Sonntagnachmittag war bei bestem Frühlingswetter Zeit für eine erste Atempause nach Tagen im Dauer-Krisenmodus. Zeit, um in die Tageszeitungen der vorvergangenen Woche zu schauen. Das waren, zugegeben, Nachrichten wie aus einer inzwischen versunkenen Welt. Corona hatte Italien, Bayern und den Kreis Heinsberg erreicht, aber die wichtigsten Schlagzeilen drehten sich darum, ob dem Fußball Geisterspiele drohen und ob Veranstaltungen mit über 1.000 Personen vielleicht lieber abgesagt gehören …
Tempi passati. Katapultartig sind wir alle, wirklich alle, in eine neue Umlaufbahn geschossen worden, die mit den Rezepten von gestern weder zu behandeln noch zu begreifen ist. Der Verstand wie das Gefühl kommen da nicht mit. Keine Chance.
Um 7,2 bis 20,6 Prozentpunkte wird die deutsche Wirtschaft infolge des Corona-Virus einbrechen. Das bedeutet Kosten zwischen 255 und 729 Mrd. Euro. So lautet die gestern veröffentlichte Einschätzung des Münchener ifo Instituts. Die Finanzkrise war dagegen ein laues Lüftchen. ifo-Präsident Clemens Fuest: „Es lohnt sich, quasi jeden denkbaren Betrag für gesundheitspolitische Maßnahmen einzusetzen. Ziel muss es sein, die Teilschließung der Wirtschaft zu verkürzen, ohne die Bekämpfung der Epidemie zu beeinträchtigen. Strategien sind erforderlich, die es erlauben, eine Wiederaufnahme der Produktion mit einer weiteren Eindämmung der Epidemie zu verbinden.“
Gewinner? Nirgends, sofern man nicht mit Nudeln, Dauerkonserven und Toilettenpapier handelt. Selbst die Fokussierung der Vertriebsaktivitäten auf die Online-Kanäle, wie es MediaMarkt und Saturn mit aktualisierter TV-Werbung jetzt vormachen, sind nur Tropfen auf den heißen Stein, Beruhigungspillen, die mehr oder weniger verpuffen. Der Umsatz, der jetzt Tag für Tag in den Filialen verlorengeht, wird niemand online kompensieren können.
Und dennoch, der Handel zeigt fast überall eine Trotzreaktion: Wir leben noch, wir lassen unsere Kunden nicht im Stich! Der vielleicht aufbauendste Satz kam Ende vergangene Woche von der Pro-Bono-Initiative „Händler helfen Händlern“: „Die Schockstarre schnell überwinden, das Momentum nutzen, kreativ werden und Impulse für neue Businessmodelle sammeln.“
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