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ElectronicPartner kritisiert Politik scharf: „Hört auf, das Wort Strategie zu verwenden“

8,1% Umsatzplus in der Verbundgruppe, Inlandsumsatz + 6,7%, gar 19,3% bei den EP: Markenhändlern: Die Düsseldorfer Verbundgruppe ElectronicPartner blickt im Vorfeld seiner Jahresveranstaltung (8. bis 21. April) auf ein ungewöhnliches, in Summe aber gutes Geschäftsjahr 2020 zurück. Und dennoch: Die Kritik an der Politik in Bund und Land ist scharf im Ton, knallhart in der Sache.

Bazooka? „Vorne kamen nur Knallerbsen raus“

Vorstand Karl Trautmann ließ in einem Pressegespräch am vergangenen Freitag das Corona-Jahr 2020 Revue passieren. Auch wenn die Branche im vergangenen Jahr zu den „Krisengewinnern“ gezählt habe, war ein dicker Hals deutlich spürbar: „‘Es ist ernst‘, sagte Angela Merkel und Finanzminister Olaf Scholz holte die Bazooka raus. Doch ein Waffensystem ist nur so gut, wie die Mannschaft, die es bedient. Die Hilfsmaßnahmen waren unterirdisch. Vorne kamen nur Knallerbsen raus.“

Trautmanns unmissverständliche Forderung an die Politik: „Hört auf, das Wort Strategie zu verwenden! Das kann Politik weder auf Landes-, noch auf Bundesebene. Das Handeln ist nicht strategisch, sondern Mist! Versucht es mal mit operativer Exzellenz!“

In einem Jahr, das geprägt war von regulatorischen Maßnahmen im Rahmen der Pandemie-Bekämpfung und Lieferengpässen bei den Herstellern hat ElectronicPartner seine Prozesse in der Wertschöpfungskette im Hinblick auf die Effektivität und Effizienz permanent optimiert. „Umsatzmäßig war der Fachhandel von der Pandemie nicht betroffen. Dank der hervorragenden Positionierung der EP: Fachhändler am Markt, einer frühzeitigen Digitalisierung unserer Geschäftsprozesse und der konsequenten Umsetzung unserer Franchise-Strategie bei Medimax haben wir uns mit dem Umsatzplus von 8,1% gut geschlagen“, erklärte Trautmann.

„Die Hilfsmaßnahmen waren unterirdisch. Von wegen Bazooka - vorne kamen nur Knallerbsen raus“, ElectronicPartner Vorstand Karl Trautmann.
„Die Hilfsmaßnahmen waren unterirdisch. Von wegen Bazooka – vorne kamen nur Knallerbsen raus“, ElectronicPartner Vorstand Karl Trautmann.

Die erfolgreiche Performance der Landesgesellschaften habe ebenso wie das Systemhausgeschäft zu einem erfreulichen Zentralumsatz von 1,5 Mrd. EUR beigetragen. Um eine Vergleichbarkeit zum Wert 2019 zu ermöglichen, wurde die Vorjahresbasis um die Ergebnisse der Medimax Märkte bereinigt, die aufgrund der Neuausrichtung aus der Verbundgruppe ausgeschieden sind.

International: Robust

Das internationale Geschäft der Verbundgruppe erwies sich in allen Landesgesellschaften als robust. Trotz vielfältiger Einschränkungen aufgrund Corona bedingter Maßnahmen konnten die Fachhändler in Österreich, in der Schweiz und in den Niederlanden Marktanteile gewinnen. Dadurch stieg der internationale Umsatz um 12% auf über 409 Mio. EUR.

Eine Folge der Covid-19-Pandemie war die Unterbrechung von Lieferketten bei gleichzeitig stark gestiegener Kundennachfrage. Dies hat zu Lieferengpässen im europäischen Markt für Consumer Electronics geführt. Dennoch konnte die Verbundgruppe in fast allen Sortimentsbereichen zulegen. Ganz hervorragend hat sich das Geschäft mit Elektrogroßgeräten entwickelt. Überrascht haben dabei Gefriergeräte, deren Bedeutung am Markt in den Vorjahren immer weiter gesunken war.

Die eindeutigen Gewinner des Jahres 2020 waren derweil die Kühlgeräte. Bei den Kleingeräten konnten alle Warengruppen mit der Ausnahme Bügeln zulegen, vor allem Küchenmaschinen, Küchengeräte, Kaffeevollautomaten aber auch Akkustick- und Roboterstaubsauger. Während einige Warengruppen deutlich gewachsen sind, haben andere an Bedeutung verloren.

Im Bereich Unterhaltungselektronik hat sich die Warengruppe TV sehr positiv entwickelt, die Nachfrage bei Bluetooth-Lautsprecher indes ist gesunken. Gleiches gilt für den Bereich Mobilfunk, der innerhalb der Verbundgruppe rückläufig war. Bei Multimedia-Produkten waren Laptops und PCs, Drucker und Monitore aber auch Webcams stark nachgefragt.

EP: auf Erfolgskurs

Mit 19,3% verzeichnen die 299 EP: Markenhändler im vergangenen Jahr das deutlichste Umsatzplus seit Beginn der Qualitätsoffensive. Sie konnten sich laut Vorstand Friedrich Sobol zum sechsten Mal in Folge besser als der Kanal Fachhandel (+4,4%) entwickeln. Mit einer durch die Qualitätsoffensive 2.0 geschärften Positionierung als „Local Hero“ sei es den Händlern gelungen, auch in dieser besonders herausfordernden Zeit, Neukunden zu gewinnen und das Geschäft mit Bestandskunden zu festigen.

Ein Trend, der sich zu Beginn des Jahres 2021 fortsetzte: Trotz geschlossener Geschäfte legten die EP: Händler im Januar beim Umsatz um 15,6%, im Februar gar um 21,7% zu. Sobol: „Was hier passiert, ist unfassbar. Der Konsument setzt mehr denn je auf Lokalität und Nähe.“ Während der Shutdown-Phasen habe der Multichannel-Auftritt der EP: Fachhändler genauso überzeugt, wie die ausgewiesene Problemlösungs- und Servicekompetenz jedes einzelnen Mitglieds.

„Beratungsintensiver Handel funktioniert am besten mit Unternehmern und nicht als Filialorganisation“, ElectronicPartner Vorstand Friedrich Sobol.
„Beratungsintensiver Handel funktioniert am besten mit Unternehmern und nicht als Filialorganisation“, ElectronicPartner Vorstand Friedrich Sobol.

Medimax: „Mehr Mensch. Mehr Technik.“

Die Neuaufstellung der Fachmarktlinie Medimax hat ElectronicPartner in 2020 zu weiten Teilen abgeschlossen. Trotz der Corona-bedingten Ladenschließungen konnten viele neue Franchisepartner gewonnen werden und mit zielgerichteter Unterstützung der Verbundgruppe den Schritt in die Selbständigkeit machen. Sobol (mit einem kleinen Seitenhieb Richtung Ingolstadt): „Beratungsintensiver Handel funktioniert am besten mit Unternehmern und nicht als Filialorganisation.“ Dabei war die flächenbereinigte Umsatzentwicklung marktkonform zum Volumen im großflächigen Elektronikeinzelhandel, der um 4,2% zum Vorjahr gestiegen ist.

Zum 31. Dezember sollen (nur noch) 85 Standorte unter der Medimax-Flagge segeln. Sobol: „Dann ist die Talsohle erreicht, und wir setzten wieder auf Expansion.“ Dazu gehört dann auch ein neuer Claim – „Mehr Mensch. Mehr Technik.“ Und ein moderner Look & Feel.

Die Partner und Dienstleister im Technologie-Netzwerk comTeam konnten 2020 deutlich von den Digitalisierungsbemühungen der privaten Wirtschaft und der öffentlichen Hand profitieren. Die IT-Spezialisten schlossen das Geschäftsjahr mit einem guten Wachstum von 5,2% im Hardwarebereich und einem sehr guten Wachstum von 30% im Beratungs- und Servicebereich ab.

Durch den Launch des comTeach Campus im März 2021 wurde jetzt auch der Grundstein für eine Weiterbildungsoffensive gelegt. Das Thema Elektromobilität werde für ElectronicPartner auch künftig keine Domäne werden. Trautmann: „Bei uns gibt es keine E-Bikes und keine E-Autos, wohl aber beschäftigen wir uns mit dem Thema Wallbox.

Das Jahr 2020 ist für ElectronicPartner und seine Mitglieder aufgrund der beispiellosen Herausforderungen der Pandemie komplett anders gelaufen als geplant. „Die Pandemie hat uns um drei bis vier Jahre nach vorne geworfen. Wir sind gewachsen – nicht nur in Umsatzzahlen, sondern auch an der Aufgabe, die uns, der Branche und der gesamten Gesellschaft gestellt wurde. Dank Solidität, einer zeitgemäßen IT-Infrastruktur, vernünftig wirtschaftender Mitgliedsbetriebe und einer solidarischen Haltung der Lieferantenpartner konnten wir das Geschäftsjahr 2020 gut meistern“, so Trautmann.

Miele sorgt für Irritation

Für ein kräftiges Rumoren in der Branche sorgt derweil die neue, seit dem 1. März geltende Preispolitik von Miele. Die Gütersloher weisen neuerdings einen Servicepreis (USVP) aus, der die Lieferung und Anschlüsse der Geräte als Komplettpreis vermarktet. Die Kritik aus dem Handel: Für selbstvermarktende Händler bliebe da nicht mehr viel Gestaltungsspielraum. „Das ist ein Griff ins Portemonnaie des Händlers“, heißt es aus einer Verbundgruppe. ElectronicPartner indes wollte sich zur Preispolitik der Gütersloher auf Nachfrage von infoboard.de nicht äußern.

Auch mit Abstand sind wir für sie nah!
Auch mit Abstand sind wir für sie nah!

Klartext gab es aber zu der kolportierten Nachricht, dass Geräte, die der Fachhandel erst ab der KW 19 (Mitte Mai) bekommen soll, im Onlineshop von Miele bereits erhältlich sein sollen. Sobol: „Ich schätze die handelnden Personen bei Miele sehr, und die DNA der Gütersloher ist zweifelsohne fachhandelsorientiert. Aber das ist keine Strategie, Miele wird da schnell eine steile Lernkurve haben.“

Die Aussichten für 2021 indes hängen vor allem vom staatlichen Handeln in den nächsten Wochen und Monaten ab. „Wir sind gut vorbereitet für ein erfolgreiches Jahr 2021“, so Trautmann. Und nochmals an die Adresse der Politik: „Vergesst Strategien, das könnt ihr nicht. Versucht es mit operativer Exzellenz!“

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