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Fritz Waffenschmidt, Mr. Saturn, ist tot

Saturn war sein „Baby“ und für uns Kinder der frühen 1980er Jahre gab es nichts Größeres und Faszinierenderes als Saturn am Kölner Hansaring. Bereits am 26. März ist, wie erst in den ersten April-Tagen bekannt wurde, der legendäre Saturn- und Hansa-Foto-Gründer Friedrich Wilhelm – alle nannten ihn „Fritz“ – Waffenschmidt im Alter von 92 Jahren verstorben.

Wer, wie ich, im Bergischen Land groß geworden ist, für den gab es Ende der 1970er Jahre in Köln nur ein Ziel – und das war nicht der Dom. Uns zog es in das rote Backstein Hochhaus am Hansaring, keine 10 Fußminuten vom Hauptbahnhof entfernt. „Saturn hat jede Platte“, hieß es damals – und es stimmte. Und das zu einem Preis, bei dem der örtliche Schallplatten-Handel in Remscheid und Wuppertal nicht mitbieten konnte. Saturn war unser Wallfahrtsort, Ziel auch vieler Klassenfahrten, die uns eigentlich das römische Köln näher bringen sollten. Den Dom dabei nicht gesehen? Machte nichts, denn Saturn verkaufte an einem einzigen Tag im Weihnachtsgeschäft aufeinandergestapelt so viele Schallplatten, dass sie es in der Höhe mühelos mit den Türmen des Kölner Doms aufnehmen konnten.

Großhandel? Überflüssig!

Waffenschmidt war Rheinländer, kam 1925 in Brühl zur Welt. Zwischen 1946 und 1948 besuchte er die Ingenieurschule in Köln. Nachdem er anschließend zunächst im elterlichen Elektrohandel beschäftigt war, wechselte er 1950 zum Bonner Unternehmen Kleine-Erfkamp & Co., damals einer der führenden Elektro-Großhändler in Westdeutschland. Im Oktober 1955 gründete Waffenschmidt dann die Kölner Filiale der Hagener Elektrofirma Stratmann. Pikant: Die Kölner Filiale erwirtschaftete schon nach kurzer Zeit mehr Umsatz als die Hagener Zentrale. Das Schlüsselerlebnis kam 1959, Waffenschmidt besuchte in New York den größten Schallplattenhändler der Welt. Die hier gewonnenen Eindrücke bestärkten seine Auffassung, dass zumindest im Tonträgermarkt der Großhandel keine Zukunft mehr habe. Die Größe des Einzelhandels musste seiner Ansicht nach vielmehr so dimensioniert werden, dass ein Großhandel überflüssig würde.

Gesagt, getan: Das von Waffenschmidt im Juli 1961 in Köln gegründete Unternehmen Saturn Electro-Handels GmbH & Co. KG belieferte bis 1966 erst einmal diplomatische Vertretungen in aller Welt. Im Oktober 1969 wurde bei Saturn dann das damals größte Hifi-Studios in Europa für das breite Publikum geöffnet. Im November 1972 kam dann die Schallplatten-Abteilung, teilweise mit Discount-Preisen hinzu. Binnen Jahresfrist wurde Saturn der umsatzstärkste Schallplattenhändler Deutschlands. Waffenschmidts Coup: Er gab die bei Großbestellungen von Tonträgern anfallenden Rabatte an seine Kundschaft weiter. Die Pfeiler des damaligen Erfolgs: große Fläche, mehrgeschossig in der Stadt, breites Sortiment und möglichst immer Tiefpreis.

Die größte Schau der Welt

Diese Pionierrolle Waffenschmidts wurde durch Diversifizierung auf viele andere Geschäftsfelder erweitert, etwa den Handel mit Radios, Fernseh- oder Elektrogeräten. Anfang der 1980er Jahre warb Saturn in den fünf Bereichen Schallplatte, Hifi/Stereo, Autoradio, Video und Foto mit dem Slogan „Die größte Schau der Welt“. Spektakulär war Waffenschmidts Einsatz gegen die Preisbindung in der Foto-Branche. Im Februar 1963 gründete er die Ultra Foto, eine Firma, die überwiegend von japanischen Herstellern beliefert wurde und daher kaum der Preisbindung unterlag. Als er in 1968 Hansa-Foto gründete, berichteten die Medien wochenlang über seine Kampagne mit dem Slogan: „Wir machen Schluss mit der nicht funktionierenden Preisbindung in der Fotobranche.“

Von Waffenschmidt lernen

1977 zog Waffenschmidts Unternehmen in das Backstein-Hochhaus am Kölner Hansaring mit einer imposanten Verkaufsfläche von letztlich 3.000 Quadratmetern. Mit flotten Werbesprüchen, reichlich PR und einer Strategie der permanenten Spitzenposition (Verkaufsfläche, Sortiment, Tiefpreise) zog er viele Geschäftsführer anderer Handelsunternehmen nach Köln, die Waffenschmidts Konzepte und Strategien vor Ort begutachten wollten. Über fünf Millionen Kunden kauften jährlich bei Saturn und Hansa-Foto ein. In gleich vier Bereichen – Schallplatten, Kameras, Küchengeräte und Fernseher – waren Annie und Fritz Waffenschmidt damals die größten auf der Welt. 1984, zur Zeit des geschäftlichen Höhepunktes, verkauften Fritz Waffenschmidt und seine Frau Anni ihre Unternehmen an die Tertia GmbH, an der der Kaufhof und führende Versicherungsunternehmen beteiligt waren. Zwei Jahre später setzte sich das Ehepaar Waffenschmidt in Florida zur Ruhe, während Saturn 1990 in der Media Markt-Gruppe aufging, die das Konzept des Gründers erfolgreich ausbaute.

Matthias M. Machan

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