Doch erst ein paar Zeilen zum Stichwort Showrooming. Kann verstehen, dass Ihnen dieses Wort die gute Laune verdirbt. Wer wird schon gern vom Kunden wie eine Zitrone ausgequetscht und muss dann erleben – im schlimmsten Fall sogar noch im eigenen Geschäft – dass er die Empfehlung dann im Netz kauft. Doch neu ist Showrooming eher als Begriff, denn als Tatsache selbst. Denken Sie doch einfach mal an die Zeit zurück als die Discounter und Fachmärkte aufkamen. Das Thema „Beratungsklau“ war damals in aller Munde.
Doch was ist heutzutage schlimmer? Showrooming oder Webrooming? Beim Showrooming haben Sie den Kunden in der Regel noch vor der Lunte, können aktiv in die Kaufentscheidung eingreifen. Betreiben ihre Kunden Webrooming sind sie physisch meilenweit von Ihnen weg, quasi im Nirwana.
Das neue Kaufverhalten der Konsumenten beschreibt Prof. Gerrit Heinemann, Leiter des eWeb Research Center der Hochschule Niederrhein, mit den Worten: „Der Kunde findet im „World Wide Web“ umfassende Informationen, die ihn bei der Suche nach dem richtigen Produkt unterstützen. Dabei wird der Entscheidungsprozess aufgrund detaillierter Produktinformationen, zusätzlicher Testberichte sowie dargestellter Produktbewertungen von anderen Kunden viel besser unterstützt als bei der traditionellen Beratung durch den Händler.“
Und Heinemann weiter: „Nicht nur in rationaler Hinsicht, auch im Hinblick auf emotionale Kaufmotive kann sich der Kunde im Internet orientieren. So findet er innerhalb seiner Peer Group in sozialen Netzen stets auch Informationen über Akzeptanz und Beliebtheit von Produkten. So verlagert sich der Point of Decision immer mehr in Richtung Internet, koppelt sich definitiv ab vom Point of Sale.“ (Quelle: locationinsider 11.2.2015).
Was tun, wenn Verbraucher und Verbraucherinnen das Webrooming lieben. Dann holen wir sie dort einfach ab. Wie eine solche Webrooming-Kundengewinnungs-Strategie zum Wohle aller, d.h. für den stationären Handel, für den Anbieter wie auch für die Konsumenten, aussehen könnte, erläuterte auf dem von markt intern organisierten Tag des Mittelstandes Dr. Clemens Friemel, Mitglied der Geschäftsleitung des Body- und Beachware Herstellers Anita Dr. Helbig GmbH in Brannenburg.
Sein Credo: Online verführen – offline verkaufen! Leichter ausgesprochen als getan. „Webrooming ist mehr als anstrengend“, gibt der Marketingexperte offen preis. Sein Kerngedanke lautet: „Hersteller erarbeiten gezielt Content, den Händler über ihre Social Media Kanäle und Websites an ihre Kunden / Follower verbreiten.“ Dies könnten Previews, Kampagnen-Fotos und Videos sein, es könnten ferner „Behind the Scene“ oder „Hidden Details“ sein.
Er sieht aber auch eine Bringschuld des Handels. Diese sollten auch ihr Material, ihre Ideen dem Anbieter für seinen Online-Auftritt zur Verfügung stellen. Friemels Formel: „Post & Re-Post.“ Er wünscht sich also eine enge Verzahnung aller Online-Aktivitäten aller am Wertschöpfungsprozess Beteiligten.
Das verbindende Element zwischen dem Lieferanten und seinen Händlern ist dann der Storelocator. „Traffic to Websites gleich Taffic to Storelocator“ lautet Friemels Ansatz und erhofft sich durch diese Strategie, dass der Kunde sich zum Kauf im Fachgeschäft entschließt.
In dieser Logikkette gibt es nach Friemel leider einen Schönheitsfehler. Er macht einen „Systembruch“ aus, denn die klassischen Miedergeschäfte – gerne als One Woman Show bezeichnet – arbeiten in der Regel ohne IT-basierte Warenwirtschaftssysteme. Dies führt dazu, dass kein Datenaustausch mit dem Lieferanten stattfindet. Dieser ist jedoch unabdingbar, denn die potentiellen Kunden wollen heute wissen, ob die im Internet ausgeguckte Ware auch beim ausgewiesenen Händler verfügbar ist. An dieser Stelle sei nochmals Prof. Heinemann zitiert, der auf dem Tag des Mittelstandes 2015 den Teilnehmern aus voller Überzeugung zurief: „Verfügbarkeit schlägt Preis.“
So setzt eine gezielte Kundengewinnungsstrategie über Webrooming nahtlos ineinander greifende Prozesse voraus. Nur straff und zentral gesteuerte Handelsketten sind wahrscheinlich heute soweit. In unserer Hausgeräte- bzw. Consumer Electronics-Branche dürfte somit nur Media-Saturn die technischen Voraussetzungen erfüllten. Umso verständlicher wird, warum Euronics, wie auch ElectronicPartner, aktuell ihre Mitglieder auf ein einheitliches, elektronisches Warenwirtschaft einschwören, deutliche Verbindlichkeit in diesem Punkt einfordern. Da beißt die Maus keinen Faden ab.
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