Seit rund eineinhalb Jahren gilt das neue EU-Label für Staubsauger. Hat sich der Markt eingerüttelt? Infoboard.de hat nachgefragt: Wie haben sich die Bestimmungen der EU-Richtlinie im Fachhandel ausgewirkt? Tenor der Antworten aus Handel, Fachhandelskooperationen und Industrie: Die Einführung des Labels hat für den Handel einen positiven Effekt.
Auf den Kopf gestellt
Vor allem: Durch das Auftauchen der schon von anderen Warengruppen bekannten EU-Label-Kennzeichnung haben Kunden jetzt offenbar wieder Redebedarf mit dem Händler beim Staubsaugerkauf. Das Label hat bisherige Mechanismen ein wenig auf den Kopf gestellt. Denn wo früher ausschließlich nach der Wattzahl, dem Preis und vielleicht einigen Funktionen gefragt wurde, kommen jetzt Werte ins Spiel, die nicht mehr mit der reinen Leistungszahl alleine zu beschreiben sind.
Allerdings ist das EU-Label noch nicht durch die Bank bei allen Kunden angekommen. Wolfgang Neuhoff, Geschäftsführer von electroplus Neuhoff in Dortmund, berichtet, dass oft noch nach reiner Leistung gefragt werde. Auch andere Händler stimmen zu, dass maximal 50 Prozent der Kunden überhaupt schon aktiv nach dem Label fragen. Wenn es denn dann in der Ausstellung der Geräte bemerkt wird, seien die Kunden aber durchaus interessiert, was die Angaben auf dem Label denn bedeuten. Denn Energieeffizienz sei in der heutigen Zeit schon ein Pfund, mit dem sich wuchern lässt.
Allerdings berichtet nicht nur Klaus-Dieter Sindermann, Geschäftsführer beim Elektrofachmarkt Stallmann in Dortmund, dass viele Kunden die eher geringen finanziellen Einsparnisse für den Einzelhaushalt nicht unbedingt für wichtig erachten. Sie nehmen den effizienteren Umgang mit dem Strom eher nebenbei mit.
Verbraucher verunsichert?
Eins hat das Label auf jeden Fall erreicht: Die Verbraucher haben erkannt, dass die reine Wattzahl nicht alles über die Leistungsfähigkeit und den Nutzen eines Staubsaugers aussagt. Er möchte laut Wolfgang Neuhoff wissen, was die geringeren Leistungen im täglichen Umgang mit dem Staubsauger bewirken.
An diesem Punkt empfinden viele Kunden die Kennzeichnung als gute, neutrale und wahrhaftige Orientierungshilfe, sagt Lutz Burneleit, Bereichsleiter Comfort der Bielefelder EK Servicegroup. Allerdings meint Klaus-Dieter Stallmann, dass eine gute Beratung seitens des Händlers letzten Endes doch das wichtigere, für den Kunden meist ausschlaggebende Instrument sei. Im Verlauf der Beratung stelle sich heraus, welcher Staubsauger zum jeweiligen Nutzungsverhalten passt.
Nutzwert interessanter als Label
Der Nutzwert eines Gerätes ist für den Kunden letzten Endes interessanter als ein paar abstrakte Zahlen, die sich noch nicht einmal unmittelbar im Geldbeutel bemerkbar machen – außer vielleicht negativ beim Kauf des Gerätes.
Da sind dann andere Faktoren wichtiger: Mit dem angegebenen Lautstärkepegel können die Verbraucher wesentlich mehr anfangen als mit irgendwelchen kryptischen Energieeffizienzklassen. Und doch lassen sich dank des EU-Labels Verkaufsgespräche führen, nach denen die Kunden schließlich zu hochwertigeren Geräten greifen und mehr ausgeben, als sie ursprünglich eingeplant hatten. Lutz Burneleit berichtet beispielsweise, dass Geräte mit Elektrobürsten und guten Effizienzklassen besser laufen als andere Modelle. Hinzu komme die Klasse der Akkusauger (Siehe unseren Beitrag »StiWa: Das Waterloo für Handstaubsauger), die im Durchschnitt höhere Einzelpreise einbringt.
Hochwertig verkaufen
Martin Ziegler, ProductLine Manager für Zubehör und Wasserfiltration bei Electrolux, stellt einen generellen Trend zum Uptrading fest, zumal das Label auch spezielle Wohnsituationen für Allergiker oder Tierbesitzer nicht ausreichend erfasse. Es gebe, wie auch Klaus-Dieter Sindermann unterstreicht, eben wichtigere Aspekte als die Angaben auf dem EU-Label. Wolfgang Neuhoff ergänzt: „Man kann immer hochwertiger verkaufen. Wenn der Kunde ein Budget hat und der Händler mit guten Argumenten und einem überzeugenden Plus an Nutzwert punkten kann, dann wird das Geld auch für hochwertigere Geräte ausgegeben.“
Mehr Umsatz durch Zubehör
Martin Ziegler sieht weitere Umsatzchancen für den Fachhanel. Seit dem Inkrafttreten der EU-Richtlinie sei die Nachfrage nach Marken-Staubsaugerbeuteln signifikant angestiegen. Die Kunden wollen damit die Energieeffizienz und die Effektivität des Staubsaugens beibehalten, die beim Kauf des Gerätes auf dem Label stand und bei der Benutzung erfahrbar war. Darüber hinaus habe auch der Kauf von Spezialdüsen zugenommen, ein Effekt, den auch Achim Liffers, Geschäftsführer von Sebo vorhergesehen hatte. Anfangs habe sich das noch weit überwiegend im Internet abgespielt. Inzwischen schwappe dieses Thema immer mehr in den stationären Fachhandel hinein.