7 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ermöglicht es Unternehmen, auch ohne ausdrückliche Einwilligung von Kunden Werbung mittels E-Mail zu betreiben. Auf die Besonderheiten, die zu erfüllen sind, sollen in diesem Beitrag eingegangen werden.
7 Abs. 3 UWG hat (Stand heute) folgenden Wortlaut und damit zu erfüllende Voraussetzungen:
(3) Abweichend von Absatz 2 Nummer 3 ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn
Sie sehen also, dass der Gesetzgeber Ihnen zwingend vier zu überspringende Hürden „in den Weg stellt“, die Sie überwinden müssen, um hier rechtskonform zu handeln.
Die Hürden müssen kumulativ übersprungen werden, sprich: Scheitern Sie an einer Hürde, ist die Werbung nicht rechtskonform. Von vielen Unternehmen wird die Ansicht vertreten, nur eine Voraussetzung muss erfüllt sein, um auch ohne ausdrückliche Einwilligung von Kunden E-Mail-Werbung betreiben zu können.
Dies ist ein Irrglaube. Sie müssen alle Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 kumulativ erfüllen, um sich auf den Tatbestand berufen zu können. Fehlt nur eine Voraussetzung, ist die E-Mail-Werbung rechtlich unzulässig und Sie setzen sich möglichen Ansprüchen auf Unterlassung aus.
Folgende vier Hürden sind zu überspringen:
Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn Sie mit dem Kunden einen Vertrag geschlossen haben – und zwar jegliche Art von Vertrag. Dabei reicht es aus, dass die Angabe nach Vertragsschluss während der Abwicklung des Vertragsverhältnisses erfolgt. Zu beachten ist weiterhin, dass Sie im Streitfall beweisen müssen, dass Sie die E-Mail-Adresse aus einem Vertrag mit dem Kunden erhalten haben.
Überdies kann die Verwendung von E-Mail-Adressen nach einer gewissen Zeit ab Datum der Angabe durch den Kunden unzulässig werden. So wird zum Teil die Ansicht vertreten, dass eine erstmalige Nutzung zwei Jahre nach Erhebung unzulässig ist. Genauso wird die Ansicht vertreten, dass eine E-Mail-Adresse, die Sie während der laufenden Zeit der gesetzlichen Gewährleistung erhalten, Sie nicht dazu bringen darf, an diese E-Mail-Adresse Werbung zu schicken. Ob die Versendung dann rechtlich unzulässig ist, ist im Einzelfall der Würdigung von Gerichten vorbehalten.
Was ist unter der Ähnlichkeit zu verstehen? Ähnlich sind Waren und Dienstleistungen, die Grundlage des Vertrages waren, während Sie die E-Mail-Adresse erlangt haben, und die Waren und Dienstleistungen, die Sie bewerben wollen, wenn diese substituierbar (austauschbar) sind.
Dies bedeutet, dass die zu bewerbenden Waren dem gleichen erkennbaren oder doch typischen Verwendungszweck oder Bedarf des Kunden entsprechen wie die Waren oder Dienstleistungen, die der Kunde bereits erhalten oder in Anspruch genommen hat. Ob dies der Fall ist, ist im Einzelfall der Würdigung von Gerichten vorbehalten.
So kann z.B. die Versendung einer E-Mail-Werbung für Druckerpapier unzulässig oder zulässig sein, wenn Ihr Kunde zuvor einen Laserdrucker erworben hat. Unzulässig ist aber auf jeden Fall die Versendung einer E-Mail-Werbung für Druckerpapier, wenn Sie Ihrem Kunden zuvor ein paar Joggingschuhe verkauft haben.
Überdies ist ganz wesentlich, dass der Kunde der Verwendung seiner im Rahmen des Vertrages angegebenen E-Mail-Adresse für die Übersendung von Werbung nicht widersprochen hat. Dieser Widerspruch kann ausdrücklich („Hiermit widerspreche ich…“) oder durch konkludentes, also schlüssiges Verhalten erfolgen. Letzteres wäre der Fall, wenn Sie aus den Angaben des Kunden entnehmen können, dass dieser keine weiteren E-Mails mit Werbung erwünscht.
Wichtig ist, dass Sie als Unternehmen tatsächlich einen Zugang des Widerspruchs verzeichnen können. Diesen Zugang muss der Kunde dann beweisen, um im Falle einer erneuten Übersendung von Werbung einen Anspruch auf Unterlassung begründen zu können.
Aber: Der Widerspruch des Kunden muss klar und deutlich sein und kann sich immer nur auf eine konkrete E-Mail-Adresse beziehen. Ihnen kann nicht zugemutet werden, alle erdenklichen E-Mail-Adressen für die Verwendung von Werbung zu sperren (so zuletzt Kammergericht Berlin, Urteil vom 31. Januar 2017, Az.: 5 U 63/16).
Dies ist wesentlich und wird oftmals, so die Erfahrungswerte in der rechtsberatenden Praxis, erheblich mit der Folge vernachlässigt, dass wegen des Fehlens der Erfüllung dieser Hürde ein erfolgreiches Berufen auf die gesetzliche Regelung ausscheidet und die Übersendung der E-Mail damit rechtswidrig gewesen ist.
Praxistipp: Fügen Sie bei der Erhebung der E-Mail-Adresse und jeder Verwendung (z.B. Newsletter, Kundenbewertungen) folgenden Hinweis in Ihre bestehenden Texte ein:
„Der Nutzung Ihrer E-Mail-Adresse für die Übersendung des Newsletters / der Absendung von Kundenbewertungen können Sie jederzeit entweder vollständig oder für einzelne Maßnahmen widersprechen, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.“
Die sicherere Variante der Einholung einer Einwilligung sollte immer der Möglichkeit der Anwendung des § 7 Abs. 3 UWG vorgezogen werden. Das Risiko, einer der vier Voraussetzungen nicht erfüllen zu können, steht in keinem Verhältnis zu den Möglichkeiten, den Kunden um seine E-Mail-Adresse zur Verwendung für Werbung zu bitten.
Autor: Rolf Albrecht, Lünen, IT-Recht-Lehrbeauftragter, Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Gewerblichen Rechtsschutz, leitet die volke consult GbR, www.volke.legal
Quelle: E-Mail Forum vom 19. März 2018
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