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IFA 2020: Wer darf hinein?

War das in den vergangenen Tagen schon die von allen ersehnte Rückkehr zur „neuen“ Normalität? Viele wünschen sich das, zumal die Infektionskurve in weiten Teilen Deutschlands wie Europas abflacht, sich Industrie wie Handel zaghaft erholen. Mindestens genauso viele sind aber skeptisch, warnen vor einer zweiten Welle, fahren ihr Unternehmen auf Sicht und mit angezogener Handbremse. Unsicherheit auf breiter Front.

Wie ein Licht am Ende des Tunnels scheint da die von der Messe Berlin vergangene Woche Dienstag verkündete Entscheidung, die IFA 2020 in einer „Special Edition“ vom 3. bis 5. September für Fachbesucher aus dem Handel und Journalisten (ausschließlich auf Einladung) stattfinden zu lassen.

Hausgeräte pur ^

Wenn alles klappt, wird von dieser dreitägigen Messe der Hausgeräte und Unterhaltungselektronik auch ohne das Flair von Verbrauchern, Stars & Sternchen, TV-Präsenz und Konzerten ein mächtiger Impuls für die Handelsbranche und den Messestandort Deutschland ausgehen. Mehr noch: Die (Handels-)Welt wird auf Deutschland schauen, da muss man nach einem Vierteljahr Pandemie-Pause keinen Pathos bemühen.

„Für jede Veranstaltung gibt es separate Eingänge, für jede Veranstaltung müssen sich die Fachbesucher im Vorfeld anmelden und registrieren“, Jens Heithecker.

Ähnlich wie beim Re-Start der Fußball-Bundesliga, die sich jetzt an zwei Spieltagen mit „Fußball pur“ ohne all‘ die kleinen Aufgeregtheiten bewährt hat, kann auch für die IFA 2020 gelten: „Hausgeräte pur“, also ohne den Duft von Back- und Waschpulver. Die IFA 2020 Special Edition wird sich ausschließlich auf die B2B-Kernfunktionen konzentrieren und globale Marken, Hersteller, Medien und den Handel dabei unterstützen, sich miteinander auszutauschen und die Innovationskraft der Bereiche Consumer Electronics und Home Appliances herauszustellen.

Mit BSH und Miele ^

Dass man sich mit der IFA 2020 „Special Edition“ auf dünnem Eis bewegt, ist allen bewusst. Ob Handels- oder Industriepartner: Für manche ist das Eis zu dünn, und so gibt es durchaus eine Reihe (prominenter) Ausstellernamen, die in diesem Spätsommer nicht an die Spree reisen werden. Andere warten noch ab, ob das Eis ausreichend tragfähig ist. Die Flaggschiffe und Mitgesellschafter des IFA-Veranstalters gfu indes, BSH und Miele, werden sich unter dem Funkturm präsentieren – und dabei sicher nichts dem Zufall überlassen.

IFA 2020, ja oder nein? Da gibt es kein richtig oder falsch, diese Abwägung muss jeder Markt-Teilnehmer für sich, seine Mitarbeiter und seine Messegäste selbst treffen. „Die Gesundheit aller Teilnehmer hat höchste Priorität“, betonte gestern Mittag noch einmal Jens Heithecker, IFA Direktor und Executive Vice President der Messe Berlin, im Gespräch mit infoboard.de. Und: „Wir uns haben bewusst und mit Augenmaß für einen kleinen, exklusiven Rahmen entschieden, der den aktuellen Auflagen entspricht. Erweitern können wir je nach Lage und Lockerung der Bestimmungen immer noch.“

Größtmögliche Flexibilität sei das Gebot des Handelns. Das gelte auch für die Aussteller, die für ihre Entscheidung, sich auf der IFA 2020 „Special Edition“ zu präsentieren, noch etwas Zeit benötigen. Heithecker: „Wir sind mit allen relevanten Partnern aus der Industrie im Dialog.“ Und mit Blick auf die A-Marken und Zugpferde: „Es sieht gut aus! Auch international.“

Heithecker erläuterte gegenüber infoboard.de noch einmal das Konzept der IFA 2020, die aus vier eigenständigen Veranstaltungen (Global Press Conference mit rund 800 Journalisten, IFA Business, Retail & Meeting Lounges für den Dialog zwischen Handel und Industrie, „IFA Next und IFA SHIFT Mobility“ für die internationale Tech-Community sowie die Sourcing-Plattform „Global Markets“) bestehen wird und mit nicht mehr als 1.000 Teilnehmern pro Tag und Veranstaltung geplant ist.

„Wir sind mit allen relevanten Partnern aus der Industrie im Dialog“, Jens Heithecker, IFA Direktor und Executive Vice President der Messe Berlin.

U.A.w.g.: ifa@Messe-Berlin.de ^

So werden sich pro Tag etwa bis zu 4.000 Teilnehmer auf dem Messegelände bewegen können – ein spontaner Wechsel, beispielsweise von den „IFA Business, Retail & Meeting Lounges“ hin zur „IFA Next“ ist aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Heithecker: „Für jede Veranstaltung gibt es separate Eingänge, für jede Veranstaltung müssen sich die Fachbesucher im Vorfeld anmelden und registrieren.“

Auf dieser Basis kann die Messe Berlin eine gesicherte Umgebung planen, hoffend, dass sich die allgemeinen Rahmenbedingungen bis zur Veranstaltung weiterhin verbessern. Um besser planen zu können, freuen sich die IFA-Macher über E-Mails von Fachbesuchern aus dem Handel, die sich für einen Messebesuch in Berlin interessieren. „Das ist noch keine Akkreditierung, hilft uns aber bei der Planung“, so Heithecker. Die Adresse: ifa@Messe-Berlin.de.

Flexibilität gefragt ^

Und wer darf in die Hallen unter dem Funkturm hinein? „Für diese Entscheidung nehmen wir uns die meiste Zeit“, so Heithecker zu infoboard.de. Eine Einladung ausschließlich nach dem Motto „first come, first serve“ werde es nicht geben, vielmehr suche man auch die enge Absprache mit den Kooperationen. „Über Kontingente für die Kooperationen und Zeitfenster zu reden, macht aber erst Sinn, wenn wir genau wissen, welche Aussteller man in Berlin treffen kann.“ Auch hier ist Flexibilität gefragt.

Wie ist das Stimmungsbild mit Blick auf die IFA beim Handel? „Die IFA ist für unsere Handelspartner und für uns als Aussteller ein besonders wichtiges Branchenevent. Deshalb sind wir gerade mit der Messe Berlin in einem intensiven Austausch, loten die Möglichkeiten unter den neuen Bedingungen aus. Ganz gleich ob physisch oder digital, die EK und electroplus werden sicherlich auf der Special Edition der IFA 2020 vertreten sein“, heißt es von Seiten der EK/servicegroup in Bielefeld.

„Wir werden bei unseren Mitgliedern, die zu den großen und treuen IFA-Fans zählen, dafür werben, dass die telering-Kooperation mit einer repräsentativen Anzahl an IQ-Fachhändlern, das zur Verfügung stehende Fach-Besucherkontingent ausfüllen wird“, Franz Schnur.

Als IFA-Fan „outet“ sich auch telering-Geschäftsführer Franz Schnur, der gerade eine virtuelle Jahreshauptversammlung seiner Kooperation gestemmt hat. „In diesem Jahr wird die IFA als B2B-Veranstaltung den Austausch der Branche untereinander in den Mittelpunkt stellen. Wir werden mit unserem IFA-Messestand nicht auftreten, so dass sich unsere IQ-Fachhändler ganz auf das persönliche Gespräch mit unseren Lieferantenpartnern konzentrieren können. Wir werden mit unseren Mitgliedern, die zu den großen und treuen IFA-Fans seit vielen Jahren zählen, in enge Absprache treten und dafür werben, dass die telering-Kooperation mit einer repräsentativen Anzahl an IQ-Fachhändlern, das zur Verfügung stehende Fach-Besucherkontingent ausfüllen wird.“

„Die von den IFA Machern skizzierten Ideen bedürfen einer deutlich detaillierteren Erklärung und Erläuterung, um eine faire Beurteilung zu ermöglichen“, Friedrich Sobol.

Skepsis bei ElectronicPartner ^

Skeptischer beurteilt man die Lage bei ElectronicPartner. Vorstand Friedrich Sobol: „Die von den IFA Machern skizzierten Ideen bedürfen einer deutlich detaillierteren Erklärung und Erläuterung, um eine faire Beurteilung zu ermöglichen. Die Unternehmerinnen und Unternehmer der Verbundgruppe ElectronicPartner haben in den letzten drei Monaten äußerste Anstrengungen unternommen, um die gesundheitliche Unversehrtheit von Kunden und Mitarbeitern zu gewährleisten. Diese Anstrengungen müssen in den nächsten Monaten beibehalten werden. Deshalb können wir zum heutigen Zeitpunkt noch keine Einschätzung zum geplanten Mix aus Digital- und Präsenzveranstaltung geben.“

„Wir bekennen uns zu den Präsenzmessen und schätzen den direkten Kontakt mit unseren Kunden“, Markus Bisping.

Electrolux kommt nicht ^

Ein richtig oder falsch gibt es in dieser Frage nicht: Prominente Zusagen einerseits (BSH, Miele), prominente Absagen andererseits: „Wir haben uns nach intensiven Überlegungen und in Anbetracht der gegenwärtigen Situation dazu entschieden, unsere Teilnahme an der IFA 2020 auszusetzen und den Fokus auf alternative Präsentationskanäle zu legen. Die Entscheidung ist uns natürlich schwergefallen, da die IFA seit Jahren eine hervorragende Plattform für die Vorstellung unserer Innovationen und den Kundenaustausch darstellt“, so Heidi Zucker Consumer Experience Marketing Manager bei Electrolux in Nürnberg.

„Wir begrüßen die Bemühungen, ein alternatives, spannendes Konzept anzubieten“, Franziska Graef.

Auch von Beurer und Graef kommen charmante Absagen: „Wir bekennen uns zu den Präsenzmessen und schätzen den direkten Kontakt mit unseren Kunden. Dennoch setzen wir zum Schutz unserer Mitarbeiter und Kunden in diesem Jahr aus“, sagt Markus Bisping, Vertriebsleiter Fachhandel beim Gesundheitsspezialisten Beurer. Ähnlich äußert sich auch Franziska Graef, Leitung Marketing bei Graef: „Die IFA ist jedes Jahr ein Highlight. Wir begrüßen die Bemühungen, ein alternatives, spannendes Konzept anzubieten. Nach längerem Abwägen sind wir zum Schluss gekommen, dass wir nicht teilnehmen werden.“

„Rund 90 % unserer Mitglieder sind in diesem Jahr wohl nicht dabei. Sie sehen mehr Gefahren als Chancen“, Berthold Niehoff.

Treffen mit Masken & Abstandsregeln ^

Auch bei ProBusiness, der Marketing-Initiative mittelständischer Hersteller, Marken und Vertriebsorganisationen aus dem Bereich der (kleinen) Elektrohausgeräte, gibt es ein eindeutiges Votum für eine IFA-Abstinenz 2020. Vorsitzender Berthold Niehoff: „Rund 90 % unserer Mitglieder sind in diesem Jahr wohl nicht dabei. Sie sehen mehr Gefahren als Chancen.“ Aber es gibt auch bei ProBusiness Mitglieder, die noch überlegen. Gerd Holl, Managing Director Germany, Austria & Benelux bei Sage: „Derzeit prüfen wir die neuen Pläne zur IFA 2020 Special Edition. Aktuell kann man sich Treffen mit Masken und den nötigen Abstandsregeln noch schwer vorstellen. Bis Anfang September ist jedoch auch noch etwas Zeit. Hier können sich viele Parameter dynamisch ändern.“

„Aktuell kann man sich Treffen mit Masken und den nötigen Abstandsregeln noch schwer vorstellen. Bis Anfang September ist jedoch auch noch etwas Zeit“, Gerd Holl (r.) hier zusammen mit Sage CEO Jim Clayton.

Darauf, den Faktor Zeit und eben größtmögliche Flexibilität, hoffen auch die Macher der Messe-Berlin. Denn wahr ist: Wie für die Pandemie selbst, ist eine IFA in Zeiten der Pandemie eine Veranstaltung für die es weder Erfahrungswerte noch eine Blaupause gibt – eine Messe im Zeichen der „neuen Normalität“.

Matthias M. Machan

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