Eigentlich verlief das Jahresabschluss-Pressegespräch der Hausgeräte-Fachverbände im ZVEI Ende November in Frankfurt so wie immer: Lauter Erfolgszahlen – in 2015 wuchs der deutsche Markt für Hausgeräte zum achten Mal in Folge und auch für 2016 stellt sich die Branche auf Wachstum ein – lauter Zukunftsthemen wie die vernetzungsfähigen Hausgeräte im Smart Home. Dr. Reinhard Zinkann, Vorsitzender des Fachverbandes Elektro-Haushalt-Großgeräte, war mit seiner Bilanz praktisch auch schon durch, als sein letzter Gedankengang aufhorchen ließ: „Bisher sind Hausgeräte hauptsächlich in Sachen Energieeffizienz geregelt. Jetzt nimmt die Politik auch andere Eigenschaften ins Visier. Dazu wird die EU-Kommission Anfang Dezember das so genannte Kreislaufwirtschaftspaket veröffentlichen.“
Das ist mittlerweile geschehen. Es liegt ein Rahmenpapier mit Ideen und Prüfvorschlägen auf dem Tisch, was man künftig alles zusätzlich regulieren könnte: für Hausgeräte beispielsweise der Einsatz bestimmter Materialien bei der Produktion, die Reparierfähigkeit und nicht zuletzt die Haltbarkeit. Da lässt die Obsoleszenz-Diskussion der letzten Monate schön grüßen. Mit dem Aufbau einer Kreislaufwirtschaft mittels eines „Circular Economy Package“ (CEP), will die EU-Kommission hehre Ziele erreichen, die wohl jeder sofort mitunterschreibt: weniger Müll produzieren, sparsam mit Energie umgehen, die in ausrangierten Geräten enthaltenen Rohstoffe so oft wie möglich wiederverwerten, um damit wertvolle Ressourcen effizienter zu nutzen. Klingt gut, oder wie Werner Scholz, Geschäftsführer der ZVEI Hausgeräte-Fachverbände, im Gespräch mit infoboard.de formuliert: „Das CEP tut erst mal keinem weh – weil es noch keine Regulierung ist.“
Erst einmal. Aber das, was in den nächsten Jahren durch konkrete Regulierungen via Ecodesign, Energielabel und Verbraucherrechten um- und durchgesetzt wird, wird auch die Arbeit der Akteure in der Hausgeräte-Branche – Industrie wie Handel – signifikant verändern. Überspitzt formuliert: Ist es künftig politisch korrekter, ein betagtes Hausgerät zur Reparatur zu bringen als ein neues zu erwerben? Und das bei einer Klientel, die eine neue Küche samt HighTech-Hausgeräten eh’ im Abstand von Generationen und nicht von wenigen Jahren kauft? Ist also die Waschmaschine mit einer Lebensdauer, pardon, „Haltbarkeit“ von 16 Jahren künftig mehr wert als die, die es nur auf 14 Jahre schafft? Und das, obwohl es binnen eines Jahrzehnts in der Regel mehr als einen Technologie- und damit auch Energieeffizienzschub geben wird und eine vorzeitige Neuanschaffung aus ökonomischen wie ökologischen Gesichtspunkten durchaus Sinn machen könnte?
Braucht es also diesen neuen EU-Vorstoß? Bei Handys vielleicht. Aber bei, sagen wir Miele-Waschmaschinen, die eh’ in der Familie vererbt werden? Die Kreislaufwirtschaft kommt, so viel ist sicher, nur über das Wann und Wie wird derzeit diskutiert und verhandelt. Scholz: „Da kommt etwas und es wird sicherlich auch die Hausgeräte treffen.“
Worum geht es: Die Europäische Kommission hat Anfang Dezember ein ehrgeiziges Paket zur Kreislaufwirtschaft verabschiedet, „um die europäischen Unternehmen und Verbraucher beim Übergang zu einer leistungsfähigeren, stärker kreislauforientierten Wirtschaft zu unterstützen, in der Ressourcen nachhaltiger genutzt werden.“ Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollen dazu beitragen, den Kreislauf der Produktlebenszyklen durch mehr Recycling und Wiederverwendung zu schließen, und sowohl für die Umwelt als auch für die Wirtschaft Vorteile bieten. Ziel ist es u.a., eine maximale Wertschöpfung und Nutzung aller Rohstoffe, Produkte und Abfälle zu erreichen. Die Vorschläge decken den gesamten Lebenszyklus eines Produktes ab: von der Produktion und dem Verbrauch bis zur Abfallbewirtschaftung und dem Markt für Sekundärrohstoffe.
Hört man den Ausführungen des Ersten Vizepräsidenten der Kommission, Frans Timmermanns, zu, bleibt kaum ein Stein auf dem anderen: „Die Kreislaufwirtschaft bedeutet auch einen grundlegenden Wandel in der Funktionsweise unserer Wirtschaft.“ Und Sie betrifft die Hausgerätebranche. Denn zu den „Schlüsselmaßnahmen“ zählen auch die Maßnahmen im Rahmen des Ökodesign-Arbeitsprogramms für den Zeitraum der Jahre 2015-2017, konkret zur Förderung von Reparaturfähigkeit, Haltbarkeit und Recyclingfähigkeit von Produkten – zusätzlich zur Energieeffizienz.
Klar, Energieeffizienz ist messbar. Aber die Haltbarkeit eines Geschirrspülers oder einer Waschmaschine? „Stromverbrauch kann ich messen, die Haltbarkeit nicht“, sagt Scholz. Und: „Um etwas (gesetzlich) zu regeln, muss ich es exakt messen können. Das geht bei Hausgeräten noch nicht. Messen lassen sich allenfalls bestimmte Anforderungen bei einigen Kernbauteilen.“ Dazu muss man wissen, dass eine Waschmaschine aus über 1.000 Teilen besteht. Wer mag da bestimmen, wie lange die einzelnen Teile, erst recht im Zusammenspiel miteinander, halten? Oder noch wichtiger: Wie soll die zwingend notwenige Marktüberwachung in Sachen Haltbarkeit erfolgen? Woher kommen die finanziellen Mittel, das qualifizierte Personal und die benötigten Labore?
Wird hier ein weiteres bürokratisches Monster geschaffen? Viele Fragen, kaum Antworten und zwei Zahlen von Scholz, die diese Herkulesaufgabe verdeutlichen: „Eine Waschmaschine auf zehn Jahre Haltbarkeit zu testen dauert etwa 10 Monate. Auf dem europäischen Markt gibt es aber über 7.000 Waschmaschinen-Typen.“ Erschwerend hinzukommt, dass die Marktüberwachung Ländersache ist: mal ist das Umweltministerium zuständig, mal das Wirtschafts-, mal das Verbraucherministerium. „Wir wünschen uns faire Spielregeln“, gibt Scholz die Leitlinie vor. Heißt: „Messverfahren, die so praxistauglich wie möglich und reproduzierbar sind.“ Und das alles bei einem überschaubaren Aufwand.
Welche Kriterien auch immer in den Fokus der Gesetzgebung kommen, für Dr. Reinhard Zinkann sind in jedem Fall drei Fragen zu klären: „Erstens: Ist das Kriterium wirklich relevant – aus Umwelt- und Verbrauchersicht? Zweitens: Lässt sich das Kriterium messtechnisch gut erfassen? Und drittens: kann und wird die Einhaltung der Vorschrift auch überprüft werden?“ Und das nicht nur nach Papierlage, sondern praktisch, durch technische Prüfungen. Schon heute hat die Marktüberwachung viel zu wenig Ressourcen. Wie sollte sie da künftig für die Einhaltung von zusätzlichen, komplexen Vorschriften sorgen können? Regulierung ohne eine effektive Marktüberwachung lehnt der ZVEI ab.
Das Kriterium des Energieverbrauchs lässt sich bekanntlich recht gut messen. Bei der Haltbarkeit der Hausgeräte sind Zweifel angebracht. Zinkann: „Es sind keine Verfahren vorstellbar, die hinreichend genau und verlässlich aufzeigen könnten, ob ein Gerät nun zwölf oder 15 Jahre lang halten wird. Eine Scheingenauigkeit hilft niemandem.“ Statistisch erfasst hingegen ist die Tatsache, dass die durchschnittliche Erstnutzungsdauer bei den großen Hausgeräten bei etwa 13 Jahren liegt. Eine Wegwerfmentalität sieht anders aus.
Wie geht es weiter? Die Kommission hat das Europäische Parlament und den Rat aufgefordert, die Annahme und Umsetzung der Legislativ-Vorschläge „prioritär voranzutreiben“. Rund die Hälfte der Maßnahmen wird sich in EU-einheitlichen Umweltgesetzen (eco design) niederschlagen, vieles wird aber auch im (europäischen und/oder nationalen) Verbraucherrecht landen. Da kann ein Blick auf die Haltung der Bundesregierung nicht schaden, nachzulesen im Entwurf „Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess) II“, ein Programm „zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz der natürlichen Ressourcen“.
Die Bundesregierung erarbeitet derzeit ein nationales Aktionsprogramm für nachhaltigen Konsum, um die ökologischen, sozialen und ökonomischen Potenziale eines nachhaltigen Konsums zu erfassen und zu heben. Das Aktionsprogramm soll Handlungsansätze und Maßnahmen für nachhaltigen Konsum für verschiedene Konsumbereiche wie Mobilität, Ernährung, Wohnen und Haushalt beschreiben. Der Handel als zentraler Akteur soll verstärkt für die Umsetzung von Maßnahmen zur Steigerung der Ressourceneffizienz aktiviert werden. Informationsangebote zum nachhaltigen Konsum und zur Erklärung von Umweltzeichen und Labeln sollen kontinuierlich ausgebaut und aufeinander abgestimmt werden. Die Akzeptanz ressourcenschonender Lebensstile soll erhöht, entsprechende Pioniere positiv kommuniziert werden.
Darüber hinaus wird die Bundesregierung die Einführung einer Pflicht der Hersteller prüfen, Produkte durch klare und vergleichbare Informationen zur „Soll-Lebensdauer“ des Produktes, zur Reparierbarkeit, Recycelbarkeit und der Verfügbarkeit von Ersatzteilen zu kennzeichnen. Auch soziale Innovationen seien notwendig, um eine Verringerung der Ressourcenbeanspruchung zu erreichen. Als Beispiele führt die Bundesregierung die gemeinsame Nutzung von Gütern (Sharing-Economy) genauso an wie die Institutionalisierung von Reparaturhilfen („Repair-Cafés“).
Indes: Die Geräte werden billiger, während die Reparaturkosten steigen, schon aufgrund gestiegener Lohnkosten. Da bleibt oftmals die Frage, ob eine Reparatur überhaupt wirtschaftlich darstellbar ist. Scholz: „Der Kunde tendiert oft zum Neugerät, nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen. Schließlich bekommt er heute tolle, nachhaltige Geräte für mehr Lebensqualität und mit jeder Menge Lifestyle.“ Ob sich das schon in Brüssel und Straßburg herumgesprochen hat?
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