In einem hoch informativen, dennoch kurzweiligen 90-minütigen Programm zeigten Experten auf, wie unterschiedliche Akteure aus Industrie, Wirtschaftsberatung und der Versicherungswirtschaft sich den Nachhaltigkeits-Herausforderungen stellen und Lösungen entwickelt haben, um den Ressourcen- und Energieverbrauch über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes zu reduzieren.
Mehr noch: Technologie und innovative Konzepte seien keine Bedrohung für diesen Planeten sind, sondern könnten im Gegenteil einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Umwelt und Natur zu schonen und zu erhalten. Den Auftakt der Veranstaltung bildete die Vorstellung der Ergebnisse einer aktuellen Studie der gfu in Kooperation mit der Unternehmensberatung OliverWyman.
Demnach sind viele Konsumenten in Deutschland bereit, für nachhaltigere Haushaltsgeräte und Unterhaltungselektronik einen Preisaufschlag zu akzeptieren. Im Gegenzug erwarten sie aber einen finanziellen Vorteil mit Blick auf die Nutzungskosten. Am stärksten erhöht zusätzliche Energieeffizienz die Zahlungsbereitschaft. Doch auch das Versprechen, dass Geräte langfristig reparierbar und Ersatzteile viele Jahre verfügbar sind, ist ein wirksamer Anreiz, um höhere Verkaufspreise zu erzielen.
Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Der wahre Wert von Grün“ der Strategieberatung Oliver Wyman und der gfu. Für eine CO2-neutrale oder sozialverträgliche Fertigung sowie Recyclingfähigkeit der Produkte akzeptieren Verbraucher dagegen nur einen geringen Preisaufschlag.
Der stärkste Anreiz für die Akzeptanz von Mehrkosten beim Erwerb der weißen und braunen Ware ist laut der Erhebung das Energiesparen. Demnach sind die Konsumenten bereit, für eine um zwei Stufen höhere Energieeffizienzklasse durchschnittlich 36% mehr auszugeben als für ein ansonsten identisches Gerät. Für eine energieeffizientere Waschmaschine würden sie sogar bis zu 160 EUR, bzw. 47%, mehr zahlen, verglichen mit einem durchschnittlichen Basispreis von 340 EUR.
Für die Herstellergarantie, dass ein Gerät repariert werden kann und nötige Ersatzteile zur Verfügung stehen, akzeptieren Verbraucher einen Preisaufschlag von 25%. „Die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher ist vor allem dann höher, wenn sie auch selbst einen finanziellen Vorteil haben. Gerade für eine Waschmaschine oder einen Kühlschrank sind sie durchaus bereit, 200 Euro mehr auszugeben, wenn sie dafür ein Gerät der Energieeffizienzklasse C statt E erhalten“, erläuterte Dr. Martin Schulte, Partner und Konsumgüterexperte bei Oliver Wyman.
Angesichts zunehmend höherer Energiekosten wächst der Vorteil für sparsame Technik. „Die steigenden Energiepreise sorgen dafür, dass sich zusätzliche Ausgaben für energieeffizientere Haushaltsgeräte und Unterhaltungselektronik deutlich schneller amortisieren“, so Dr. Schulte weiter.
Besonders hoch ist die zusätzliche Zahlungsbereitschaft bei energieintensiven Geräten – allen voran bei Waschmaschinen und Kühlschränken. Mit deutlichem Abstand folgen Fernseher. Bei Staubsaugern hingegen steigert vor allem die Möglichkeit einer Reparatur die Zahlungsbereitschaft.
„Immer mehr Verbraucher erwarten eine höhere Langlebigkeit von Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräten“, erläuterte Dr. Sara Warneke, Geschäftsführerin der gfu. Und weiter: „Hersteller sind im Vorteil, wenn sie Reparaturdienste anbieten und Ersatzteile auch langfristig verfügbar machen.“
Wenig zusätzliche Zahlungsbereitschaft offenbarte die Befragung indes bei Attributen, die keine direkten finanziellen Vorteile für die Verbraucher versprechen. Die zusätzliche Zahlungsbereitschaft für CO2-neutrale oder sozialverträgliche Produktion, genau wie für eine bessere Recyclingfähigkeit, liegt demnach lediglich bei rund 10%.
Schwer tun sich die Konsumenten bei der Frage, wie viel Geld sie durch den Wechsel in eine höhere Energieeffizienzklasse sparen. Ein Kühlschrank der Klasse C beispielsweise verringert die Energiekosten im Vergleich zum Gerät der Klasse E im Schnitt um 32 EUR pro Jahr. Die Schätzungen der in der Studie befragten Personen bewegten sich dagegen vor allem zwischen 11 und 25 Euro.
„Vielen Menschen ist offenbar nicht klar, wie stark energieeffiziente Geräte das Haushaltsbudget entlasten können. Für die Nachhaltigkeits-Vorreiter unter den Herstellern ist das ein guter Ansatzpunkt zur Ansprache von Verbraucherinnen und Verbrauchern“, so Dr. Warneke. Als aufgeschlossenste Zielgruppe erwiesen sich hier Personen über 35 Jahre mit einem monatlichen Nettoeinkommen von mehr als 3.000 EUR.
„Die Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Technik nimmt mit wachsendem Alter und verfügbarem Einkommen zu“, weiß Dr. Warneke. Heißt im Umkehrschluss aber auch: Jüngere und Ärmere können sich die nachhaltige Technik nicht leisten. Die FAZ bringt es auf den Punkt: „Sie können es sich einfach nicht leisten, zu sparen.“
Ebenfalls abgefragt hat die Studie die generelle Einstellung zu Fragen der Umwelt- und Sozialverträglichkeit. Fast zwei Drittel der Teilnehmer bezeichneten ihren Lebensstil als nachhaltig. „Die Studie zeigt eine Diskrepanz zwischen der allgemeinen Selbstwahrnehmung in puncto Nachhaltigkeit und der Bereitschaft, dafür auch im Alltag einen finanziellen Einsatz zu leisten“, sagte Konsumgüterexperte Dr. Schulte.
Besonders leicht fällt den Verbrauchern ein nachhaltiges Verhalten, wenn sie schon bei der Anschaffung Geld sparen können. Laut Studie gewinnen generalüberholte Geräte (Stichwort „refurbished“) an Beliebtheit. Beim Kauf eines Smartphones zieht die Hälfte der Befragten solche Gebrauchtgeräte in Betracht, knapp ein Drittel hat sie bereits erworben. Doch auch bei Waschmaschinen oder Kaffeemaschinen wächst das Interesse. „Die zentrale Motivation für die Anschaffung von Refurbished-Geräten ist, dass sie günstiger sind“, so Dr. Schulte. Und: „Nachhaltigkeits-Erwägungen spielen eine untergeordnete, aber dennoch bedeutsame Rolle.“
Zur Gefahr für die Hersteller nachhaltigerer und damit teurerer Geräte könnte eine anhaltend hohe Inflation werden. In der Studie gab die weit überwiegende Mehrheit der Befragten an, dass der Anstieg der Teuerungsrate bereits Auswirkungen auf ihr verfügbares Einkommen hat. Rund ein Drittel von ihnen würde sich deshalb beim nächsten Elektrogerätekauf für ein günstigeres Modell entscheiden.
Allerdings zeigte sich, dass zugleich knapp jeder sechste Teilnehmende bereit ist, mehr für eine höhere Modellklasse auszugeben. „Hier gibt die Betrachtung der langfristig niedrigeren Nutzungskosten gegenüber kurzfristigen Einsparungen beim Kauf den Ausschlag“, erläuterte Dr. Schulte. „Die Industrie kann mehr Verbraucher von nachhaltigen Geräten überzeugen, wenn sie diese finanziellen Vorteile stärker in den Fokus rücken.“
Apropos refurbished: Patrick Hypscher (BSH), stellte die Aktivitäten von BlueMovement vor, das Konsumenten die Möglichkeit bietet, große Hausgeräte der Marke Bosch zu mieten anstatt zu kaufen. Dies ermögliche Komfort und Freiheit für die Abonnenten sowie einen verantwortungsvollen Umgang mit wertvollen Ressourcen durch Aufbereitung und Wiederverwendung der Geräte.
Melanie Mietzner (Wertgarantie) präsentierte derweil die Aktion „Reparieren statt Wegwerfen“. Der Spezialversicherer für Haushaltsgeräte hat sich mit dieser Aktion der Verringerung von Elektroschrott und der Förderung der Kreislaufwirtschaft verschrieben.
Eine repräsentative Studie zeigt die Fakten zur Elektroschrott-Problematik in Deutschland, verbunden mit der Erkenntnis, dass mehr Reparaturen von Geräten das Elektroschrott-Problem signifikant reduzieren würden.
Dr. Helmut Spoo, Dr. Spoo Umwelt-Consulting, zeigte abschließend auf, dass die Vermeidung von Abfällen, das hochwertige Recycling und die Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe immer wichtiger werden. Die Wirtschaft befindet sich in einem Transformationsprozess hin zu einer Kreislaufwirtschaft.
Energieeinsparung, Ressourcen- und Klimaschutz und die Herstellung kreislauffähiger Produkte sind – nicht zuletzt beschleunigt durch den Ukraine-Krieg – drängende Herausforderungen, aber auch wirtschaftliche Chancen für die gesamte Wirtschaft. Fakt ist: Elektro- und Elektronikgeräte enthalten wertvolle und teilweise versorgungskritische Rohstoffe. Mit innovativen Identifikations-, Trenn- und Sortiertechniken können diese „Lagerstätten“ indes erschlossen – Bergbau an Produkten eben. Eine höchst spannende Erkenntnis, die nicht nur viele Industrievertreter zum Nach- wie Weiterdenken bewegte.
Alle Präsentationen sowie einen Rückblick auf die Veranstaltung finden Sie hier.
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