Unter der Kaufkraft versteht man das nominal verfügbare Nettoeinkommen der Bevölkerung inklusive staatlicher Transferzahlungen wie Renten, Arbeitslosen- und Kindergeld. Wie viel vom nominalen Kaufkraftzuwachs dann allerdings real übrig bleibt, hängt davon ab, wie sich 2022 die Verbraucherpreise entwickeln werden.
Filip Vojtech, GfK-Experte im Bereich Geomarketing, erklärt: „2022 wird die Kaufkraft seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland erstmals wieder deutlich ansteigen. So haben die Deutschen pro Kopf rechnerisch über 1.000 Euro mehr für ihre Ausgaben und zum Sparen zur Verfügung als im vergangenen Jahr. Dieses Wachstum stützt sich zum einen auf steigende Löhne in vielen Branchen, zum anderen aber auch – nachdem es letztes Jahr keinen oder nur einen minimalen Anstieg gab – auf eine Erhöhung der Renten. Außerdem wird im nächsten Jahr von Nachholeffekten in der Produktion und Wirtschaft sowie dem Zurückgehen der pandemiebedingten Logistikprobleme ausgegangen, was zu einer Erhöhung der Kaufkraft führt.“
Ein Blick auf die regionale Verteilung der Kaufkraft in Deutschland eröffnet spannende Einblicke, wo Menschen mit besonders hohem Ausgabepotenzial leben. Bei den deutschen Bundesländern gibt es 2022 eine Rangänderung im Vergleich zum Vorjahr: Mit einer Pro-Kopf-Kaufkraft von 23.313 EUR schiebt sich Brandenburg mit einem minimalen Vorsprung am Saarland vorbei auf den neunten Platz.
Unangefochtener Spitzenreiter unter den Bundesländern ist nach wie vor Bayern: Im Freistaat stehen den Einwohnern im Schnitt 26.936 EUR pro Kopf für Ausgaben und zum Sparen zur Verfügung, womit die Kaufkraft der Bayern knapp 9& über dem Landesdurchschnitt liegt.
Neben Bayern weisen auch Hamburg, Baden-Württemberg und Hessen eine überdurchschnittliche Pro-Kopf-Kaufkraft auf. Alle anderen Bundesländer schneiden im bundesweiten Vergleich weiterhin unterdurchschnittlich ab, obwohl die neuen Bundesländer die größten Kaufkraftzuwächse verzeichnen. Schlusslicht ist wie im Vorjahr Mecklenburg-Vorpommern, wo den Menschen im Schnitt 21.707 EUR zur Verfügung stehen, was weniger als 88% des Landesdurchschnitts entspricht.
Wie in den Vorjahren liegt auch 2022 der bayerische Landkreis Starnberg auf dem ersten Platz des Kaufkraftrankings. Mit einer Pro-Kopf-Kaufkraft von 34.758 EUR stehen den Starnbergern 40% mehr als dem Landesdurchschnitt für ihre Ausgaben und zum Sparen zur Verfügung. Den zweiten Platz belegt der Landkreis München, gefolgt vom Stadtkreis München, der sich mit einer Pro-Kopf-Kaufkraft von 32.364 EUR am Landkreis Hochtaunuskreis vorbeischiebt. Des Weiteren tauschen im Vorjahresvergleich der Landkreis Ebersberg (32.031 EUR) und der Main-Taunus-Kreis (31.886 EUR) die Ränge fünf und sechs.
Neu im Ranking ist der Landkreis Miesbach, der den Landkreis Böblingen vom zehnten Platz verdrängt. Schlusslicht des Kaufkraftvergleichs ist auch in diesem Jahr wieder der Stadtkreis Gelsenkirchen: Mit einer Pro-Kopf-Kaufkraft von 19.778 EUR liegen die Gelsenkirchener mehr als 20% unter dem Bundesdurchschnitt.
Die 25 einwohnerstärksten Stadtkreise vereinen mehr als 21% der Gesamtkaufkraft Deutschlands – dies bedeutet jedoch nicht, dass jede deutsche Großstadt auch ein überdurchschnittliches Kaufkraftniveau aufweist. Die Hauptstadt Berlin ist mit Abstand die einwohnerstärkste Stadt Deutschlands und belegt damit den ersten Platz des Rankings nach Kaufkraftsumme.
Bei der Pro-Kopf-Kaufkraft liegt Berlin aber knapp 7% unter dem deutschen Durchschnitt, ähnlich wie auch Dresden. Noch weiter darunter liegen Bremen (-9%), Dortmund (-9%) und Leipzig (-11%), während beispielsweise München und Düsseldorf mit knapp 31 bzw. 16% deutlich darüber liegen.
Dass die einwohnerstarken Städte und insbesondere die großen Metropolregionen für Einzelhändler und Dienstleister unverzichtbare Zielmärkte darstellen, zeigt ein Blick auf die Kaufkraftsummen. Die Kaufkraftdichte, also die verfügbare Kaufkraftsumme in Millionen Euro je Quadratkilometer, ist in Metropolen wie Berlin, Hamburg und München, aber auch in Nürnberg, im Ruhrgebiet, dem Großraum Stuttgart und Frankfurt/Main sehr hoch.
Die Kaufkraftdichte ist damit für Unternehmen ein wichtiger Indikator, in welchen Gebieten sie mit einer gezielten Kundenansprache auf kleinstem Raum viel Kaufkraftpotenzial mobilisieren können.
Die GfK Kaufkraft ist definiert als die Summe aller Nettoeinkünfte der Bevölkerung, bezogen auf den Wohnort. Neben dem Nettoeinkommen aus selbstständiger und nichtselbstständiger Arbeit werden ebenso Kapitaleinkünfte und staatliche Transferzahlungen wie Arbeitslosengeld, Kindergeld und Renten zur Kaufkraft hinzugerechnet. Von diesem verfügbaren Einkommen sind allerdings noch nicht die Ausgaben für Lebenshaltungskosten, Versicherungen, Miete und Nebenkosten wie Gas oder Strom, Bekleidung oder das Sparen abgezogen.
Folglich bedeutet ein nominaler Anstieg der Kaufkraft nicht zwangsläufig, dass jedem Einzelnen real mehr Geld zur Verfügung steht, wenn die aufgeführten Ausgaben stärker ansteigen. Basis der Berechnung sind, neben der Lohn- und Einkommenssteuerstatistik, einschlägige Statistiken zur Berechnung der staatlichen Leistungen sowie Prognosewerte der Wirtschaftsinstitute.
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