Branding bedeutet Fühlen statt Fachsimpeln. Drei starke Tipps, wie bei Kunden mit Geschichten das Kopfkino ausgelöst wird und Emotionen geweckt werden.

Von einem 5-Sterne-Hotel in Frankfurt habe ich mir bessere Stifte erwartet gehabt. Ich halte den Kugelschreiber mit ausgestrecktem Arm vor mich hin: „Oliver, das Ding sieht schon von Weitem aus, als besteht es aus glitschigem Plastik!”

Mein Sitznachbar nickt verständnisvoll, wirft einen reflexartigen Blick nach vorne, dann senkt er seinen Kopf wieder gelangweilt auf Augenhöhe des Bildschirms seines Laptops.

Dort vorne steht gerade der Marketing-Chef eines Data-Security-Unternehmens, hinter ihm die Webseite der Firma auf der Projektionsfläche. Sieben (!) gelbe Trichter blinken darauf, mir unbekannte Abkürzungen in Rot stehen darin, aber kaum jemand schaut hin.

Die bittere Wahrheit ^

Fühlen auch Sie sich gelangweilt beim Anblick vieler Webseiten, Newsletter und Social-Media-Kanäle von Unternehmen? Vielleicht auch von Ihren eigenen? Wann haben Sie sich das letzte Mal gefragt: „Mensch, warum ist das so? Die Idee dahinter, die ist doch toll!”

Als ich durch den Stift des Hotels von der Data-Security-Webseite abgelenkt war, dämmerte mir das „Warum?” von Neuem: Ich fühle bei der Marke nichts. Und wer bei einer Marke nichts fühlt inmitten von Fachbegriffen, Fachtexten und Fakten, der hört nicht hin.

Überlegen Sie für einen Moment: wie viele Verträge werden bei Ihnen nicht unterschrieben, weil Ihr Kunde seine Customer Journey vor Ihrem Abschluss aus „Gefühlslosigkeit” zu Ihrer Marke abbricht?

Der Vorschlag ^

Ich schlage Ihnen vor: Probieren Sie Branding doch einmal mit einer Story, die auf der emotionalen Tastatur Ihrer Kunden die richtigen Töne trifft. Als Vertriebler und Schauspieler zeige ich Ihnen diese drei Tipps dazu!

Tipp Nr. 1: Triggern Sie Kopfkino ^

„Stellen Sie sich vor, …”

„Erinnern Sie sich an …”

„Denken Sie an das letzte Mal …”

Wenn Sie ein Gefühl zu einem Thema besitzen, haben Sie ein Bild dazu in Ihrem Kopf. Erinnern Sie sich an das letzte Mal, als Sie von einem Personalvermittler per E-Mail gehört haben. ,Die Lebenslaufschubser stellen sich wieder bei mir vor!’ denken Sie sich, klicken auf das Papierkorb-Symbol und weg ist sie, die lästige Anfrage zu einem Telefonat.

Machen wir den Gegenvergleich ohne Story: „Personalvermittler kämpfen mit einem Problem: mit ihrer Glaubwürdigkeit. Menschen, die eine neue berufliche Herausforderung suchen, sehen oftmals nicht den Mehrwert eines Vermittlers und vermuten, dass sie als Kunde nur ein Name unter vielen sind.”

Sie sehen: Die Story malt ein klares Bild in Ihren Kopf. Sie kennen die Situation aus eigener Erfahrung und Sie erinnern sich an das verbundene Gefühl. Ohne Story kommt Ihnen kein klares, mit einem Gefühl verbundenes Bild in den Sinn. Die Begriffe „Glaubwürdigkeit”, „Mehrwert”, „ein Name unter vielen” bedeuten für unterschiedliche Menschen unterschiedliche Dinge.

Mein Tipp daher: Triggern Sie Kopfkino!

Tipp Nr. 2: Fragen bilden emotionale Übergänge ^

Was würden Sie tun, wenn Sie sich nicht nur sagen: „Ich schaue mir gemütlich an, was ich anderswo jobtechnisch wert bin“, sondern zugeben müssten: „Ich brauche dringend einen neuen Job, aber ich finde keinen verlässlichen Vermittler!“

Würden Sie die E-Mail des Vermittlers aus dem digitalen Papierkorb holen und doch seine Nummer wählen? Nur mit Bauchschmerzen, oder?

„Und genau deswegen möchten wir Ihnen unser Team vorstellen. Stellen Sie sich vor…”

Stories besitzen Übergänge, von einer Szene in die nächste. Nutzen Sie diese „Tunnel”, um Fragen direkt an Ihre Kunden zu richten: „Was würden Sie tun…?”

Wenn Sie Ihre Marke persönlich vorstellen, setzen Sie nach Ihrer Frage eine prägnante Pause! Geben Sie Ihrem Kopfkino Raum, eine emotionale Reaktion bei Ihrem Publikum auszulösen!

Mein Tipp also: Bleiben Sie emotional, auch bei Ihren Übergängen von einer Story-Szene in die nächste! Ansonsten droht Ihnen ein Kunde zwischen den „Tunneln” abhanden zu kommen.

Tipp Nr. 3: Relation hinter Zahlen zeigen ^

Sie können sich fragen: „Herr Grytzmann, was kommt nach meinem Übergang an Story-Inhalt? Mit meinen Zahlen kann ich doch nur fachsimpeln!”

Storytelling und Zahlen haben etwas gemeinsam: Sie betreffen Menschen. Geschichten erzählen von Menschen, ihren Erlebnissen und emotionalen Eindrücken. Zahlen tun dies auch, ob von Jobverlusten, Produktionsraten oder Umsatzzahlen die Rede ist. In jedem Fall betreffen diese Zahlen Menschen, Ihren Erlebnissen und Reaktionen auf diese Ereignisse. Der Vorteil von Stories gegenüber blanken Zahlen lautet: Geschichten sind sofort verständlich, die Logik hinter Zahlen müssen Sie sich erst erschließen.

Mein Tipp daher: Wenn Sie Ihre Marke mit Zahlen stärken wollen, gehen Sie die beiden ersten Tipps nacheinander durch. Schaffen Sie Kopfkino mit einer Story der Menschen, die die Zahlen betreffen. Nutzen Sie die Übergänge der Story, um Ihren Kunden mit einer Frage direkt emotional anzusprechen.


Autor Oliver Grytzmann, Candid Rhetorics, Frankfurt / Main, ist Vertriebsexperte, Schauspieler und aktuell Finalist der European Championships of Public Speaking bei Toastmasters International.

Quelle: E-Mail Marketing Forum vom 29. April 2019

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