Markt & Branche

ElectronicPartner sagt „sorry“ und erfindet Medimax (fast) neu

Wenn ElectronicPartner wie am vergangenen Donnerstag zum jährlichen Branchentreff ruft, hat das ein bisschen was von einem Klassentreffen. Dass sich in diesem Jahr aber das „Who is who“ der Industrie fast geschlossen im Rheinlandsaal des Düsseldorfer Hotels Hilton versammelt hat, hatte seinen guten Grund: Nach der zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt (Weihnachtsgeschäft) erfolgten Absage der Vernunftehe zwischen Medimax und notebooksbilliger.de brodelte die Gerüchteküche kräftiger denn je.
Die bislang getrennt voneinander agierenden Strukuren der Fachhandelschiene EP: und Medimax werden intern eng miteinander verschmolzen.
Die bislang getrennt voneinander agierenden Strukuren der Fachhandelschiene EP: und Medimax werden intern eng miteinander verschmolzen.

Das Jahr 2018: Vom Hoffnungsträger zum Albtraum ^

Grund genug für die beiden Vorstände Karl Trautmann und Friedrich Sobol, die Flucht nach vorne anzutreten und die Industrie – losgelöst von der Frühjahrmesse – gut einen Monat früher als gewohnt über das Wohl und Wehe der Verbundgruppe zu informieren. Beide versuchten auch erst gar nicht, um den heißen Brei herumzureden, sondern blickten mit klaren Worten zurück auf das Jahr 2018, das sich, so Karl Trautmann, „vom Hoffnungsträger zum Albtraum“ entwickelte. Trautmann: „Der elendig heiße Sommer drückte die Kauflust gegen Null.“

Zwar hat sich ElectronicPartner vor allem dank der Fachhandelsmarke EP: auch weiterhin in einem schwierigem Marktumfeld behauptet, aber die Entwicklung bei Medimax war im vergangenen Jahr „unbefriedigend“. So unbefriedigend, dass man im vergangenen September in der Kooperation mit notebooksbilliger.de „den besten und einzigen Weg zum Erfolg“ gesehen hat. Tempi passati!

Medimax: Denn Sie wissen nicht, was Sie tun ^

„Denn Sie wissen nicht, was Sie tun“, zitierte Sobol ein knappes halbes Jahr später den Film-Klassiker mit James Dean. Kulturell zu unterschiedlich sei die DNA eines Online-Unternehmens wie notebooksbilliger.de mit seiner Start Up-Mentalität und eines gewachsenen Filial- und Franchiseunternehmens wie Medimax gewesen. Auch für den Zeitpunkt der geplatzten Verlobung – „Wir hatten die Wahl, die Notbremse zu ziehen oder zwei gesunde Unternehmen zu gefährden.“ – fand Sobol klare Worte: „Wenn man einen Zeitpunkt wählt, hätte man ihn blöder nicht wählen können.“

Friedich Sobol, Vorstand ElectronicPartner: „Wir werden Medimax strategisch neu aufstellen. Wir haben einen Plan und sind bereits in der Umsetzung. Wir handeln jetzt!“
Friedich Sobol, Vorstand ElectronicPartner: „Wir werden Medimax strategisch neu aufstellen. Wir haben einen Plan und sind bereits in der Umsetzung. Wir handeln jetzt!“

Jetzt wird aufgeräumt ^

„So, wie es bei Medimax jetzt läuft, funktioniert es künftig nicht. Das Jeder gegen jeden ist vorbei“, so Sobol. Jetzt wird bei Medimax aufgeräumt, die Marke an die kurze Düsseldorfer Leine genommen und neu positioniert. So hat Friedrich Sobol zusätzlich zu seiner Verantwortung für die Kooperation Deutschland und den Fachhandel die Leitung für Medimax übernommen. In kommenden Monaten setzt er für Medimax unter anderem auf eine attraktive, höherwertige Sortimentsgestaltung wie eine qualitative Verbesserung der Beratungskompetenz.

Im Prinzip bleibt bei Medimax kein Stein mehr auf dem anderen. Ob interne Strukturen, Kundenansprache, Angebotspolitik oder Sortimentierung – auf allen Feldern positioniert sich Medimax neu. In einem ersten Schritt wurden zum Jahresauftakt der Einkauf (Leitung Jochen Cramer) und der Vertrieb (Leitung Torsten Schimkowiak) von Medimax mit der Kooperation von EP Deutschland verbunden. „Wir wollen schneller und schlagkräftiger werden, denn wir müssen der hohen Veränderungsgeschwindigkeit unserer Branche künftig noch flexibler Rechnung tragen“, so Sobol in Düsseldorf. Kurze Entscheidungswege und interne Synergien seien die entscheidenden Vorteile dieser Veränderung.

Einkauf und Sortiment neu definiert ^

Eine der größten Veränderungen betrifft das Sortiment, das künftig zentral von Düsseldorf aus gesteuert wird. Sobol: „Die Kombination aus aggressivem Preis und Sortimentsbreite wird immer weniger geschätzt. Wir gehen daher weg von den preisaggressiven Aufschlägen hin zu einer hochwertigen Auswahl. Dabei passen wir nicht nur die Gewichtung zwischen den einzelnen Warengruppen am POS an, sondern wir werden auch eine klare Trennung von Produkten für die stationäre und die Online-Vermarktung vornehmen.“ Für die Industrie bedeutet dies künftig eine Vier-Klassen-Gesellschaft aus Top-Lieferant, strategischer Lieferant, gelisteter Lieferant und optionaler Lieferant.

Die Zentrale gibt den Kurs vor ^

Neben den internen Strukturen setzt Medimax auch auf ein neues Werbekonzept. So verabschiedet sich die Fachmarktkette von regionalen Beilagen und kommuniziert über Print ausschließlich in nationalen Beilagen. Diese bekommen in Kürze einen neuen, frischeren „Look“. Und auch Online verändert sich so einiges: Künftig findet das Rechtsgeschäft direkt zwischen Markt und Kunde statt. Dafür gibt es neben der Hauptseite www.medimax.de einen eigenständigen Shop für jeden der über 120 Märkte. Sobols Fazit: „Hinter Medimax liegt ein herausforderndes Jahr mit vielen Veränderungen. Ich bin froh, dass wir uns mit den nun umgesetzten Maßnahmen wieder voll auf unsere Stärken konzentrieren können, um diese in einem nach wie vor stürmischen Umfeld auszuspielen.“

Vorstand Karl Trautmann: „Wir glauben, auch 2019 wird ein sehr, sehr herausforderndes Jahr. 2019 wird nochmal deutlich ruppig!“
Vorstand Karl Trautmann: „Wir glauben, auch 2019 wird ein sehr, sehr herausforderndes Jahr. 2019 wird nochmal deutlich ruppig!“

„Wir haben einen Plan!“ ^

Das stürmische und herausfordernde Geschäftsjahr 2018 spiegelt sich auch in den von Karl Trautmann präsentierten Teilergebnisse der Verbundgruppe wider. Trautmann: „2018 hat die Branche vor viele Herausforderungen gestellt: ob Jahrhundertsommer oder eine Fußballweltmeisterschaft, die hinter den Erwartungen zurückblieb. Wir sind froh, dass wir vor diesem Hintergrund in vielen Bereichen eine positive Entwicklung verzeichnen konnten. Für alles andere haben wir uns strategisch und operativ entsprechend aufgestellt und gehen unsere Aufgaben engagiert an. Wir haben einen Plan!“

Während die internationalen Landesgesellschaften und vor allem die Marke EP: erneut ein Umsatzplus verbuchen konnten, war das Gesamtgeschäft leicht rückläufig. Insgesamt schloss die Verbundgruppe das Geschäftsjahr mit einem Zentralumsatz von 1,659 Milliarden Euro ab und lag damit knapp unter Vorjahr (- 2,1 Prozent). Auf den Kernmarkt in Deutschland entfielen davon 1,266 Milliarden Euro, auf die europäischen Landesgesellschaften 393 Millionen Euro. Das entspricht einem Wachstum von 2,1 Prozent im Vergleich zu 2017 in den Niederlanden, Österreich und der Schweiz.

Marke EP: 7,5 Prozent über Markt ^

Seit 2014 die Qualitätsoffensive ins Leben gerufen wurde, konnte die Vertriebslinie EP: ihren Umsatz jährlich steigern. Besonders bemerkenswert ist die fortgeschriebene Erfolgsgeschichte vor dem Hintergrund des rückläufigen Marktes im Kanal Fachhandel. Laut GfK wies der im zurückliegenden Jahr ein Minus von 6,0 Prozent aus, so dass die EP:Fachhändler bei einer Umsatzsteigerung von 1,5 Prozent sich insgesamt 7,5 Prozent besser als der Markt entwickelt haben.

Karl Trautmann: „Der Fachhandel hat nach wie vor seine Existenzberechtigung. Der Erfolg der Marke EP: ist klar der Qualitätsoffensive zuzuschreiben. Ein toller Laden, ein hochwertiger POS mit tollen Sortimenten, kompetente Beratung, motivierte Verkäufer und ein durchgängiger Auftritt an allen Kontaktpunkten zum Kunden zahlen sich aus,“ Positiv auch Trautmanns Bilanz zur „Dealweek“ (u.a. mit Angeboten von Samsung, Siemens, Panasonic, Fitbit und Bosch) vom 23. November bis 2. Dezember vergangenen Jahres. Sprach der EP-Vorstand vor Jahresfrist noch von einer kollektiven Wertevernichtung im Jahr 2017, zog er für die Tage rund um den „Black Friday“ 2018 eine positive Bilanz: „Wir haben Geld verdient.“

Elektrogroßgeräte: Rallye ist zu Ende ^

Das Jahr 2019 sehen Trautmann wie Sobol erneut als herausfordernd an: „Die Rallye bei den Elektrogroßgeräten ist zu Ende. Es wird deutlich ruppig, aber wir sind optimistisch“, so Karl Trautmann. Und Friedrich Sobol ergänzt: „Die Entwicklung der Ceconomy als Branchenprimus ist schlecht für die ganze Branche.“

Um den Weg auch im laufenden Jahr mit Erfolg fortzuschreiben, setzt die Düsseldorfer Verbundgruppe für ihre Fachhändler ein neues Konzept in Sachen Wissensmanagement um. Mit dem EP:Campus kommt eine Weiterbildungsplattform zum Einsatz, die wie in einem personalisierten Cockpit maßgeschneiderte Module zur Branchenentwicklung, zum Produktwissen, zum Marketing und betriebswirtschaftliches Know-how liefert. Denn, so Sobol: „Keiner wird als Unternehmer geboren.“

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