So viel ist sicher: 2021 ist und wird ein besonderes Jahr, das unser Leben wohl so ähnlich auf den Kopf stellen wird wie 2020. Die Pandemie hat vielerorts und quer durch alle Gesellschafts- und Bevölkerungsschichten das Leben ausgebremst. Indes: Gleichzeitig haben Prozesse an Fahrt gewonnen, für die es sonst Jahre gebraucht hätte.
Cocooning überall: Durch Home-Office und Home-Schooling haben die Menschen signifikant mehr Zeit zu Hause verbracht. Es wird häufiger – und mit wachsender Begeisterung – am heimischen Herd gekocht, die Küche – mal aus der Not heraus, mal als Tugend – als ganzheitlicher Lebensraum genutzt. Die Prioritäten verlagern sich, wohlmöglich stand der Kauf einer neuen Küche noch gar nicht auf der Agenda, aber anstatt in Restaurantbesuche oder Reisen haben die Menschen zuletzt lieber in bleibende Werte investiert.
Dabei ist eines unverändert geblieben: Beim Thema Küche geht es für die Menschen vorrangig um Komfort, Funktionalität und Wohnlichkeit. Doch welche Features bei Küchenmöbeln und Hausgeräten sind aktuell angesagt? Welche Farben Materialien dominieren? Wie steht es um Ausstattung und Stil? Und nicht zuletzt: Was bleibt, was kommt? Hier unser Trendbarometer für die Jahre 2021 und 2022.
Die großzügige, offene Küche steht bei vielen nach wie vor ganz oben auf dem Wunschzettel. Ihr großer Vorteil: Sie ist lässig und kommunikativ. In den meisten Neubauten gehören die fließenden Übergänge zwischen Koch-, Ess- und Wohnbereich zum architektonischen Standard. Hier werden gerne sogenannte Pocket-Door-Schränke eingesetzt, mit denen die Küche im Nu verfügbar – und ruckzuck wieder unsichtbar ist. Hinter den hohen Türen, die beim Öffnen seitlich im Korpus verschwinden, kann eine Kaffeebar, eine Küchenzeile mit Geräten oder ein Regal mit Vorräten wunderbar versteckt werden.
Gleichzeitig steigt der Bedarf an kleinen kompakten Küchen mit perfekt optimiertem Stauraum. Der Grund: Gerade in den Städten hat sich der Immobilienmarkt weiter verschärft. Besonders kleine Wohnungen sind teuer, da kommt es auf jeden Quadratzentimeter an. Die Vorstellung, die Küche – oder einen Teil davon – bei einem Umzug mitnehmen zu können, führt zu einer leicht steigenden Nachfrage in Richtung modularer Bauweise mit Möbeln auf Füßen statt auf einem Sockel. Beliebt sind Koch- und Vorbereitungsinseln. Die freistehenden Elemente lockern optisch auf, schaffen Arbeitsfläche, können ein zusätzlicher Essplatz sein und als Raumteiler fungieren.
Die Küche wächst über sich hinaus: Häufig werden auch angrenzende Bereiche wie Vorratskammer, Hauswirtschaftsraum, Garderobe, Ankleide und sogar das Badezimmer im Fachhandel gleichzeitig mitgeplant. Denn die typischen küchenspezifischen Merkmale wie Strapazierfähigkeit, Belastbarkeit, Bedienkomfort, Stauraumnutzung und die geübte Verbindung aus Möbeln und Technik bieten sich dafür einfach an. Ob Home-Office oder das Sideboard neben dem Essplatz – Wohn- und Küchenmöbel aus einer Hand sorgen für einen einheitlichen Look. Noch Küche oder schon Wohnen? Die Übergänge sind fließend.
Dass ein hocheingebauter Backofen ein echter Komfortgewinn ist, hat sich mittlerweile überall herumgesprochen. Inzwischen findet aber auch die Idee, Weinkühlschränke, Kaffeevollautomaten, Dampfgarer und Geschirrspüler in rückenfreundlicher Bedienhöhe zu platzieren, immer mehr Anhänger. Vor allem bei Letzterem macht das Sinn, es erleichtert das Ausräumen des sauberen Geschirrs.
Wenn es um den Stauraum für Teller, Tassen und Gläser geht, sind Oberschränke die Möbel der Wahl. Sie besitzen Schiebetüren oder aber Klappen, die sich nach oben öffnen, sodass man maximale Bewegungsfreiheit hat und sich nicht den Kopf stößt. Bei Lifttüren etablieren sich elektrische Öffnungssysteme – ein Knopfdruck auf einen kleinen Schalter im Korpus, und die Tür senkt sich wieder herab. Das ist ein echtes Plus in Sachen Ergonomie.
Schubkästen sowie praktische Apotheker- und Eckauszüge holen Lebensmittel, Kochgeschirr & Co aus den Tiefen des Schranks nach vorn und nutzen Platzreserven optimal aus. Eine maßgeschneiderte und flexible Innenorganisation für Besteck und Vorräte macht alles übersichtlicher. Farben wie Grau und Schwarz und Eichenholz dominieren bei der Ausstattung, die meist Bezug auf das äußere Erscheinungsbild nimmt. Obligatorisch sind Beschläge mit Dämpfungssystemen, sie garantieren ein sanftes, kontrolliertes und geräuscharmes Schließen. So individuell wie das Innenleben wird von vornherein auch die Höhe der Arbeitsfläche geplant, nämlich genau passend zur Körpergröße des Nutzers.
Wie sieht die angesagte Küche denn nun aus? Auf jeden Fall zurückhaltend und geradlinig. Sie ist immer häufiger grifflos und wird teils mechanisch, teils mit elektrischer Unterstützung geöffnet. Griffe sind allenfalls dezent und bestehen aus Metall. Oder Griffmulden und -leisten sitzen direkt in der Front – das gibt der Küche ein ruhiges Erscheinungsbild.
Die aktuellen Stilrichtungen reichen vom Industrial Look über eine neutrale und pure Geradlinigkeit bis hin zum modernen und schlichtem Landhaus-Look. Das ist neu: Der traditionelle Landhausstil ist nach langer Zeit rückläufig und nicht mehr so gefragt. Zimmerpflanzen und Kräuter halten Einzug in die Küche, Stichwort „Urban Farming“. Neben dem klareren „Skandi-Look“ gibt es auch Ausflüge in die rustikalere alpine Welt. Holz und Natur sind hier gefragt. Das Schöne ist: Heutzutage ist nichts mehr dogmatisch. Statt einem „entweder oder“ gilt jetzt ein „sowohl als auch“. Stilmix ist der Schlüssel zu einer individuellen Gestaltung.
Die klassisch-weiße Küche ist zwar nicht wegzudenken, aber der Trend zur dunklen Optik bleibt: Die Möbelfronten präsentieren sich weiterhin in Schwarz und in Grautönen wie Anthrazit, Taupe oder Graphit. Dazu kommen warmes Beige und Sand und ausdrucksstarke Holz- und Betondekore. Wenn es dann doch einmal bunter zugeht, sind die Farben eher gedeckt oder mindestens pastellig.
Bei den Materialien liegt der Fokus auf matten Oberflächen in Lack, Lacklaminat, Schichtstoff und Melamin mit insgesamt steigendem Bedarf an Anti-Fingerprint-Ausstattungen. Dazu kommt hochwertiges Echtholzfurnier, ganz vorn Eiche. Reproduktionen von Holz- sowie Beton punkten mit authentischer Farbigkeit und Textur. Selten wird alles aus einem Guss gestaltet, Kombinationen verleihen der Küche eine persönliche wie individuelle Note.
Analog zu den Möbeln zeigt die Farbpalette der Arbeitsplatten viele Grau- und Brauntöne sowie Schwarz. Gern gesehen sind Naturstein und Holz mit markanter Maserung und Struktur – ob echt, als Dekor oder originalgetreu nachgebildet aus Keramik. Schichtstoff, Holzwerkstoffe und Quarzkomposit ergänzen die Material-Range. Besonders bei dunklen matten Oberflächen wird eine Anti-Fingerprint-Ausstattung immer wichtiger.
Auch die Spüle bekennt inzwischen Farbe. Neben bewährtem Edelstahl werden Keramik und Verbundwerkstoffe deutlich attraktiver. Flächenbündig in die – na klar – dunkle Arbeitsplatte eingebaut, präsentiert sich der meistfrequentierte Arbeitsplatz oft komplett in Schwarz oder Grau, und zwar vom Exzenter bis zur Armatur. Zubehör in Form von Sieben, Ablagen und Schalen wertet die Spüle als funktionale Workstation auf, zu der im Übrigen auch das Abfallsystem für den Unterschrank zählt.
Die Armatur selbst erfüllt Profiansprüche aller Art: Ausziehbare Schlauchbrause, Trinkwasserfilter als Kombi mit Kühl-, Sprudel- und Kochendwassertechnik, Messbecherfunktion und Sensorbedienung lassen keine Wünsche offen. Ihre Form ist geradlinig und schlicht, die Farbgebung abgestimmt auf die Spüle.
Viele Einbaugeräte wie Kühlschrank und Geschirrspüler sind vollintegriert oder verschwinden hinter großen Schranktüren, wohingegen Backofen & Co meistens sichtbar bleiben. Passend zum beschriebenen Möbeltrend sind ihre Fronten fast durchgängig schwarz, die Metallanteile aus Edelstahl werden reduziert oder dunkel getönt. Das verhindert Stil-Kollisionen mit anderen aufkommenden Metallfarben wie Messing oder Kupfer.
In den Hausgeräten der neuen Generation steckt viel Hightech und künstliche Intelligenz, die im Dienst von Komfort und Kulinarik steht. Es soll alles unkompliziert und intuitiv zugehen, beispielsweise per Sprach- und Gestensteuerung. Dann reagieren Kühlschrank und Backofen auf Zuruf, einen Wink oder einen Fingertipp. Die Geräte sind miteinander und übergreifend mit der Haustechnik vernetzt, Stichwort Connectivity und Smart Home. Assistenzsysteme unterstützen bei Dosierung und Wartung, etwa beim Geschirrspüler oder dem Kaffeevollautomaten. In offenen Grundrissen wird großer Wert darauf gelegt, dass sämtliche Geräte geradezu unauffällig leise arbeiten.
Konkret nachgefragt sind bei Kühlgeräten größere Frischhaltezonen und clevere Stauraumlösungen, außerdem eine bequeme „No-Frost“-Ausstattung und ein geringer Energieverbrauch. Weinklimaschränke sollten kompakt und übersichtlich sein und getrennte Lager- und Temperaturzonen bieten. Induktion, am besten vollflächig und flexibel, macht Kochfelder schneller. Dunstabzüge sitzen über dem Kochfeld oder sind, der Mega-Trend, als Muldenlüfter in die Glaskeramikfläche integriert und reagieren idealerweise per Sensor selbstständig auf das Kochgeschehen. Backöfen, Dampfgarer und Mikrowellen sowie die populären platzsparenden Kombigeräte setzen auf vielseitige Beheizungsarten, Speed- und Automatikprogramme mit Gelinggarantie. En vogue ist Garen bei Dampf und Niedrigtemperatur mit der Sous Vide-Methode.
Festzuhalten bleibt: In der Küche schlägt das Herz des Zuhauses. Jeden Tag ergibt sich aufs Neue die Chance, die Küche den Menschen wie einen Maßanzug auf den Leib zu schneidern. Wenn er gut passt, bemerkt man ihn gar nicht. So soll auch die Küche zum selbstverständlichen Wohlfühlraum werden, in dem Kochen, Essen und Zusammenleben eine Einheit bilden.
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