Die Digitalisierung verändert den Handel so grundlegend wie nie zuvor: „Unsere Art zu leben und zu wirtschaften ändert sich total – und das mit hoher Dynamik“, sagte Mathias Samson, Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Energie und Landesentwicklung zur Begrüßung der über 150 Teilnehmer aus Handel, Verwaltung, Politik und Gesellschaft. Und: „Das betrifft fundamental den Handel, der immer schon das Potenzial neuer Technologien für sich genutzt hat.“ Ob Digitale Instore-Technologien oder intelligente Touchpoints am Point of Sale, Augmented Reality oder digitale Sprachassistenten: KI hat den stationären Handel längst erreicht.
Die Digitalisierung der Gesellschaft verändert die Handelslandschaft, traditionelle Geschäftsmodelle werden immer öfter infrage gestellt. Es gilt, angesichts eines grundlegenden Wandels im Einkaufsverhalten und veränderter Kundenbedürfnisse eigene Stärken zu bewahren, sich aber gleichzeitig auch neu zu erfinden. Schon heute kommt man mit KI fast täglich in Berührung. Beispiel gefällig? Viele Services, die das Leben wie beispielsweise Google Maps vereinfachen, basieren auf KI. Vertrauen Sie in einer Ihnen fremden Stadt Ihrem Beifahrer oder der Navigation? Derweil ist das Smart Home ist in der Lage, mittels KI den Energieverbrauch zu minimieren. Und flexible Ampelschaltungen sorgen auf Grundlage aktueller Verkehrsdaten für einen effizienteren Verkehrsfluss.
Im Handel vereinfachen datenbasierte Algorithmen längst Routineprozesse, treffen Entscheidungen im Bruchteil einer Sekunde. Intelligente Sprachassistenten läuten aktuell eine neue Phase für ein vereinfachtes und erlebnisgesteuertes Einkaufen ein. Der Handel steht dabei im permanenten Wettbewerb um die optimale Ansprache der Kunden. Intelligente Systeme werden in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen, Kunden zu binden.
Staatssekretär Samson und Jochen Ruths, Präsident des Handelsverbandes Hessen, riefen wie die hochkarätigen Referenten und Experten des Handelstags dazu auf, die Chancen der neuen Technologien zu nutzen: „Gewiss wünschen sich die Kunden digital inszenierte Einkaufserlebnisse im Internet. Aber ebenso wünschen sie kompetente Beratung – die klassische Stärke des Fachhändlers. Wer beides miteinander verbindet, kann neue Zielgruppen erreichen“, so Samson. Und: „Augmented Reality und VoiceCommerce sind keine alleinige Domäne von Online-Shops. Auch der stationäre Fachhandel kann damit seinen Kunden neue Services bieten.“
„Es wird immer wichtiger, neue Erlebniswelten zu schaffen, stationär wie online“, betonte Jochen Ruths, „Gastgeber“ des Handelstages. Und: „Ziel sind starke Marken, Emotionen und Identität. Dafür sind neue Konzepte und auch Mut gefordert. Vor dieser Herausforderung stehen auch unsere Innenstädte und Quartiere.“ Echte Urbanität brauche zwar digitale Infrastrukturen, aber vor allem auch Erlebnisse und die Fokussierung auf die Bedürfnisse der Kunden und Besucher. Frank Rehme, Gründer von „Zukunft des Einkaufens“, richtet seinen Input derweil an die Akteure in den Städten: Was bietet die Innenstadt dem Besucher von morgen? Und wie gestalten wir den digitalen Kommunikationsraum einer Stadt? Seine Antwort: „Alle Macht geht vom Besucher aus. Die Innenstadt muss dem Shopper gefallen, nicht dem Politiker.“
Zu den Referenten zählte auch Thorsten Marquardt, Managing Director des Retailtech Hub von MediaMarktSaturn, der dazu aufrief, Amazon nicht als Feind, sondern als Ansporn zu betrachten. Amazon sei ein Software-Unternehmen, das mit Retail kein Geld verdiene. Sein Appell an den Handel: „Wir dürfen nicht warten! Wir müssen einfach mal machen, einfach mal anfangen und den Mut haben, uns zu öffnen und zu testen.“ Das geht mit starken Partnern und dem Retailtech Hub im Rücken (von 400 Start-ups, die sich präsentieren, bleiben am Ende zehn übrig, die ins Programm aufgenommen werden) natürlich einfacher.
Dennoch zeigte sich Marquardt, gerade mit Blick auf den beim MediaMarktSaturn verpennten Einstieg in den Multichannel-Handel und das Personal-Beben an der Spitze des Unternehmens in den vergangenen Wochen äußerst selbstkritisch: „Wir waren über Jahre in Feierlaune, plötzlich war die Welt vernetzt und unsere Preis-Leadership war weg.“
Marquardt setzte einen Schwerpunkt seines Wiesbadener Vortrages auf das Thema Kundenorientierung: „Wir hören den Kunden immer noch zu wenig zu. Wir haben sechs Millionen Kundenkontakte, und wir wissen nichts.“ Dennoch strahlte er vor allem Optimismus und das „einfach mal machen“-Gen aus, denn: „Es wird immer einen Point of Sale geben, das Bedürfnis, die Produkte im stationären Handel zu erleben, bleibt.“ Auch wenn alle noch nicht da seinen, wo sie hin wollen, und auch wenn es nicht die eine richtige Antwort gibt, sondern viele, zwei Erfolgsfaktoren wirken auf jeden Fall: Einkaufserlebnis und Service!
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