Thomas Gottschalk ist im Rentenalter, die IFA indes wirkt jünger, agiler, trendiger und digitaler denn je. Und sie erfindet sich mit neuen Formaten wie IFA Next, IFA+ Summit oder Shift Automotive immer wieder ein Stückchen neu. IFA-Direktor Jens Heithecker, gibt den Kurs vor: „Im Moment erleben wir eine besonders spannende Phase in der technologischen Entwicklung: Themen wie Sprachsteuerung und Künstliche Intelligenz erobern das Feld der Consumer Electronics. Das Interessante daran: Es ist nicht allein eine Industrie, die das Tempo vorgibt. Vielmehr treiben sieben, acht, neun Branchen gemeinsam und kooperativ Innovationen voran.“
Zum diesjährigen Innovations Media Briefing Mitte vergangener Woche in Berlin machten 27 Marken und Hersteller – von AEG bis WMF – neugierig auf die IFA-Innovationen, die Anfang September unter dem Funkturm gezeigt und inszeniert werden. Ein Trendbarometer für Produkteinführungen. „Wir bilden das digitale Leben ab“, begrüßt Heithecker über 320 Journalisten im Congress Centrum am Alexanderplatz. Was folgt ist eine fulminante Branchen-Druckbetankung mit Produkten, Ideen, Innovationen und reichlich Superlativen, ein Marathon von 19 Power-Briefings im Halbstundentakt.
Was auffällt: Zwar mag vom Kaffee-Vollautomaten bis zum Induktionskochfeld kaum ein Gerät mehr ohne App auskommen. Betreutes Kochen, betreutes Kühlen, betreute Gesundheitsvorsorge, ja sogar betreutes Schlafen. Jede Problemlösung scheint im Alltag nur eine App und ein Griff aufs Smartphone entfernt. Doch letztlich ist dieser Appsolutismus nur ein ganz kleiner Ausschnitt des digitalen Lebens, der Revolution, die in atemberaubender Geschwindigkeit auf uns zurast. Da fühlt sich so manche in Berlin präsentierte App eher wie ein technisches Gimmick an. Nicht alles, was theoretisch geht, macht im Alltag praktisch Sinn.
LG brachte es in seiner Präsentation auf den Punkt: „Smart und vernetzt bedeutet nicht gleich benutzerfreundlich“, sagte Merlin Wulf, Direktor Marketing Westeuropa. Komfortabel sei erst die Spracherkennung. Dank der ThinQ-Technologie von LG wird die Spracherkennung mit künstlicher Intelligenz deutlich verbessert. Folge: Die nächste Stufe der Weiterentwicklung von künstlicher Intelligenz kommt, das „Machine Learning.“
Smarte Dienstleistungen gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Sie aber auch wirklich gewinnbringend im Alltag zu nutzen, gelingt umso besser, je mehr diese Services miteinander verbunden sind. Ziel von Bosch und Home Connect ist es, alle Bereiche des vernetzten Hauses miteinander zu verbinden. Ein weiterer Schritt in dieser Richtung ist die Kooperation von Home Connect mit „mozaiq“, das eine Schnittstelle zwischen Home Connect und anderen Geräten, Anwendungen und Dienstleistungen zur Verfügung stellt. Dazu zählen Angebote aus allen Haushaltsbereichen, aber auch Versicherungen oder Pflegedienste.
Auch wenn man seine Einkäufe von Zuhause aus erledigen möchte, kann man sich auf die Unterstützung der Bosch Geräte mit Home Connect verlassen. Beim Online-Shopping von Lebensmitteln zum Beispiel. Oder bei der Vorratshaltung von Reinigungsmitteln. So weiß ein integrierte Tab-Counter in der Home Connect App jederzeit, wie viele Geschirrspülertabs noch vorhanden sind. Per Push-Nachricht erinnert er daran, Tabs oder Pulver, aber auch Klarspüler und Regeneriersalz beim nächsten Einkauf mitzubringen.
Und wenn schon die App für uns das Mitdenken übernimmt, ist man auch mit den Rezeptwelten, die die Home Connect App bietet, bestens aufgestellt. Schnittstellen zu Partnern wie Simply Yummy oder Hello Fresh versprechen jede Menge kreativer Anregungen. Neu kommt jetzt die Anbindung zum Tiefkühl- und Lebensmittel-Heimservice „eismann“ samt Zubereitungshinweisen und Rezepten hinzu. Und was bringt die Zukunft? „Das Home Connect Ökosystem ist mit den aktuellen Services keineswegs ausgeschöpft“, betonte Bosch Geschäftsführer Harald Friedrich in Berlin: „Ganz im Gegenteil: Noch befindet sich das smarte Zuhause erst am Anfang seiner Entwicklung.“
Besinnen wir uns also solange (noch) auf die Kernkompetenzen der Geräte für Küche und Waschküche, Bade- und Schlafzimmer. Denn die machen den Alltag in der Tat noch komfortabler, entspannter, genussreicher, sicherer und schöner. Im Mittelpunkt des Neuheiten-Parcours standen die beiden Trend-Segmente der letzten Jahre: Kaffeezubereitung und Bodenpflege. Mit Jura, Krups, Miele, Philips, Siemens und Sage wurden gleich ein halbes Dutzend Kaffee-Genuss-Verstärker vorgestellt.
Insbesondere Sage, der Newcomer aus Australien mit Branchen-Fuchs Gerhard Holl an der Spitze der deutschen Organisation, ließ aufhorchen. Das beste kommt zum Schluss, das stimmte dieses Mal wirklich: Wie Sage seinen kleinen Siebträger „Bambino Plus“ mit lächerlich geringen drei Sekunden Aufheizzeit, drei Stufen für die Milch-Temperatur und drei unterschiedlichen Milchtexturen gegen ein sündhaft teures Profi-Gerät in ein nur scheinbar aussichtlose Rennen schickt, das hatte Klasse und Pep. Die kleine Bambino macht in der Tat Kaffee wie die ganz Großen in der Champions League der Baristi.
Und noch ein Genuss-Verstärker: Mit dem neuen „Sous Vide Garer Pro“ aus der Lono-Serie bringt die WMF höchstes Koch-Niveau in jede Küche. Sous Vide oder Vakuum-Garen bedeutet im Kern einerseits eine besonders schonende Zubereitung von Lebensmitteln bei relativ niedrigen Temperaturen und andererseits eine herausragende Geschmacks- und Aromen-Intensität. Der „Sous Vide Garer Pro“ kann aber noch mehr: Dank einer Zusatz-Funktion kann er auch als Schongarer genutzt werden und eignet sich damit auch perfekt für das sogenannte „Slow-Cooking“ oder Langzeitgaren. Vor allem Gemüse und Fleisch werden so besonders schmackhaft und verlieren dabei nicht ihr typisches Aroma.
Von den Genuss- zu den Muss-Themen: Ebenfalls im Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit: die Bodenpflege mit neuen Geräten u.a. von AEG, Bosch, Grundig, Kärcher und Rowenta. Auffallend: Der klassische Schlittensauger steht ein wenig im Abseits, immer mehr Unternehmen – wie jetzt auf den Power Briefings AEG – sprechen gar von der Ablösung des klassischen Bodenstaubsaugers. Ein flexibler Akku-Handstaubsauger, der die gleiche Leistung hat wie ein herkömmlicher Bodenstaubsauger? Für die Stiftung Warentest bislang ein Unding, aber vielleicht müssen die „test“-Tester umdenken: Denn der neue FX9 von AEG will das Beste aus beiden Welten vereinen. In punkto Schmutzaufnahme zieht der AEG-Saugprofi dank eines 36V 2.500 mAH-Akkus sowie hocheffizienter, luftstromoptimierter Bodendüse samt Turbo-Bürstenrolle mit den Bodenstaubsaugern gleich.
Durchdacht und clever gemacht: die Motoreinheit ist im unteren Drittel des FX9 eingebaut, so dass sich der Schwerpunkt unten anstatt oben befindet. Das sorgt für eine bessere Manövrierbarkeit und beim Reinigungsprozess lastet weniger als ein Kilogramm Gewicht auf Hand, Arm und Schulter. Von Vorteil ist der obere Schwerpunkt eh’ nur für die Reinigung unter Betten und Sofas, denn so blockiert die Motoreinheit nicht bei niedrigen Höhen. Damit Nutzer aber immer den optimalen Schwerpunkt wählen können, hat AEG beim FX9 das FlexLift-System – nach dem Vorbild der Geschirrspüler – integriert. Durch dieses Detail lässt sich die Motoreinheit einfach entlang des Teleskoprohrs nach oben verschieben. Eine echte Innovation!
Innovativ auch der Waschvollautomat der neuen „WaveActive“-Serie (10 Kg Fassungsvermögen, 1.600 U/min) von Gorenje. Die „WaveActive“-Waschmaschinen sind mit einer speziellen „IonTech“-Technologie ausgestattet. Damit sollen selbst hartnäckigste Flecken schonend entfernt werden. Das Schöne ist: Der natürliche Ionisations-Prozess während des Waschvorgangs liefert beste Waschergebnisse, auch bei niedrigen Temperaturen und ohne die Verwendung von zusätzlichen chemischen Fleckenentfernern. Dank der Ionisation wird zudem die Kalkablagerung in der Maschine weitgehend verhindert, was ihre Lebensdauer deutlich verlängern soll. Die klare Botschaft von Julian Lietzau, Leiter Marketing und PR bei Gorenje in München: „Ziel ist es, die Marke Gorenje im Bereich der Wäschepflege zu repositionieren.“
Für Glücksmomente sorgte Siemens mit Zahlen einer Studie des Zukunftsinstituts: Für mehr als ein Drittel der Menschen führt Kochen zu Glücksgefühlen. Sie geraten dabei in einen Flow – einen Zustand, der sie alles um sich herum vergessen lässt. Ein Produkt, das diese Erfahrung besonders unterstützt, ist das neue „freeInduction plus“-Kochfeld, wenn man so will das Kochen mit Glücksbringer-Technologie. Das „freeInduction Plus“ passt sich automatisch an die Bedürfnisse des Kochs an.
Auf 90 Zentimetern Breite können erstmals bis zu sechs Töpfe und Pfannen jeder Form und Größe beheizt werden – und zwar vollflächig, überall auf dem Kochfeld. Der technologische Schlüssel dazu liegt unter der Glaskeramik: Dort befinden sich 56 ovale Mikro-Induktoren, die automatisch erkennen, wo das Kochgeschirr steht und welche Form es hat. Sie werden nur dort aktiv, wo ihre Power aktuell benötigt wird. Was besonders gefällt: Die ganze Fläche lässt sich in bis zu fünf Hitzestufen unterteilen. Schiebt man den Topf nach vorne oder hinten, verändert sich die Temperatur automatisch. Das ist ideal in Momenten, in denen wenige Sekunden über Geschmack und Gelingen entscheiden.
Und noch so ein echter Alltagshelfer: Von Tefal kommt „Access Steam Care“, ein neuer Dampfglätter mit Vertikalbügelhilfe für schnelles Bügeln. Das ist „Bügeln to go“ mit dem auch Anfänger klar kommen.
Immer wieder kommt einem Dr.med. Volker Busch von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Regensburg in den Sinn, der zum Auftakt der Power Briefings beim Innovationsforum „Insights & Trends“ des IFA-Veranstalters gfu über das „Gehirn zwischen Reizüberflutung und Multitasking“ referierte. Seine Botschaft: „Ein permanenter Strom an Informationen und Aufgaben überfrachtet das Denken. Typische Folgen sind Daueranspannung und Stress. Insgeheim wünschen wir uns mehr Tiefe und sehnen uns nach mehr Ruhe.“
Streng genommen ist das Innovations Media Briefing zwei lange Tage die totale Reizüberflutung. Doch selbst dafür gab es in Berlin die passende IFA-Medizin: Philips stellte die Weltneuheit „SmartSleep“ vor, ein Kopfband, das die Schlafqualität verbessert. Marlies Gebetsberger, Senior Director Marketing Philips Personal Health: „SmartSleep ist eine Lösung, die die Schlafqualität nachweislich verbessert, mehr Energie und Aufmerksamkeit schenkt und die Müdigkeit tagsüber reduziert.“ Genial! Der Nachteil: Nur für Menschen zwischen 18 und 50 Jahren geeignet.
Da müssen wir Halt bei Georg Walkenbach, Geschäftsführender Gesellschafter bei Beurer, suchen. Beurer kommt mit 50 Neuheiten auf die IFA, die neben gutem Aussehen vor allem für Gelassenheit, Entschleunigung und Achtsamkeit sorgen wollen. Hero unter der Beurer-Produktrange ist der „stress releaZer“, ein Atemtrainer mit Vibrationsmassage und Musikbehandlung. Wir haben es schon immer gewusst: Die IFA ist eine riesige Wellness-Oase zum Abschalten und Auftanken!
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