Herr Dröge, die Wertgarantie ist ein echter Seismograph der Branche, oftmals sicher auch näher dran und mit mehr Praxisdaten „gefüllt“ als die Marktforschung: Was sind aktuell die größten Herausforderungen des Handels?
Das ist inzwischen eine ganz vielschichtige Thematik. Wir spüren die Auswirkungen der Corona-Krise und des Ukraine-Krieges überall. Die Kosten explodieren in allen Bereichen. Und das bei einer deutlich spürbaren Kaufzurückhaltung und stetig abnehmender Kundenfrequenz im Handel.
Aktuell gehen die Menschen nicht einfach nur mal bummeln und lassen sich inspirieren. Es werden vor allem Zielkäufe getätigt. Für den Handel ergeben sich dadurch weniger Chancen für eine direkte Ansprache der Kunden.
Doch damit nicht genug: Hinzu kommt das Thema Personal. Es wird immer schwieriger, Fachkräfte zu finden – und diese dann vor allem auch dauerhaft zu halten. Der Handel muss unglaublich viel tun, um seine Mitarbeiter zu halten und als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben. Indes: Eine Vier-Tage-Woche lässt sich im Handel kaum realisieren, Home-Office schon gar nicht.
Hinzu kommt eine Flut an rechtlichen Rahmenbedingungen, die geändert worden sind oder zur Disposition stehen, etwa die Beweislastumkehr, ein geändertes Gewährleistungsrecht, womit, nebenbei bemerkt, rund die Hälfte der Verkäuferinnen und Verkäufer noch nicht umgehen kann und das Recht auf Reparatur.
Wie kann denn Wertgarantie in diesen Zeiten den Fachhandel bestmöglich unterstützen?
Wir haben, wie beschrieben, mit vielen und vielschichtigen Herausforderungen zu kämpfen. Aber gerade jetzt ist es für den Handel umso wichtiger, sich auf die Stärken von Service und Dienstleistungen zu fokussieren.
Der Handel lebt stark von der Kundenbeziehung und muss gerade in Zeiten sinkender Frequenzen aktiv Kundenbindung betreiben. Wir sind ein wichtiger Ertragsfaktor für den Handel, an unseren Garantie-Dienstleistungen ist mitunter mehr zu verdienen als an den Geräten. Für 91% der Händler ist unser Angebot „sehr wichtig“, für die restlichen 9% „wichtig“.
Und: Wir leben das Thema und die Philosophie „Reparieren statt wegwerfen“ aus tiefster Überzeugung. Laut der entsprechenden Studie von Wertgarantie lassen nur 20% der Kunden ohne Wertgarantie defekte Geräte reparieren, haben Kunden ein Wertgarantie-Produkt, sind es 75%.
Gemeinsam mit dem Handel können wir viel tun und bewegen. Beispielsweise lassen sich steigende Gehälter auch mit Wertgarantie-Provisionserträgen lösen.
Wie verlief das Corona-Geschäftsjahr 2021?
Das Jahr 2021 war kein einfaches Jahr. Wir sind insgesamt gut durchgekommen, auch wenn wir etwas weniger Wachstum hatten als geplant. Aber wir haben sehr treue Kunden und hatten ein erfolgreiches Neugeschäft.
Obwohl die gesteckten Ziele im Neugeschäft in einigen Segmenten nicht erreicht werden konnten, gelang es der Wertgarantie Group, das Geschäftsjahr mit insgesamt 1,7 Mio. Neuverträgen abzuschließen und den Bestand auf über 7,25 Mio. Kunden auszubauen.
Wir sind dynamisch in unseren Märkten unterwegs. Die über 7 Millionen Kunden sind ein starker Beleg für das ungebrochene Kundenvertrauen und machen deutlich, wie stark die Wertgarantie Group wächst. Intern, also mit Blick auf Trainingskonzepte, Technik und Personalaufbau, war 2021 ein sehr erfolgreiches Jahr.
Wie verläuft die Entwicklung im 1. Halbjahr 2022. Für den Handel kommt es ja knüppeldick: Frequenzverluste, gestörte Lieferketten…
Für uns ist das Jahr 2022 sehr gut angelaufen. Nach dem für uns alle recht schwierigen Jahr 2021 ist die Neugeschäftsentwicklung im 1. Quartal bei Wertgarantie, aber auch im Markt, sehr erfreulich – trotz all der derzeit bestehenden Risiken. Nach fünf Monaten liegen wir deutlich über Plan und unseren Erwartungen. Mithin: Es greift alles, was wir tun.
Rund 200 Wertgarantie-Partner aus fast 100 Fachhandelsunternehmen trafen jüngst im Fünf-Sterne-Hotel InterContinental Ljubljana zusammen. Was waren die Botschaften des 365er Treffs?
Es war zunächst vor allem beglückend, sich wieder persönlich zu treffen. Je digitaler das Geschäft wird, umso wichtiger ist es, dass die Menschen wieder zusammenkommen. Die Stimmung unter den Händlern war positiv, keiner steckt den Kopf in den Sand, aber natürlich machen sich die Händler auch berechtigte Sorgen.
Im Mittelpunkt standen der fachliche Austausch mit vielen „Best-Case“-Beispielen, Neuigkeiten von Wertgarantie, die sich auftuenden Chancen und Impulse trotz schwieriger Prognosen und natürlich unser Leitthema „Reparieren statt Wegwerfen“.
Kommendes Jahr feiert die Wertgarantie ihr 60-Jähriges …
… und wir sind schon mitten in der Planungsphase. Wir haben viele Aktivitäten für unsere Partner im Fachhandel in Vorbereitung. Ein Thema ist sicherlich auch „Reparieren statt Wegwerfen“. Neu ist ja seit dem vergangenen Jahr – neben der Versicherung von gewerblich genutzten Geräten, was dem Fachhandel neue Möglichkeiten im wachsenden Gewerbekunden-Markt biete – auch ein Schutz für Refurbished-Ware. Damit wird – ganz im Sinn der Nachhaltigkeit – der Kauf von wiederaufbereiteter Elektronik gestärkt.
Wir wollen das Thema Elektroschrott noch prominenter aufgreifen. Auch der Wertgigant von HA Schult wird in diversen Städten wieder zu sehen sein.
Wie steht es um das Thema eMobilität als Versicherungsgegenstand?
Wir versichern Geräte, aber keine Kraftfahrzeuge, auch keine E-Autos. Indes: Unser E-Komplettschutz sichert E-Bikes und Elektroroller nicht nur gegen Reparaturkosten ab, die durch Unfall, Fall- oder Sturzschäden entstanden sind, sondern auch gegen Kosten aufgrund von Verschleiß oder Abnutzung.
Manch Händler überlebt vor allem dank der Zusatz-Dienstleistungen der Wertgarantie. Erfreulich für Sie, aber auch eine ziemlich große Verantwortung…
… das stimmt in der Tat. Wir sind uns dieser Verantwortung durchaus auch sehr bewusst. Erst vor wenigen Tagen hat mir ein Händler gesagt, dass ihm, ich zitiere wortwörtlich, „die Wertgarantie den Arsch gerettet“ habe. Etwas diplomatischer war sein Kollege: „Aktuell, insbesondere in Zeiten sinkender Spannen, ist der Komplettschutz der Wertgarantie eines der wichtigsten Produkte, das wir im Geschäft vermarkten.“
Unsere Angebote müssen sowohl den Kundennutzen als auch die Renditeerwartung des Handels berücksichtigen. Wir achten darauf, dass die Leistungserbringung für den Kunden nicht als Störung, sondern als Chance verstanden wird, echte Leistungsfähigkeit zu beweisen.
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