Patrick Döring hat zum 1. Juli 2020 den Vorstandsvorsitz von Wertgarantie übernommen. Im Gespräch mit infoboard.de zieht er eine persönliche Bilanz nach den ersten 120 Tagen, spricht über Digitalisierung, Smart Home und Nachhaltigkeit – und was ihm aus seiner Zeit in der „großen Politik“ bei seiner neuen Aufgabe hilft.
Herr Döring, wie entwickelt sich Wertgarantie im Corona-Jahr 2020 bisher?
Es sind schon ganz besondere Zeiten, die zahlreiche neue Themen in unseren Fokus gerückt haben. So setzen wir im Unternehmen nun verstärkt auf mobiles Arbeiten bzw. ‚FlexWork‘, ‚Direct Services‘ für die Kunden bei geschlossenem Handel sowie digitale vertriebliche Unterstützung unserer Partner. Dies alles hat die Organisation ganz schön gefordert. Und dennoch sind wir mit dem Verlauf des Jahres zufrieden, weil wir mit unseren Partnern weiter wachsen konnten.
Während des Lockdowns dürfte der Handel kaum Versicherungen verkauft haben, andererseits boomte das Geschäft mit den Reparaturen …
Unsere Partner sind ja meist auch serviceorientiert, so dass wir während des Lockdowns nicht auf null gefallen sind. Zudem haben wir im Frühjahr mit unserem Online-Seminar „Verkaufen in Zeiten geschlossener Geschäfte“ zusätzliche Impulse geben können und viel positive Resonanz erfahren. Und unsere steigende Integration in den Online-Strecken der Partner haben auch geholfen, uns zu stabilisieren.
Neben der Weiterführung und -entwicklung der erfolgreich auf den Weg gebrachten Maßnahmen in den Arbeitsfeldern Digitalisierung und Nachhaltigkeit dürfte die Corona-Pandemie die derzeit mit Abstand größte Herausforderungen sein. Wie gehen Sie damit im ureigenen Geschäftsalltag von Wertgarantie, aber auch in der Kommunikation mit dem Handel damit um?
Corona ist omnipräsent, keine Frage. Die Pandemie wird die Arbeit bei Wertgarantie nachhaltig verändern, wir stellen uns hier auf ‚FlexWork‘ und dauerhaft 40% mobiles Arbeiten bei gleicher Produktivität ein. Das fordert die IT ebenso wie die Führungsmannschaft, denn das verändert auch die Kommunikation im Unternehmen.
Wir wollen die besondere Serviceorientierung von Wertgarantie zu Kunden und Partnern nicht gefährden. Welche Spuren die Pandemie allerdings im Handel, in den Innenstädten und beim Konsumklima hinterlassen wird, lässt sich nur erahnen. Bisher schlagen sich die Branchen in denen wir aktiv sind – CE und Rad – aber sehr gut.
Der Handel für Consumer & Home Electronics hat in der Krise gezeigt, dass er sich weiterentwickelt. Mit Ihren Produkten und Trainingskonzepten bieten Sie dem Handel eine Unterstützung bei dem an, was Kunden heute mehr denn je erwarten: persönliche Ansprache, Service und Dienstleistung. Das geht weit über den Vertrieb der klassischen Garantieversicherung hinaus…
Ja, und das soll es auch. Wer gut Wertgarantie vermarktet, kann auch alles andere gut vermarkten. Das ist der Mehrwert unserer Trainings und der Akademie.
In der FAZ haben Sie Anfang September sinngemäß gesagt, das die Schulungen Ihres Unternehmens nicht nur ein Verkaufstraining für Garantieversicherungen ist, sondern das daraus auch bessere Verkäufer werden. Wie bekommt Wertgarantie – neben Referenten, die überzeugen und Händlern, die sich überzeugen lassen – das hin?
Wertgarantie hat den eigenen Erfolg maßgeblich der guten und sich stetig weiter entwickelnden Partnerschaft mit dem Fachhandel zu verdanken. Die gesamte Organisation denkt immer nicht nur vom versicherten Kunden, sondern auch vom Partner her. Das ist aus meiner Sicht der wesentliche Erfolgsfaktor.
„Ohne Zusatz-Dienstleistungen wie die von Wertgarantie sind wir eigentlich gar nicht mehr überlebensfähig.“ – ein Satz, den wir im Händlergespräch immer wieder zu hören bekommen. Das müsste Sie einerseits hoch erfreuen, andererseits liegt damit auch eine hohe Verantwortung fast für eine komplette Branche auf Ihren Schultern…
Unsere Angebote müssen immer Kundennutzen und Renditeerwartung des Handels berücksichtigen. Wir achten sehr darauf, dass die Leistungserbringung für den Kunden nicht als Störung, sondern als Chance verstanden wird, Leistungsfähigkeit zu beweisen. Und bei unrealistischen Renditeerwartungen von potentiellen Partnern stehen wir auch nicht zur Verfügung.
Was sind Ihre Ziele und Pläne mit Wertgarantie für das Jahr 2021?
Wir wollen auch 2021 weiter ertragreich wachsen. Wir wollen unsere Anbindung zu den Online-Shops deutlich verbessern und beweisen, dass eine nützliche Versicherung auch im Online-Shop zu vermarkten ist. Wir werden zudem unsere Akademie erweitern und noch besser machen. Zusätzlich wird Wertgarantie frischer mit einer neuen Bildsprache die Leistungsfähigkeit in den Mittelpunkt der Kommunikation stellen.
Ob Cyberschutz oder E-Bikes – Wertgarantie hat ein Gespür für große, prägende Trends …
Sagen wir mal so: Wir hören unseren Partnern gut zu, sind selbst in den Märkten tief verankert, und wir sind meist schneller und mutiger, die Trends in Produkte zu übersetzen. Das ist unsere DNA, und auf die sind wir sehr stolz.
… ist Smart Home das nächste große Dinge, dass es zu versichern gilt?
Bestimmt, wenn sich Smart Home-Lösungen in der Breite beweisen und aus der „Technikverliebtheit“ ein wenig herauskommen. Viele begeisterte Kunden unserer Partner nutzen ja einzelne Komponenten, aber die Komplettlösung für die gesamte Haus-Infrastruktur ist ja sehr noch selten. Das wird noch dauern, aber wir sind vorbereitet. Zudem bieten sich unsere „3 für 2“ bzw. „5 für 5“-Angebote bereits sehr gut an, auch Smart Home-Komponenten schon jetzt zu versichern.
Wo liegt aktuell Ihr Fokus bei den Digitalisierungsbemühungen?
Wir haben seit September unseren Web-Auftritt in Deutschland komplett renoviert, das Partnerportal wird modernisiert, unsere Schadenabwicklung für Partner und Kunden stetig verbessert. Das sind wichtige und auch große Projekte. Und dann müssen wir Omnichannel im Vertrieb auch technisch umsetzen, sei es in Online-Shops der Partner oder bei Etailern.
Sie experimentieren auch mit dem Vertriebsweg „Alexa“. Ist das eine realistische Zukunftsoption? Vor allem aber: Untergräbt das nicht auf Dauer die Trainings Ihrer Partner im Handel?
Wir sollten sichergehen, dass man uns auch auf diesem Wege findet. Wir wehren uns gegen keinen neuen Kunden. Direktvermarktung war aber nie unser Fokus. Wir sind dennoch überzeugt, dass gerade Servicebedarf im Reparaturfall und Kostenübernahme durch den Versicherer durchaus im Zusammenspiel technische Lösungen bieten kann, um unsere gemeinsamen Chancen im Markt zu nutzen.
Es ist ein Unterschied, ob der Kunde beim Kauf im stationären Handel die Garantie von einem gut informierten Verkäufer empfohlen bekommt oder ob im Internet ein zusätzliches Fenster aufgeht …
Absolut! Genau deshalb investieren wir in unsere Trainingsprogramme, die Akademie und haben einen leistungsfähigen, großen Außendienst zur optimalen Betreuung. Wir haben trotz Corona jede Menge neue Partner gewonnen – das spricht doch für uns.
Was bedeutet nachhaltiges Handeln für die Wertgarantie Group? Sie sorgen ja u.a. dafür, dass repariert wird, anstatt wegzuwerfen. Gerade in Zeiten von Home-Office und Home-Schooling sind viele Geräte vom Laptop über den Kaffee-Vollautomaten bis zur Geschirrspülmaschine einer hohen Belastung ausgesetzt …
„Reparieren statt Wegwerfen“ ist Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie einerseits und das Wesen unserer Produktwelt andererseits. Wenn Kunden sagen, sie scheuen die Reparatur wegen der zu erwartenden Kosten, dann kann Wertgarantie die Sorgen nehmen. Auch unsere Fachhandelspartner profitieren davon, da die Techniker besser ausgelastet sind. Und jede einzelne Reparatur vermeidet Elektroschrott und CO2-Emission.
Sie waren von 2009 bis 2013 Mitglied des FDP-Bundesvorstandes, übten hohe Parteiämter als Schatzmeister und Generalsekretär aus. Vermissen Sie die große Politik?
Nein! Ich freue mich über das Vertrauen des Aufsichtsrates von Wertgarantie und sehe den kommenden fünf Jahren mit Freude entgegen.
„Verkaufen“ müssen Sie in beiden Jobs, in der Politik wie bei Wertgarantie. Haben Sie aus der „großen Politik“ etwas mitgenommen, das Ihnen jetzt hilft?
Ein politisches Amt und ein öffentliches Mandat müssen mit Verantwortungsbewusstsein ausgeübt werden, so wie die Führungsämter im Unternehmen auch. Kompromissbereitschaft, Führungswille und Belastbarkeit verbinden beide Welten. Insofern war die Zeit sehr wertvoll, auch für meine Aufgabe jetzt.