Für uns ist der Südeingang der Messe Berlin stets die erste Wahl. Natürlich weil die Hausgeräte-Hersteller vor allem in den Hallen 1 bis 6 ihre Heimat haben und nach unserem Eindruck die Unterhaltungselektronik auf der Messe endgültig hinter sich gelassen haben, weil hier die Hausgeräte mit allen fünf Sinnen erlebbar sind und aufgeladen mit reichlich Emotion informativ wie unterhaltsam in Szene gesetzt werden. Rechter Hand bespielt Samsung im Alleingang den Cube, der bereits am Eröffnungsmorgen aus allen Nähten platzte. So fühlt sich Messe, so fühlt sich die IFA an!
Nahtlos der Übergang in die Halle 1, in der die beiden großen BSH-Marken Bosch und Siemens ihre Neuheiten zelebrierten. Wie gewohnt gaben Jura (mit so viel Innovationen wie nie zuvor), Liebherr und Miele in der Premium-Halle 2 ihr starkes Statement ab. „Aerium“, der neue Wäschepflegeschrank von Miele, dürfte neben dem „Cube 4“ von Nivona und dem kratzfesten Induktionskochfeld SaphirMatt von AEG, zu den meist beachtesten Neuheiten der Messe zählen, wobei die frische Brise für jedes Outfit so oder so ähnlich bereits vor vielen Jahren bei LG („Styler“) am Start war.
Dass Miele den doppelten, gar dreifachen Preis der Koreaner für das Frische-Update von Abendkleidern, Jacketts oder Hemden ausruft, hat neben dem Top-Design auch mit den exklusiven Technologien im Inneren zu tun. Indes: Es ist ein Gerät, das zu Miele und seiner Zielgruppe hervorragend passt. Und ein echter Messe-Hingucker!
Große Überraschung dann in Halle 4, die wir noch nie so einladend wie in diesem Jahr wahrgenommen haben. Neben den Produktwelten aus Küche und Waschküche von AEG setzten hier vor allem die Aussteller von ProBusiness ein bärenstarkes starkes Zeichen. Michael Geisler, Geschäftsführer Electrolux Hausgeräte Deutschland und Österreich: „Die IFA 2023 bot den perfekten Rahmen für die Präsentation unserer neuen AEG Ecoline und der Weltpremiere des AEG SaphirMatt Induktionskochfeldes mit kratzfestem Glas. Das Feedback unserer Handelspartner war überwältigend – sowohl in Bezug auf unsere Innovationen als auch auf unseren wunderschönen Messestand. Die vielen positiven Rückmeldungen zeigen uns, dass wir mit unseren nachhaltigen Produkten den Nerv der Konsumenten treffen.“
Viel Licht, viel Transparenz, viel Sehen, Riechen, Schmecken und Fühlen sorgten in der Halle 4.1 für ein kurzweiliges, informatives Messe- und Markenerlebnis. Vor allem: Innovationen zum Anfassen, um für die Marken zu begeistern.
Ein echtes „Muss“ war der neue Stand von Nivona (so einladend und offen wie nie) mit dem neuen Kaffeegenuss-Verstärker „Cube 4“. „Wir wurden zeitweise förmlich überrannt. Und alle verließen unseren Stand mit einem Lächeln“, freute sich Geschäftsführer Peter Wildner über den „Cube“-Coup. Mehr noch: „Wir sind schon lange bei der Messe dabei. Die Resonanz von unseren Fachhändlern war bei jeder IFA sehr gut, bei der diesjährigen Ausgabe jedoch außergewöhnlich. Und auch für das Nivona-Team war diese IFA eine wunderbare Veranstaltung, bei der sich noch einmal zeigte, was für eine fantastische Mannschaft wir sind.“
Auch bei Severin stand das Thema Kaffee, stylisch inszeniert als Cafehaus, mit einem neuen Vollautomaten, der 2024 auf den Markt kommt, sowie der „Filka“ im Vordergrund. „Wir wollten unbedingt in die ‚ProBusiness‘-Halle verriet Martin Wolf von der Bielefelder EK, die dort ihre beiden Erfolgsformate „electroplus“ und „küchenplus“ in den Vordergrund stellte. Ein dickes Lob von unserer Seite an den umtriebigen ProBusiness-Macher Berthold Niehoff, denn mit neuer Stand-Architektur u.a. bei Nivona, Remington und Fakir wirkte die Halle 4.1., in der auch Tineco einen vielbeachteten Aufschlag hatte, wie aus einem Guss.
Party übrigens auch in Halle 6.1, wo SharkNinja und Gastroback für reichlich Frequenz sorgten. Zwischen diesen beiden Polen indes gab es ein sichtbares Abflauen des Besucher-Interesses. Ob Halle 4.1 oder 6.1, vereint zeigten sich beide in den Messe-Trendkategorien der Heißluftfritteusen wie der Nass-Trocken-Sauger.
Mit mehr als 2.000 ausstellenden Unternehmen in 26 Hallen auf 130.000 Brutto-Quadratmetern war die IFA 2023 zum ersten Mal seit der Pandemie ohne Einschränkungen wieder in voller Stärke präsent. Rund 182.000 Fachbesucher und Technik-Interessierte kamen nach Berlin, um die neuesten Produkte und Services in den Bereichen Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte zu sehen.
Das „Sustainability Village“ (für uns trotz des Miele-Auftritts und des „Wertgiganten“ der Wertgarantie eine große Enttäuschung: kaum Frequenz, viele Freiflächen, thematisch viele Splitter, doch kein stimmiger Rahmen), Robotics Hub in Halle 20 (für uns eine echte Entdeckung, hier wurde die IFA in ihrem Anspruch vollends gerecht) oder IFA Outdoors (wo war das denn?): In diesem Jahr gab es auf der IFA viele neue Erlebnisbereiche.
Im sonnigen, sattgrünen Sommergarten warteten Streetfood-Stände, Kreativbereiche und Orte zur Entspannung oder Gespräche abseits der Messehallen auf die Besucher. Fußballfans kamen am Messe-Montag ebenfalls auf ihre Kosten: Sie konnten ihre Helden vom Union Berlin treffen.
Die Keynotes kamen in diesem Jahr von Honor und Hisense. Honor zeigte, wie neue Technologien rund um faltbare Geräte die Zukunft der Mobiltechnologie verändern wird. Hisense betonte die nahtlose Integration von digitalen Diensten auf allen Bildschirmen in den eigenen vier Wänden und kündigte – auf dem Messegelände unübersehbar – seine offizielle Partnerschaft mit der UEFA-Fußball-Europameisterschaft 2024 an.
Im Mittelpunkt der IFA stand das Thema Innovation: Von den Produktvorstellungen und Ankündigungen während der beiden Medien-Vorlauftage (lassen sich auf drei Worte zusammenfassen: Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeit) bis hin zu IFA NEXT. Diese Innovationsdrehscheibe bot in diesem Jahr mehr als 350 Start-ups Platz und brachte diese mit mehr als 200 Investoren zusammen.
Das Fazit von Harald Friedrich, Executive Vice President, BSH Hausgeräte, Head of Sales, Eastern and Central Europe: „Die IFA ist für uns eine großartige Informationsplattform. Auf den Ständen unserer starken Marken Bosch und Siemens haben wir in den letzten Tagen beeindruckende Präsentationen gesehen und führende Innovationen bei unseren Produkten. Bei den vielen Gesprächen wurde klar: insbesondere die Gerichterkennung bei unseren Backöfen, die neuen XXL Kühlgeräte und unsere neue breite Range an Geschirrspülern, mit rund 40% der Varianten in den sparsamsten Energieklassen A und B, kamen bei den Besuchern besonders gut an.“
Die Bilanz von Dr. Sara Warneke, Geschäftsführerin der IFA-Veranstalterin gfu: „Die IFA Berlin ist zurück – sowohl als Plattform als auch als Konstante für die globale Tech-Industrie. Wir haben gezeigt, wie schnell sich die IFA weiterentwickeln kann, um Ausstellerinnen und Aussteller sowie Besucherinnen und Besucher glücklich zu machen. Die IFA 2023 war ein großer Erfolg. Aber wie immer gilt: Der erste Tag nach der IFA ist der erste Tag vor der IFA. Das galt noch nie so sehr wie heute, denn wir bereiten uns jetzt auf den 100. Geburtstag der IFA im Jahr 2024 vor.“
Der erste Tag nach der IFA ist der erste Tag vor der IFA – das trifft es aktuell mehr denn je. Nicht nur den runden Geburtstag gilt es mit tragfähigen Konzepten vorzubereiten. Apropos Konzept: Gesprächsbedarf dürfte in diesen Tagen reichlich vorhanden sein: Wo will man mit der IFA, insbesondere nach dem 100. Geburtstag im kommenden Jahr, eigentlich hin? Eine klare Fokussierung wird von Ausstellern wie den Verbundgruppen dringend angemahnt.
Also, führende Fachmesse der Branche mit weltweitem Anspruch und Geltung oder ein Endverbraucher-Spektakel, eine Art „Grüne Woche“ für Hausgeräte und Consumer Electronics mit Berliner Färbung und Ausrichtung? In Berlin-Mitte und Drumherum fand die Messe jedenfalls nur knapp über der Wahrnehmungsschwelle statt, nicht einmal unsere Taxifahrer wussten von der aktuellen IFA.
Vordergründig muss sich die IFA-Management und insbesondere ihr neuer Geschäftsführer Leif-Erik Lindner darum kümmern, zerschlagenes Porzellan zu kitten und vor allem Vertrauen zurück zu gewinnen. Optimistisch zeigt sich Dr. Stefan Müller, Vorstandsvorsitzender expert SE: „Ich bin zuversichtlich bezüglich der Entwicklung der IFA, an der sich expert in den nächsten Wochen und Monaten aktiv beteiligen wird, und freue mich jetzt schon auf die Jubiläums-IFA 2024.“
Vertrauen wurde im Verhältnis IFA-Management und vielen Ausstellern (die die Zeche letztendlich bezahlen) reichlich zerstört. Nicht nur bei den Kleingeräte-Marken, auch bei dem ein oder anderen ganz großen Player. Oder wie es ein „IFA-Stammkunde“ zu infoboard.de sagte: „Man kann froh sein, so viele erfahrende Aussteller und Marken unter dem Messedach zu haben, die dem Messe-Veranstalter zeigen, wie es geht …“
Noch einmal Dr. Sara Warneke: „Die IFA unter neuer Leitung hat allen Beteiligten gezeigt, dass mit der diesjährigen Veranstaltung ein echter Wandel eingeleitet wurde, der für alle zukünftigen Messen richtungsweisend sein wird. Das IFA-Management und seine Gesellschafter gfu und Clarion sind sich einig, dass eine sich ständig weiterentwickelnde Branche auch eine ständige Weiterentwicklung des IFA-Konzepts erfordert.“
Dem Fazit von Oliver Merlin, Geschäftsführer der IFA Management GmbH, werden sich gewiss nicht alle Aussteller, die mit Verve auf einen „runden Tisch“ mit der IFA-Management und den Verbundgruppen in naher Zukunft pochen, anschließen: „Das Team der IFA Management hat ein echtes Wunder vollbracht und eine wunderbare und inspirierende IFA auf die Beine gestellt. Ich bin stolz auf das, was wir erreicht haben: Wir haben die IFA von einer Messe für Consumer Electronics und Haushaltsgeräte zu einem inhaltsschweren Erlebnis für alle gemacht.“
Mit Verlaub: Die IFA 2023 hat Spaß gemacht. Wir haben ungezählte Kontakte neu geknüpft, bestehende verfestigt. Und wir haben eine gute Stimmung und einige spannende Neuheiten bzw. Optimierungen bestehender Serien erlebt. Aber als „inhaltsschweres Erlebnis für alle“ ragte die IFA 2023 – auch mangels Innovationsdichte – im Vergleich zu Vorgänger-Veranstaltungen vor der Pandemie sicherlich nicht heraus.
Eher zurückhaltend denn auch, man lese zwischen den Zeilen, das Fazit von Dr. Reinhard Zinkann, Geschäftsführender Gesellschafter bei Miele: „In Summe sind wir bei Miele mit dieser IFA zufrieden. Zwar lag die Zahl der Besucherinnen und Besucher aus dem Fachhandel leicht unter Vorjahr, wobei pro Händler oft weniger Personen nach Berlin gereist waren. Auch international, insbesondere aus Europa, waren weniger Besucherinnen und Besucher zu verzeichnen.“
Erstaunlich bleibt: Trotz eines Presse-Ballyhoos mit sehr gut besuchten (AEG, Bosch, Siemens), aber auch überfüllten Veranstaltungen, insbesondere bei Samsung und Beko/Grundig (der Platz für die Presse reichte hier nicht annähernd aus, so gab es selbst für viele angemeldeten Journalisten weder einen Blick auf die Bühne, noch Ton. Ärgerlich!), ist die Resonanz in den Medien, verglichen auch mit der kurz danach gestarteten IAA in München, ehr mau gewesen.
Die IFA 2024 findet im Jahr ihres 100. Geburtstags vom 6. bis 10. September in Berlin statt.
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