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Die Roboter kommen: Wann wird der Mensch bei der Hausarbeit überflüssig?

KI ist sicherlich ein Buzz-Wort unserer Zeit, denn künstliche Intelligenz steckt in immer mehr Produkten und Diensten, die uns umgeben. Doch es gibt noch ein weiteres Technologiethema, das das Zeug hat, unser zukünftiges Leben nachhaltig zu verändern: die Robotik. Wenn es darum geht aufzuzeigen, welche Rolle Roboter zukünftig spielen könnten, dann führt kein Weg an David Reger vorbei. Er ist Gründer und CEO von Neura Robotics, einem deutschen Hightech-Unternehmen aus Metzingen. Ziel von Neura ist es, die Fähigkeiten von kollaborativen Robotern mit kognitiven Fähigkeiten zu erweitern, so dass sie in bestehenden Umgebungen mit Menschen zusammenarbeiten können. Grund genug für ein Interview mit dem Roboter-Boss aus Metzingen. 


Neura Robotics ist ein deutsches Hightech-Unternehmen aus Metzingen bei Stuttgart.
Neura Robotics ist ein deutsches Hightech-Unternehmen aus Metzingen bei Stuttgart.

In unseren Haushalten werkeln viele elektronische Helfer: Geschirrspüler, Waschmaschinen, Staubsauger, Bügeleisen … Gemeinsam ist all diesen Helfern, dass sie die Menschen unterstützen und die Arbeit erleichtern. Allerdings sind sie nach wie vor auf den Menschen bei der Bedienung, Programmierung, Einrichtung, etc. angewiesen. Wann übernehmen Roboter den Job des Geschirrspüler-Ausräumens, des Wäsche-Bügelns und wann werden sie den Müll raustragen? Auf den Punkt gebracht: Wann wird der Mensch bei der Hausarbeit überflüssig?

Das wird schneller gehen, als wir alle denken. Aber um manche lästigen Arbeiten endlich loszuwerden, wird es länger dauern, als wir es uns wünschen. In zwei Jahren werden wir sicher die ersten Haushaltsroboter auf dem Markt sehen, die uns unterschiedliche Arbeiten abnehmen können und sich später weiterentwickeln. Das ist der Unterschied zum Saugroboter, der nur staubsaugen kann.

Ein Roboter, der die Spülmaschine ein- und ausräumen kann, wird rein technisch auch in der Lage sein, Einkäufe in den Kühlschrank zu verstauen, Wasserkästen zu stapeln oder Essen in der Mikrowelle aufzuwärmen. Das Tempo wird zum großen Teil auch durch das Umfeld bestimmt. Wären wir zum Beispiel bereit, ein bisschen mehr Struktur im Haushalt zuzulassen oder Lieferverpackungen für Einkäufe zu standardisieren, so wie wir es z.B. beim Bierkasten haben, dann würden wir nicht nur die Umwelt entlasten, sondern auch den Traum vom Haushaltsroboter schneller real werden lassen.   

Der Roboter als neuer Haus- und Küchenfreund im Einsatz.
Der Roboter als neuer Haus- und Küchenfreund im Einsatz.

Der menschliche Körper ist ein Wunder

Der Einsatz von Robotern ist ja prinzipiell seit Jahren gelernt. In der Industrie unterstützen sie die Produktion, sei es bei der Herstellung kleinster elektronischer Bauteile oder mächtiger Maschinen. Was macht einen möglichen Einsatz im Haushalt besonders herausfordernd?

Die Herausforderung liegt im Grunde darin, dass der menschliche Körper wirklich ein Wunder ist und wir im Laufe der Zeit alles um uns herum an unsere unglaublichen Fähigkeiten angepasst haben. Wir gehen in eine dunkle Küche, ertasten den Lichtschalter an der Wand, während wir reflexartig über ein Spielzeug steigen, das unerwartet vor den Füßen liegt. Alles unbewusst.

Unsere Hände sind gleichzeitig äußerst sensibel, können mit nahezu jedem Messer, das wir finden, eine Zwiebel in Würfel schneiden. Dieselben Hände können kraftvoll zupackend einen schweren Wasserkasten heben und vorsichtig auf den Tisch stellen. Zugleich können wir uns umsehen, Rücksicht auf andere Menschen nehmen, ein Gespräch führen und im Hinterkopf schon den nächsten Handgriff planen – zur Not dabei über die Katze steigen, die wir nur am Bein gespürt haben. Dabei ist auch egal, ob die Küche groß oder klein ist, hell oder dunkel, bunt oder weiß.

In der Industrie hätten Roboter unter gleichen Voraussetzungen auch niemals funktioniert. Dort hat man aber die Möglichkeit genutzt, ein künstlich aufgeräumtes und strukturiertes Umfeld zu schaffen, sogar so weit, dass man Roboter hinter Zäune stellte, um Menschen vor ihnen zu schützen. Erst kognitive Roboter, die sehen, hören, tasten und lernen können, sind in der Lage, ein chaotisches Umfeld wie eine private Küche zu meistern.  

Neuer Spielgefährte …
Neuer Spielgefährte …

Immer wenn humanoide Roboter vorgestellt werden, fällt auf, dass sie häufig wie eine Kopie des Menschen wirken. Sie haben meist zwei Arme, mit menschenähnlichen Bewegungsradien und einen Kopf mit einem freundlich lächelnden „Display-Gesicht“ mit blinzelnden Augen. Könnte man diese Roboter nicht völlig anders gestalte oder gäbe es dann ein Akzeptanzproblem?

Das könnte man – und das tun wir auch. Es wird auch für den privaten Bereich Roboter in allen denkbaren Formen geben und man wählt aus, welche Bauform am besten zur Anwendung passt. Ein Serviceroboter, der Müll auf der Straße aufsammelt, kann sicher mehr als zwei Arme gebrauchen. Und zwei Beine sind eine sehr instabile Basis. Es hat seinen Grund, warum wir uns für viele Tätigkeiten hinsetzen oder abstützen, weil unsere Hände dann bessere Arbeit machen.

Es braucht also nicht jeder Roboter zwei Beine. Aber die Sache mit der Akzeptanz stimmt natürlich. Wenn es einen Kopf gibt, wissen wir sofort, wo die Augen sind, denen wir etwas zeigen wollen. Und dazu kommen praktische Dinge: Wir sind umgeben von Stufen und Treppen: Die lassen sich nun mal nur mit Beinen überwinden.

„Ich arbeite fast jeden Tag daran, Unternehmer und Politiker in Deutschland zu überzeugen, weniger über die Probleme der Automobilindustrie zu jammern und stattdessen diese Kapazitäten in die Robotik umzulenken“, David Reger, Gründer und CEO von Neura Robotics.
„Ich arbeite fast jeden Tag daran, Unternehmer und Politiker in Deutschland zu überzeugen, weniger über die Probleme der Automobilindustrie zu jammern und stattdessen diese Kapazitäten in die Robotik umzulenken“, David Reger, Gründer und CEO von Neura Robotics.

KI und Robotik sind voneinander abhängig

KI, also Künstliche Intelligenz, ist das prägende Technologiethema dieser Zeit. Robotik folgt in der Häufigkeit der Berichterstattung gefühlt erst deutlich dahinter. Haben Roboter in der öffentlichen Wahrnehmung ein Aufmerksamkeits-Defizit? Und wäre die rasante Entwicklung der Robotik ohne die ebenfalls rasanten Entwicklungen im Bereich der KI möglich?

KI und Robotik sind voneinander abhängig und beides hat auch gleichzeitig an Fahrt aufgenommen. Neura Robotics wurde 2019 gegründet, um kognitive Roboter zu bauen. Damals war in der Öffentlichkeit KI noch kein so großes Thema. Das begann mit ChatGPT und den ersten Fake-Fotos.

Jetzt ist die Zeit, wo sich beide Welten vereinen: Die Roboter brauchen KI, um lernen und interagieren zu können. Die KI braucht Roboter, um eine Vorstellung von der realen Welt zu bekommen, zum Beispiel von der Zeit oder von physischen Grenzen und Widerständen.

Der Vorsprung der KI in der Berichterstattung ist auch ein bisschen Fake. Es gab eine Zeit, da hat man auf alles KI geschrieben, wo einigermaßen fortschrittliche Software drin war, nur aus Marketinggründen. Das ist mit einem Roboter nicht so einfach. Der steht da und ist entweder erkennbar ein Roboter, oder er ist eben keiner, insbesondere natürlich bei Humanoiden.

KI und Fortschritt sind heute fast schon Synonyme. Aber da schauen manche nicht genau hin, auch in den Medien. KI ist für sich genommen eine Innovation, aber eine Innovation macht eben noch keinen Fortschritt. Im Gegenteil: Wenn KI Bilder kreiert und Bücher schreibt, macht sie uns bei Themen Konkurrenz, die uns Menschen ausmachen. Das macht vielen Angst und stört die Akzeptanz. Ich bin sicher, wenn KI durch die Verbindung mit Robotik uns plötzlich unliebsame Arbeiten abnimmt, wird das sofort anders aussehen. 

Die theoretischen Möglichkeiten für den Einsatz von humanoiden Robotern sind vielfältig: in der Industrie, im häuslichen Bereich, in der Pflege und im Gesundheitssektor beim Militär und beim Katastrophenschutz – um nur ein paar Märkte zu nennen. Wo wird es kurz- bis mittelfristig das größte Wachstum geben?

Ich gehe heute davon aus, dass wir ein starkes Wachstum in all diesen Bereichen mehr oder weniger parallel sehen werden. Das Militär war traditionell immer ein technologischer Vorreiter. Die hatten die Budgets. Bei Robotern ist das heute etwas anders. Wenn das US-Militär schon Roboterarmeen hätte, würden wir sie im Einsatz sehen. Haben sie aber nicht. Die sind also nicht viel weiter als Unternehmen, die sich einer ausschließlich friedlichen und zivilen Nutzung der Robotik verschrieben haben. Und in der zivilen Gesellschaft wird der Markt dort am schnellsten wachsen, wo der Bedarf am größten ist, sprich: dort, wo heute der größte Mangel an Arbeitskräften besteht.

Kritiker der Robotik sagen, dass Roboter Arbeitsplätze vernichten würden. Ist diese Befürchtung berechtigt?

Darf ich ehrlich sein? Allein der Ausdruck “vernichten” sagt mir, dass diese Kritiker nicht sehr sachlich unterwegs sind. Im Laufe der Jahrhunderte sind immer wieder Arbeitsplätze – wie man sagt – wegrationalisiert worden, weil es neue technische Geräte und Werkzeuge gab. Und stets gab es dann schon nach kurzer Zeit neue Arbeitsplätze in anderen Bereichen.

Haben wir in den letzten hundert Jahren unzählige Arbeitskräfte im Kohlebergbau verloren? Ja. Würde heute noch jemand gern im Kohlestaub unter Tage arbeiten, wo wir kaum noch junge Menschen für eine vergleichsweise weniger gesundheitsschädliche Handwerksausbildung wie Tischler oder Maurer begeistern können? Ich sehe heute international vor allem viele Branchen, wo Arbeitskräfte fehlen, weil niemand diese Jobs machen will.

„Wir sind in Deutschland noch nicht abgehängt“

Sind wir in Deutschland und Europa im richtigen Tempo unterwegs oder haben uns Märkte mit ausgeprägterer Technologiebegeisterung längst abgehängt?

Solange wir im Technikkaufhaus noch keinen Haushaltsroboter kaufen können, haben andere offenbar noch kein Produkt auf dem Markt. Also sind wir wohl noch nicht abgehängt. Wir haben also bei den Robotern noch eine reale Chance, nicht ebenfalls als reine Anwender zu enden, sondern als Macher den Markt zu gestalten und voranzugehen.

Tatsächlich ist es aber so, dass die Bedeutung der Robotik auch anderswo erkannt wurde und manche Länder sehr, sehr viel Geld einsetzen, um an die Spitze zu kommen. Wir in Deutschland sind – rein technologisch gesehen – in vielen Disziplinen der Robotik dagegen tatsächlich an der Spitze, da Automation und Robotik im Automobilumfeld natürlich stark gefordert waren. Ich arbeite fast jeden Tag daran, Unternehmer und Politiker in Deutschland zu überzeugen, weniger über die Probleme der Automobilindustrie zu jammern und stattdessen diese Kapazitäten in die Robotik umzulenken.