Die leidenschaftliche Hobby-Köchin unterstützt Unternehmen bei der Sortimentsgestaltung, bei exklusivem Produkt-Scouting, Sourcing und USP-basierter Produkt-Positionierung. Im Interview mit infoboard.de-Chefredakteur Matthias M. Machan spricht sie über den Charakter starker Marken, Trends im Lebensraum Küche und wie die Innenstädte die aktuellen Frequenzverluste auffangen könnten.
Sie nennen Ihr Consulting-Unternehmen USP-Products. Was ist denn Ihr persönliches USP?
USP Products beschreibt meine Tätigkeit eigentlich am besten, da es nicht einfach darum geht, irgendein Produkt zu finden, zu entwickeln und bei der Vermarktung zu unterstützen, es geht vielmehr um ein „must have“, um Exklusivität.
Meine Domäne ist der Verkauf über Emotionen, etwa das Hervorheben von besonderen Eigenschaften oder auch besonderen Rahmenbedingungen wie nachhaltige Erzeugung oder eine besondere Tradition. Hier aus verschiedenen Blickwinkeln und unvoreingenommen in die Suche einzusteigen, sind neben der Marktbeobachtung ein Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung. Dabei muss das Produkt immer zur Zielgruppe passen. Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler!
Marken brauchen einen eigenen Charakter: Welchen Charakter hat die Marke „Silke Rosenbaum“?
Die wohl größten Stärken sind mein Auge und mein Gespür für das Besondere bei einem Produkt sowie das Erkennen von Zusammenhängen. Ich stehe für Leidenschaft, Ehrgeiz und Durchhaltevermögen. Ich liebe das, was ich tue und bin mit Passion dabei. Mein Ziel ist es, Unternehmen nach vorne zu bringen, nicht nur eine Dienstleistung zu verkaufen.
Sie waren viele Jahre Leiterin Einkauf beim Spezialversandhaus Hagen Grote Wie kam es zum Wechsel in die Selbstständigkeit?
Ich möchte mein Knowhow mehr Unternehmen zur Verfügung stellen und mich dabei stärker auf den Bereich Produktfindung und Produktentwicklung sowie der Kreation von Eigenmarken widmen, dafür blieb aber leider immer zu wenig Zeit.
Als Branchen-Insiderin bringen Sie über 25 Jahre Einkaufs-Expertise und ein fundiertes Produkt-Know-how rund ums Kochen und Genießen mit. Wovon können Ihre Auftraggeber profitieren?
Dass ich Bestseller und Eigenmarken kreiere, dass man gemeinsam mit den Kunden Trends setzt, dass Produkte so ausgelobt werden, dass die Kunden den Nutzen für sich erkennen. Meine Auftraggeber profitieren von meiner Schnelligkeit und der Kreation von Kampagnen, Katalogen und Werbemitteln. Ich liebe ich die Kombination des Kreativen mit der Zahlenwelt.
Was sind die Trends im Lebensraum Küche?
Ganz vorne steht, sich gesund zu ernähren, aber auch das Thema „selber machen“, sei es in der Küche oder im eigenen Garten. Natürlich ist auch die Nachhaltigkeit ein Top-Thema, wobei es aus meiner Sicht eher ein gutes Zusatzargument ist.
Wenn das Produkt über den Nutzen hinaus auch zur Nachhaltigkeit beiträgt, fördert dies sicherlich die Kaufentscheidung. Indes: Eine nachhaltig produzierte Pfanne, die kein gutes Bratergebnis liefert, bringt mir ja nichts. Dass Produkt muss stimmen, die Funktionalität steht über allem.
Beruf oder Berufung: Wie steht es bei Ihnen mit der Liebe zum Kochen?
Früher habe ich immer gesagt, dass ich mein Hobby, das Einkaufen, zum Beruf gemacht habe. Essen und Trinken ist nach der Familie das Schönste, was man tun kann. Dies dann im hochwertigen Bereich zu tun, ist umso toller. Somit habe ich zwei Leidenschaften miteinander verbunden.
Was macht bei Ihnen die Küche zum Lieblingsplatz?
Hier trifft sich die Familie. Beim Kochen und Backen kann ich prima abschalten. Es ist für mich Seelenbalsam stundenlang zu Kochen, dabei neue Dinge auszuprobieren, neue Produkte zu testen.
Es gab mal eine Zeit, da hätte ich jedes halbe Jahr eine neue Küchenwaage kaufen können, da es immer wieder neue Waagen mit anderen tollen Funktionalitäten gab. Drei hatte ich dann auch tatsächlich im Schrank. Und auch bei Elektrogeräten, insbesondere Küchenmaschinen, könnte ich mich regelmäßig austoben.
Kochen Sie gerne?
Ja, sehr gerne, denn frisch zu Kochen ist mir ungeheuer wichtig. Ein Lieblingsgericht habe ich nicht. Ich probiere sehr viel aus. Ich liebe Fischklößchen in Safransauce aber auch Lachsklößchen, geschmorte Bäckchen oder ein tolles Steak …
Was zieht bei der Kaufentscheidung: Der Name der Marke, das Design, der Produktnutzen oder der Preis?
Für mich steht an erster Stelle immer der Nutzen, dann die Marke, das Design und erst danach der Preis. Wenn eine Marke irgendwann ihren Nutzen vernachlässigt, wird sie auf Dauer keinen Erfolg haben.
Produkte und Sortimente, Marken und Eigenmarken zu entwickeln und zu vermarkten, ist Fokus ihrer Beratung. Wie geht das konkret?
Die Ausgangsbasis ist sicher die Positionierung des Kunden im Markt. Ferner, wer sind die jeweiligen Kunden, wie hat sich das Unternehmen in den vergangenen Jahren entwickelt? Auch die Aufstellung der Unternehmen mit Blick auf die Fokusthemen ist ein Aspekt. Steht eher die Marke, der Preis oder der USP im Vordergrund?
Nach Klärung der Rahmenbedingungen und Festlegung eines gemeinsamen Fahrplans geht es ans Abholen der Stakeholder. Die Mitarbeitenden beim Kunden sollen mich nicht als Konkurrenz, sondern als Partner, Coach und Möglichmacher sehen.
Apropos USP: In vielen Kleingeräte-Segmenten herrscht fröhliches „me too“. Wie wird ein Gerät „unique“?
Es ist schade, wenn Hersteller gleichzeitig mit dem augenscheinlich gleichen Artikel auf den Markt gehen. Meist wird durch unterschiedliche Preise und Aktionen der Markt schon von vorne herein kaputt gemacht. Ein schönes Beispiel dafür sind die Sous-Vide-Sticks, eigentlich ja mal eine tolle Neuheit. Ich benötige aber keine 100 Sous-Vide-Sticks, auch keine 180 Milchaufschäumer oder Eierkocher auf dem Markt.
Wie wird ein Gerät einmalig? Beispielsweise mit Zusatzfunktionen, die man klar benennen sollte. Ein schönes Beispiel ist ein Reiskocher, der auch die Kunst des Risotto-Kochens beherrscht oder gar „low carb“ Reis herstellt. Oder nehmen Sie die Eierkocher: Wenn diese auch pochierte Eier herstellen können, dann sind es echte Problemlöser.
Jedes Produkt, das ich empfehle, hat etwas Besonders, eine Unique Selling Proposition. Dieses unterscheidet es von anderen Produkten, macht es gar herausragend. Das Alleinstellungsmerkmal zu entdecken, ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Vermarktung.
Was waren die wirklich aufsehenden Innovationen der vergangenen Jahre?
Vor vielen Jahren waren das für mich die Gasgrills. Jetzt sind das aus meiner Sicht die Elektrogrills, die auch hohe Temperaturen schaffen. Spannend auch die Kombi aus Grill und Ofen oder ein Pasta-Vollautomat mit automatischer Wasserzufuhr und inklusive Trocknung der Pasta.
Wie hat die Pandemie das Leben in den eigenen vier Wänden verändert, was sind die Schlüsse daraus für Hausgeräteanbieter?
Es wird wieder mehr gekocht und gebacken, also selbst gemacht. Hausgeräte müssen den Kunden daher einen echten Mehrwert bieten, der über den reinen Nutzen des Produkts hinausgeht.
Sind attraktive Marken und Produkte Frequenzbringer und „Innenstadt-Retter“?
Denke, dass die Innenstadtretter eher Konzepte sind die in die Freizeitrichtung gehen, sowie Eventgastronomie, dies wird aus meiner Sicht aber nicht alle Innenstädte retten. Besondere Erlebnisse schaffen, sich von der Masse der Angebote abheben, einfach Mehrwerte bieten.
Wie nehmen Sie die Marken der Hausgeräte-Industrie wahr? Nutzen die Marken Ihr Potenzial?
Die großen Player haben alle eine Kernkompetenz. Sie haben es geschafft, eine Top-Marke zu kreieren, das Vertrauen der Verbraucher mit einer Affinität zu den jeweiligen Produkten zu erlangen. Dass sich diese Unternehmen sich die Jahre im Portfolio und weitergehenden Dienstleistungen entwickelt haben, ist eine respektable Leistung.
Die „Newcomer“ haben derweil die Nischen gefüllt, die ihnen gelassen wurden und sich auch schnell bei Leistung, Optik und Funktion weiterentwickelt. Neue Anbieter haben häufig mehr Mut, was die Einführung von neuen Produkten angeht. Sie sind disruptive Marktteilnehmer.
Meine Erfahrung: Je größer die Marke, desto unbeweglicher werden sie und drängen dabei in Richtung Massenmarkt und auch eher Massentauglichkeit ab. Grundsätzlich denke ich, dass sich alle Unternehmen, alle Marken immer wieder hinterfragen und immer wieder neu erfinden müssen. Einige haben schon eine beeindruckende Transformation geschafft, aber einige eben auch nicht. Wichtig ist, nicht mit den Kunden zu altern. Denn dann stirbt man mit der Kundschaft aus.
Wer durch die Innenstädte geht, sieht immer öfter Geschäftsaufgaben. Sind mehr Gastronomie, mehr Aufenthaltsqualität, mehr inhabergeführter Einzelhandel, mehr Pop-up-Stores, weniger uniforme Formate ein Ansatz, wieder Leben in die Fußgängerzone zu bringen?
Ja, unbedingt. Ich kann beispielsweise „Galeria“ so langsam nicht mehr sehen. Hier wird gefühlt nur über Preis, Preis, Preis verkauft. Das ist auf die Dauer langweilig und spricht mich als potentielle Käuferin auch irgendwann nicht mehr an. Da gehe ich, wenn überhaupt, nur noch zur Bedarfsdeckung hin.
Durch Corona wie auch den Krieg in der Ukraine wird das Innenstadtsterben stark beschleunigt. Dadurch habe ich als Kunde noch weniger Auswahl in der City, was wiederum das Sterben beschleunigt – ein echter Teufelskreis.
Welche Präsentationsideen und Konzepte machen den Einkauf zum Erlebniseinkauf?
Indem man sich mehr Mühe bei der Präsentation der Key-Artikel gibt, indem man die Saison-Themen kompetent spielt und die Kunden wirklich berät. Die Kunden wollen regelmäßig Neuheiten sehen. Somit muss ich als Händler auch immer wieder neue Dinge präsentieren, dies dann auch möglichst ansprechend.
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