Die Fußball-EM 2016 ist in der Startphase, die Mannschaften spielen ums Überleben und spätestens, wenn das Halbfinale in Sicht ist, hat es mich auch gepackt. Nun bin ich eine Frau und sollte eigentlich froh sein, dass es seit Juni 2016 auch eine weibliche Kommentatorin unter all den männlichen gibt. Bin ich aber nicht.
„Frauen sollten sich gegenseitig unterstützen“, tönt meine Freundin Erika selbstbewusst, wenn ich ihr mein Leid klage. „Hauptsache, die Neumann weiß, wovon sie redet!“ Erika schmückt ihr Haus, ihr Auto, ihr Boot mit Deutschlandfahnen, -wimpeln, -girlanden und Außenspiegelüberziehern in Schwarz-Rot-Gold, wenn die deutsche Frauenfußballfrauenschaft zur EM oder WM antritt. Jetzt, bei der Männer-EM, ist bei Anke tote Hose, die nur Claudia Neumann beleben kann.
Nicht, dass ich mich rückständig fühle, aber wir stellen doch schon die Bundeskanzlerin. Müssen wir wirklich überall eine große Rolle spielen? Können wir den Männern nicht wenigstens ihren Fußball und damit ein Stammrevier lassen, in dem sie sich als Hirsch fühlen und rumröhren können? Die große Gefahr ist doch, dass Männer irgendwann nicht mehr wissen, was ein Mann ist – spätestens dann haben wir Frauen auch ein Problem.
Ich habe schon ein kleines Problem damit, dass mein Mann Kai kein Fußball-Fan und nicht zum öffentlichen Männer-Rudel-Treffen, dem Public Viewing, mitkommen will. Ich habe noch mehr ein Problem damit, wenn ich es mir mit meinen Mädels vor dem Fernseher zu Hause gemütlich mache, wir uns gerade mit dem dritten Bierchen zuprosten und Kai plötzlich wie aus dem Nichts mit einer Kanne selbstgepresstem Kiwi-Mandarinen-Saft vor uns steht. Ich weiß nämlich aus Erfahrung, dass nur ein Glas dieses Saftes binnen Sekunden jeden wieder nüchtern denken lässt, der sich gerade mit Alkohol in Stimmung gebracht hat. Für AutofahrerInnen der Geheimtipp. Für Sofakartoffeln ist diese Flüssigeit überflüssig.
Aber ich will jetzt nicht meckern, denn Kai trauert. Um Muhammad Ali. Den größten Boxer aller Zeiten, für dessen Kämpfe er als Junge schon nachts um vier aufgestanden ist. Mit ihm trauert sein gesamter Box-Club für sechs Wochen. Und das ausgerechnet zur Fußball-EM 2016.
Aber etwas Gutes hat es auch: Neben dem Entsafter kommt unser George-Forman-Tischgrill verstärkt zum Einsatz. Kai gedenkt seines Idols Ali nämlich jeden Tag mit gutem Essen, bestehend aus zarten Rindersteaks von argentinischen Weiden, knackig gegrilltem, mediteranem Gemüse, Fisch, Geflügel und köstlichen Salaten aus Wildkräutern. Und natürlich Kiwi-Mandarinen-Saft. Uns vieren ist es recht, solange wir unser Bierchen behalten dürfen, es passt notfalls auch zu Steaks und Salat.
Wir wünschen Ihnen weiterhin eine spannende Fußball-EM 2016!
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