BVT-Geschäftsführer Steffen Kahnt sieht es pragmatisch: „In der Krise backen die Deutschen kleinere Brötchen. Lässt sich der Traum vom Eigenheim aktuell nicht erfüllen, kann ich mir größere Anschaffungen momentan nicht mehr leisten, gönnen sich viele Menschen gerade zu Weihnachten kleinere Freuden, wie praktische Akku-Sauger oder intelligente Kaffeemaschinen.“
In Deutschland werden im Jahr 2022 voraussichtlich 67 Mrd. EUR für Technische Gebrauchsgüter ausgegeben. Rund 1% weniger als im Vorjahr. „Das ist bemerkenswert für eine Branche, die zur Hochphase der Corona-Pandemie auf der Sonnenseite war“, so Kahnt. Vor Corona lag man bei 59 Mrd. EUR, konnte die 60 Mrd. EUR-Schwelle nicht knacken, jetzt sei man nahe der 70 Mrd. EUR. Kahnt: „Das ist eine relativ gute Nachricht.“
Nach einem starken Jahresbeginn ohne Corona-Beschränkungen hat sich der Markt zuletzt indes in fast allen Sektoren abgeflacht. Der Gesamtmarkt umfasst Konsumelektronik, Foto, Elektrogroß- und -kleingeräte, Telekommunikation, Informationstechnik und Bürobedarf/Verbrauchsmaterial (B2C- und B2B-Vertriebskanäle). Andreas Peplinski, Director of Market Insights Germany bei GfK: „Die Haushalte sind ausgestattet. Es wird weniger gekauft, aber das bei höheren Durchschnitts-Bons. Trotz der schlechten Nachrichten sind die Märkte noch stabil.“
Noch, denn 43% der Konsumenten sagen laut GfK aktuell, es sei besser mit großen Investitionen zu warten. Peplinski: „Das Portemonnaie wird schmaler.“ In Summe indes seien die Umsätze in diesem Jahr bislang bis August im Vergleich zu 2019 um 11% höher.
Mit Blick auf die konsumentenbezogenen Verkäufe gemäß GfK Sales Tracking Daten (B2C-Kanal) sind im bisherigen Jahresverlauf 2022 folgende Trends zu beobachten: Die Umsätze im Bereich Consumer Electronics sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 10% zurückgegangen. Eine Ausnahme im TV-Bereich bilden große Zollgrößen und OLED-TVs. Insgesamt verzeichnen TV-Geräte jedoch einen Umsatzrückgang von 14%. Der Audio-Markt ist derweil um 5% gewachsen. Gepusht wird diese Entwicklung mit +15% durch Kopfhörer. Besonders hervorzuheben sind True Wireless Bluetooth-Geräte mit +21 %.
Nach wie vor ein Wachstumstreiber ist der Markt für Telekommunikation: So legte der Markt für Smartphones um 14% zu. Ein Grund für den Zuwachs sind die innovativen Features der Geräte. Peplinski: „Neueste Chip-Technologien, starke Akkulaufzeiten und verbesserte Kameras treiben die Stückpreise in die Höhe.”
Dieser Trend lässt sich produktübergreifend beobachten: Segmente mit innovativen Features und echtem Mehrwert verkaufen sich aktuell leichter. Erstaunlich genug und konträr zur landläufigen Meinung: Auch die unteren Preisklassen sind aktuell stark rückläufig, während das Uptrading – noch – wächst.
Gerade im Angesicht der aktuellen Krise spielt die Energieeffizienz eine immer wichtigere Rolle bei der Kaufentscheidung. Die stärkste Performance zeigen aktuell Waschmaschinen in der Energieeffizienzklasse A. Sie legten um satte 71% zu. Kahnt: „Die Menschen wollen verantwortungsvoller konsumieren, das weiß auch die Technik-Branche. So gibt es jetzt Waschmaschinen, die Mikroplastik direkt aus dem Abwasser herausfiltern (Anmerkung der Redaktion: beispielsweise Grundig und AEG) und Kühlschränke, die dank Lavagestein noch besser isoliert (Anmerkung der Redaktion: Liebherr) sind.“ In der Küche geht der Trend derweil weiterhin zu Kochfeldern mit integriertem Abzug. Sie wachsen mit +25 % äußerst dynamisch.
Was zu Beginn der Pandemie das Toilettenpapier war, ist in der Energiekrise der Heizlüfter. Der Umsatz von Heizgeräten hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt. Unabhängig von der Energiekrise sind auch Saugroboter mit Absaugstation stark nachgefragt. Sie entleeren den Schmutz selbstständig und erleichtern so die Reinigung enorm. Ein weiteres Plus bei den Kleingeräten verzeichnen derzeit die Hairstyler. Sie legten um 16% zu.
Der stationäre Fachhandel hat nach den coronabedingten Einbrüchen der letzten zwei Jahre wieder Marktanteile zurückgewonnen. 62% des Umsatzes werden beim Fachhändler vor Ort gemacht. Der Online-Umsatz der stationären Händler liegt wie der Umsatz der reinen Onlinehändler auch, nach den Lockdown-Jahren deutlich über Vor-Corona-Niveau.
Unbeschwert gehen die Händler dennoch nicht ins Jahresendgeschäft. „Trotz eines soliden Trends zu energieeffizienten Produkten, lässt sich das Verbraucherverhalten im Moment nicht seriös vorhersagen. Auch eine Fußball-WM, die sonst regelmäßig im TV-Gerätebereich für Impulse sorgt, ist in diesem Jahr kein Umsatzgarant”, weiß der BVT-Vorstandsvorsitzender Frank Schipper. Auf die Black Friday-Periode und das Saisongeschäft bereitet sich die Technik-Branche mit größtmöglicher Flexibilität vor. Dennoch rät Kahnt, wie alle Jahre wieder: „Nicht auf den letzten Drücker kaufen.“
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