Egal, aus einem einzelnen Tag wurde mittlerweile eine ganze Woche, die in diesem Jahr vom 21. – 28. November dauert. Wir sind also mittendrin in der Woche als Hochamt des Konsums, eine Woche, in der es „alle 5 Minuten neue Schnäppchen“ (Amazon) gibt, eine Woche mit „fantastischen Deals und starken Rabatten“.
Wenn es denn eine neue Küche sein soll, dann kaufe ich mir die Elektrogeräte am besten in der letzten November-Woche. Billiger wird es das ganze Jahr nicht, das ist wie an der Tankstelle am Dienstagabend zwischen 17 und 19 Uhr. Vorausgesetzt, ich bin auch mal mit der Effizienzklasse A zufrieden und verzichte auf die Pluszeichen dahinter.
Dann bekomme ich bei AO Deutschland ein Einbauherd-Set von Bosch zum halben Preis (für 519,- Euro statt 1038,- Euro), eine passende Wandhaube des Unternehmens kriege ich sogar um 58% billiger. Und es geht noch doller: Bei einem Herd-Set von Gorenje spare ich 68 %, bei einer Einbau-Mikrowelle von Neff gar 72(!) Prozent – hier muss ich gerade mal schlappe 194 Euro hinlegen, und das bei einer UVP von rund 700 Euro.
Mitspielen oder wegducken? ^
Was soll man da als stationärer Händler machen: Mitspielen, wegducken oder gar nicht erst aufschließen? Vor allem genau hingucken! Denn spätestens bei der UVP als Referenzgröße ist ein dickes „ja, aber!“ angebracht: Was hat die UVP des Herstellers ab Werk mit dem tatsächlichen Preis und Marktwert im Handel zu tun? Nichts, aber auch rein gar nichts. Das Ganze erinnert ein wenig an die Preise in der Küchenbranche. Wenn man zuvor Mondpreise ausgewürfelt hat, kann man anschließend auch 40%, 50 %, 60% oder gar 70% Rabatt geben. Es muss sich nur ein Dummer finden, der 1 und 1 nicht zusammenzählen kann.
„Vorsicht vor Schnäppchen“ warnte gestern früh um kurz nach 6 Uhr bereits WDR 2, da hatte ich die ganzseitige Anzeige von Amazon – die haben den Cyber Monday in Deutschland erst populär gemacht – noch gar nicht gesehen. Die klare Botschaft des Radiosenders: genau hinschauen, Preise vergleichen! Nicht jedes Schnäppchen ist auch eines. Besagte Mikrowelle von Neff gibt es beispielsweise auch bei Check24, idealo.de oder notebokesbilliger.de zu einem vergleichbaren Preis. Nur, bei den Einen ist die Lieferung mit drin, bei den anderen eben nicht. Die Tücke lauert wie so oft im Detail.
Schnäppchen gibt es überall. Immer! ^
So sehen denn auch die Verbraucherschützer die Cyber Woche ziemlich kritisch. Sie raten, vor dem Kauf genau hinzusehen. Schon mit einem kleinen Preisvergleich lassen sich vermeintliche Schnäppchen schnell enttarnen. Eine weitere Falle bei der Online-Schnäppchenjagd: Psychologische Tricks wie angeblich geringe Bestände oder ablaufende Uhren, die zum Kauf drängen sollen.
Wer sich unter Druck setzen lässt – seriöse stationäre Händler tun dies nicht! – hat schon verloren. Dabei gibt es Schnäppchen immer irgendwo, dafür braucht es längst keinen Sommer- oder Winterschlussverkauf mehr. Wer trotzdem kauft, hat bei einem bösen Erwachen immer noch das Widerrufsrecht auf seiner Seite. Bis 14 Tage nach Erhalt der Ware können online gekaufte Produkte zurückgesandt werden.
Zurück zum Black Friday, dem Freitag nach Thanksgiving, der in den USA traditionell ein Familientag ist und der von Millionen an Amerikanern dazu genutzt wird, um viele ihrer Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Geschäfte, Einkaufszentren und Online-Händler rüsten sich wochenlang für den Ansturm. Bereits seit den 1930er Jahren gilt der Black Friday in den Vereinigten Staaten als Auftakt zum Weihnachtsgeschäft. Seit 2006 gibt es den Tag auch in Deutschland. Apple führte damals die erste Black-Friday-Rabattaktion hierzulande durch, um unter anderem den Verkauf ihrer iPods anzukurbeln.
Kommt Cyber Monday? Er ist längst da! ^
Ob sich der Black Friday wie der Cyber Monday hierzulande durchsetzen? Sie sind längst Realität und im globalen Dorf auch nicht mehr aufzuhalten. Was haben wir anfangs Halloween belächelt? Binnen weniger Jahre klingeln bei uns zu Halloween mehr Kinder an der Tür als zu Sankt Martin. Und so darf man jetzt wohl auch den „Black Friday“ und „Cyber Monday“ – zumindest im Online-Geschäft – als importiertes Erfolgsformat betrachten.
Beispiel „Cyber Monday“: Am Spitzentag der „Cyber Monday“-Woche wurden vergangenes Jahr alleine bei Amazon in Deutschland mehr als 4,4 Millionen Produkte verkauft, der Freitagmorgen war gar der erfolgreichste Shopping-Freitagmorgen in der Geschichte von Amazon.de. Die Favoriten im Run um das Verramschen und Werte vernichten: Unterhaltungselektronik, Spielzeug und Konsumgüter.
Lohnend auch der Blick auf Cyberport: Am „Black Friday“ im vergangenen Jahr wurde der bislang höchsten Tagesumsatz in der Unternehmensgeschichte erwirtschaftet. Während die Page Impressions der Website www.cyberport.de um 67 % im Vergleich zum Vorjahr anstieg, konnten die Dresdner bei der Anzahl der Bestellungen sogar ein Plus von 103 % verzeichnen. Chapeau!
Und in diesem Jahr? „Im 4. Quartal 2016 werden Elektronikprodukte seit Ende Oktober günstiger“, hat Check24 beobachtet. Mit dem Kauf der Geschenke bis kurz vor Weihnachten zu warten, lohnt sich allerdings nicht: 2015 zogen die Preise zum Jahresende wieder an. „Ende November sorgt der Preiskampf mit Rabatten und Gutscheinen für besonders attraktive Angebote“, sagt Dr. Timm Sprenger, Geschäftsführer für den Bereich Shopping bei Check24. Und: „Die Rabattschlacht findet rund um das Wochenende zwischen Black Friday und Cyber Monday ihren Höhepunkt. Verbraucher, die Gutscheine mit einem Preisvergleich der günstigsten Anbieter verbinden, machen besonders attraktive Schnäppchen.“
„Ob Black Friday“ oder „Cyber Monday“, sie bescherten den Online-Händlern auf der anderen Seite des großen Teichs im vergangenen Jahr Rekordumsätze. Nach Angaben des Softwarekonzerns Adobe wurden in den USA allein am Cyber Monday vergangenen Jahres fast 3 Milliarden Dollar im Internet für Einkäufe ausgegeben, ein zweistelliger Zuwachs. Das ist zwar (noch) nur ein Bruchteil zum stationären „Black Friday“ mit seinen 12,1 Milliarden Dollar, aber dessen Kurve flacht inzwischen ab.
Eine Woche lang Freitag ^
Und hierzulande? Wenn sich denn der Black Friday als „Pseudo-Gedenktag des Kaufrauschs“ (DIE ZEIT vom 3.12.2015) durchsetzen sollte, dann vor allem im Netz. Anders als in den USA, wo der „Black Friday“ vor allem im stationären Handel zelebriert wird, werden in Deutschland die meisten Aktionen und Rabatte ausschließlich im Netz angeboten.
Und aus einem einzigen Tag wird dann schnell – siehe AO oder Amazon – mal eine ganze Woche, eben jeden Tag „Black Friday“. Der Run auf Schnäppchen und Rabatte war im vergangenen Jahr aber selbst bei kleinen Anbietern und Spezialversendern zu spüren. Etwa jeder vierte Online-Shop in Deutschland dürfte sich Schätzungen zufolge am „Black Friday“ beteiligt haben – allerdings mit höchst unterschiedlichen Strategien.
Auch hierzulande sind die Tage rund um den Cyber Monday die wohl umsatzstärksten des Jahres für den Handel. Selbst am darauf folgenden Wochenende sind die Umsätze außerordentlich gut. Laut Verbraucherforum “mydealz.de” setzten die Händler im Jahr 2014 am entsprechenden Wochenende 791 Millionen Euro um, 2015 waren es schon 924 Millionen – und für dieses Jahr wird ein Umsatz von über einer Milliarde Euro erwartet.
Woher der schwarze Freitag seinen Namen hat? Erklärungsversuche gibt es viele, diese scheint nahe an der Wahrheit: Man kann es schaffen, an diesem einen Tag so viel Gewinn zu erwirtschaften, um aus den roten Zahlen in die Schwarzen zu kommen. Schöner noch diese Variante: Die Händler haben am Ende des Tages so viel Geld gezählt, dass sie davon schwarze Finger bekommen.