG im Rahmen der Messe erstmals offiziell präsentierte.
Zugegeben, die CES als reiner Online-Event und Gadget-Spektakel ist nicht ohne Risiko: Verhallen die Online-Ankündigungen der Unternehmen in den Weiten des World Wide Web, trifft sich also nur der harte Kern der Technik-Freaks und Branchen-Insider, wo sich sonst Zehntausende fieberhaft auf die Suche nach dem nächsten großen Ding machen, dann könnte die Marke „CES“ durchaus Schaden nehmen. Läuft es wiederum zu gut, könnten die Platzhirsche der Branche schnell den Anreiz verlieren, Jahr für Jahr viel Geld für einen Auftritt in der Wüstenstadt auszugeben.
Doch so weit wird es nicht kommen: Dazu gerieten die Präsentationen von Samsung, LG & Co. einfach zu cool: Technisch perfekt, ultimativer Lifestyle, urbaner Großstadt-Flair, aber digital hintereinander für die Presse im Stundentakt präsentiert irgendwie auch austauschbar. Das passiert auf einer realen Messe eher nicht. Wer beispielsweise auf der IFA, sagen wir von Miele zu Samsung oder LG wechselt, sieht hier wie dort Backöfen und Kochfelder, Waschmaschinen und Saugroboter. Dennoch betritt man auf den Messeständen komplett unterschiedliche Erlebniswelten mit einem unverwechselbaren Markenkern, einer unverwechselbaren Identität.
Schwer genug: Begeisterung verkaufen
Der CES, genauer, den CES-Livestream-Präsentationen fehlte – naturgemäß – der Look & Feel, der Genuss, die Emotion. Oder wie es Leif-Erik-Lindner, Deutschland-Chef von Samsung am Montag in der FAZ formulierte: „Wir müssen ja Begeisterung verkaufen, und wir können Händler am besten begeistern, wenn sie unser Produkt vor Ort sehen und anfassen können.“
Messechef Gary Shapiro stellt sich derweil darauf ein, dass nach dem Ende der Pandemie nicht alles wieder wie früher wird. Zwar haben sich schon Hunderte Aussteller für die CES 2022 angemeldet, sei eine Halle bereits ausverkauft, aber man geht auch im kommenden Jahr von einem „Hybrid-Event” aus. Shapiro: „Wir wollen zusätzlich zur Vor-Ort-Veranstaltung das Beste aus den digitalen Möglichkeiten mit rüber nehmen.”
Machen wir uns nichts vor: Die CES lebt wie alle anderen Messen auch davon, dass sich Zehntausende Brancheninsider und Tausende Journalisten aus aller Welt geballt an einem Ort versammeln: Auf der Jagd nach neuen Innovationen und Ideen. Zu den wertvollsten Dingen der CES gehöre die Möglichkeit, durch die Hallen zu gehen und „verborgene Schätze” zu entdecken, wird die Branchenanalystin Carolina Milanesi zitiert. „Das geht nicht beim scrollen durch eine Liste”, sagte sie der BBC.
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