Ein Kommentar von Alexander Druckenmüller
Wo McKinsey drin ist, da kommt auch McKinsey raus! Aus dem liebenswerten, mittelständischen Familienunternehmen Miele – auf diese Bezeichnung war man seit vielen Jahren stolz – wird nun ein klassisch strukturierter Konzern. Ein Konzern, der hierzulande bei Hausgeräten eine dominante Rolle spielt, weltweit gesehen aber eher ein kleiner Marktplayer ist. Denn was sind 4,2 Mrd. Euro Umsatz im Vergleich zu den Umsatzgiganten Haier, Whirlpool, Electrolux, Samsung oder selbst zur BSH Hausgeräte GmbH, dem europäischen Marktführer. Wäre Miele kein „Familienunternehmen“ so könnte man glatt von einem potentiellen Übernahmekandidaten sprechen.
Hinzu kommt: Der Wettbewerb hat technologisch überdurchschnittlich aufgeholt. Die StiWa-Ergebnisse zeigen, die Samsung‘s, Haier‘s und Beko‘s sind schon lange nicht mehr so meilenweit von der deutschen Wertarbeit entfernt, im Gegenteil.
Und da gibt es noch einen weiteren Aspekt: Wie die Studie „Unternehmensprofile Haushaltsgeräte 2019“ von „research tools“ aufzeigt, ist die Miele-Klientel ein wenig überaltert. Hinzu kommt, dass die Markentreue der Konsumenten Schwindsucht hat. Alles Herausforderungen, denen sich Miele stellen muss!
Und dann auch noch das: Mal setzt Miele Akzente wie mit dem Dialoggarer – gleichzeitig hinkt man dem Markt hinterher. Bei der Bodenpflege startete man sehr spät mit beutellosen Geräten, und auch im Boom-Segment der Akku-Handstaubsauger ist man eher Nachzügler, denn Markttreiber.
Hierzulande schätzt und wärmt sich der Handel an der Marke Miele. Mit den Premium-Produkten der Gütersloher erwirtschaftet er im Vergleich zu anderen (Volumen-)Marken höhere Margen. Doch auch der Handel macht es Miele nicht gerade leicht. Marktführer Media-Saturn schwächelt, ist mit sich selbst beschäftigt, fällt als Wachstumstreiber momentan aus. Erschwerend kommt hinzu, dass der klassische, traditionelle Elektrofachhandel, bisherige Kernklientel von Miele, von Jahr zu Jahr deutlich schrumpft.
Mehr noch: AO, Otto & Co. mischen den Großgerätemarkt immer mehr auf. Der Online-Anteil bei Großgeräten dürfte mittlerweile um die 20 % betragen. Miele bespielt den Online-Kanal bisher zumindest in Deutschland sehr diszipliniert. Hier scheint ein Umdenken stattzufinden. Wie anders ist die Ankündigung eines eigenen Geschäftsbereiches „E-Commerce“ in Amsterdam zu verstehen?
Miele ist mit seinen Problemen nicht allein. Im Mai gab die BSH bekannt: „In einem herausfordernden Umfeld, geprägt von Wechselkursschwankungen und volatilen Märkten weltweit, konnte die BSH im Geschäftsjahr 2018 mit 13,4 Mrd. EUR zwar den zweithöchsten Umsatz in seiner Unternehmensgeschichte verzeichnen, es musste aber dennoch nach 13,8 Mrd. EUR im Geschäftsjahr 2017 einen Umsatzrückgang vermelden.“ Kurz darauf verabschiedete sich Dr. Karsten Ottenberg als CEO der Bosch Tochter.
Zu den Herausforderungen im Heimatmarkt kommen die Auswirkungen aus dem Ausland. Der Brexit, eine schwächelnde Konjunktur in China und Handelszölle machen es (nicht nur) Miele nicht leichter.
Miele reagiert darauf schon seit geraumer Zeit. Man verlagert mehr und mehr Produktionen nach Osteuropa. Bisher haben diese Maßnahmen am Image von Miele nicht gekratzt. Der Spirit, die Markenpersönlichkeit und der besondere Miele-Charakter blieben bisher unangetastet. Doch mit der neuen Konzern-Aufstellung verstärkt sich meine Sorge: Mutiert Miele – dank McKinsey – zu einem klassischen Konzern? Verfällt mit diesem (Zukunfts-) Schritt gar der außergewöhnliche Spirit, das eigentliche Pfund der Marke Miele? Dann gute Nacht!
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