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Jetzt gilt’s: Das neue Energielabel: „Eine Waschmaschine ist kein Reißverschluss!“

Die Umstellung ist nicht von Pappe, die Verunsicherung bei vielen Verbrauchern enorm: Ab 1. März gilt das neue Energielabel für Haushaltsgeräte. Die Kennzeichnung der Europäischen Union (EU) soll das Vergleichen und Auswählen von Geräten erleichtern und für mehr Effizienz sowie mehr Klimaschutz sorgen. Zunächst einmal bedeutet diese Änderung einen maximalen Aufwand für Händler und eine maximale Verunsicherung der Verbraucher.

Da kaufte man beispielsweise bereits im vergangenen November einen Miele Standgefrierschrank, immerhin Testsieger bei der Stiftung Warentest im März 2019, mit der Energieeffizienzklasse A++. Geliefert indes wurde besagtes Gerät (Miele FN 24062 ws) mit einem Aufkleber in der Gefrierschublade, der die Energieeffizienzklasse F(!) ausweist. Da ist die Aufregung beim Empfänger groß, da ist, insbesondere bei Unkundigen und älteren Menschen, noch viel Aufklärung nötig, um zu verdeutlichen, dass das gelieferte Gerät trotz neuer Kennzeichnung nicht weniger effizient kühlt und gefriert.

Indes: Aufklärung, auch seitens des Handels, fand bislang eher unauffällig statt – wie auch, wenn die Läden seit fast zwei Monaten dicht sind. Noch ein Problem: Wer soll all‘ die Geräte auf der stationären Fläche umlabeln, wenn sich das Gros der Mitarbeiter in Kurzarbeit befindet? Mal eben für einen Tag in den Laden kommen, das funktioniert jedenfalls nicht.

Im Wald der Pluszeichen

Eigentlich soll ja auch alles besser werden. „Das neue Label differenziert das Angebot besser als die bestehende Kennzeichnung. Da sich teilweise über 90% der Produkte heute in den oberen zwei Klassen befinden, hat das Label bei der Kaufentscheidung nur einen eingeschränkten Wert. Die EU störte sich außerdem an den Pluszeichen, die aus ihrer Sicht für den Verbraucher zu wenig verständlich sind“, so Werner Scholz, Geschäftsführer der Hausgeräte-Fachverbände im ZVEI, im Gespräch mit infoboard.de. War die Streichung der Plusklassen, die ja ein Zurück in die Zukunft ist, zwingend notwendig? „Die Reskalierung und die damit bessere Differenzierung war sicher notwendig. Ich glaube aber, dass die Verbraucher die Plusklassen sehr wohl verstanden haben. Schließlich hat das Label ja gewirkt und die Nachfrage für energieeffiziente Geräten angekurbelt.“, gibt sich Scholz diplomatisch.

Der ZVEI hat alle Informationen rund um das neue Energielabel in einer Broschüre zusammengefasst.

Die wichtigste Neuerung betrifft die farbige Skala des EU-Energielabels. Sie reicht ab dem 1. März – wieder – von A bis G. Dabei steht „A“ für besonders effiziente und „G“ für wenig effiziente Geräte. Bisher reicht die Skala meist von „A+++“ bis „D“. Grund dafür ist, dass viele Geräte in den vergangenen Jahren deutlich effizienter geworden sind. Das heißt, sie verbrauchen vor allem weniger Strom. Deshalb war die Skala angepasst worden: Einige Klassen waren hinzugekommen („A+“, „A++“ und „A+++“), andere entfallen („E“, „F“ und „G“).

Mit der neuen Skala werden alle Geräte deutlich strenger bewertet. So kann es sein, dass zum Beispiel ein Kühlschrank nicht mehr mit „A++“, sondern mit „C“ gekennzeichnet ist. Das bedeutet aber nicht, dass das Gerät ab 1. März weniger effizient ist. Die neue Skala soll das Vergleichen erleichtern. Beim alten Label haben die vielen Pluskennzeichnungen die Unterschiede zwischen den Geräten kaum noch deutlich gemacht. Und: Mit dem neuen Label will die EU auch die Hersteller motivieren, für noch mehr Effizienz zu sorgen, um wieder die höchste Energieeffizienzklasse „A“ zu erreichen.

Wir erinnern uns: Seit den 1990er Jahren können sich Verbraucherinnen und Verbraucher anhand des europäischen Energielabels über wichtige Eigenschaften von Hausgeräten und Fernseher informieren. Der rasante technische Fortschritt hat jedoch zu einer Konzentration des Angebots in den oberen Energieeffizienzklassen geführt. Die Europäische Union entschloss sich deshalb für eine grundlegende Überarbeitung der Energielabel.

Erhebliche Änderungen

Ab dem 1. März 2021 – zuzüglich einer kurzen Übergangsfrist von gerade einmal 14 Arbeitstagen – wird das neue Etikett zu sehen sein, zunächst für die Produktgruppen Waschmaschinen, Geschirrspüler, Kühl- und Gefriergeräte sowie für Fernseher.

Die Reform des Energielabels bringt erhebliche Änderungen mit sich und die Rückkehr zur ursprünglichen Energieeffizienzskala von A bis G. Als Konsequenz kommt es zu einer sehr deutlichen Reskalierung. Alle Geräte der zunächst betroffenen Produktgruppen werden mit Einführung der neuen Skala herabgestuft, teilweise sehr deutlich. Davon mitbekommen haben dürften indes die wenigsten Verbraucherinnen und Verbraucher.

Alte und neue Labels nicht miteinander vergleichbar

Ein wirklich hocheffizientes Gerät der Klasse „A+++“ kann sich ab März durchaus in der Klasse B, C oder niedriger wiederfinden. Und es geht noch viel komplizierter: Da sich außerdem zeitgleich die standardisierten Verfahren ändern, mit denen die Labelangaben gemessen und berechnet werden, sind die auf dem neuen und alten Label gezeigten Energieverbrauchswerte nicht miteinander vergleichbar. Auch auf politischen Druck hin wurden die Mess- und Berechnungsverfahren verändert, sie wurden technisch optimiert und haushaltsnäher gestaltet. Die absoluten kWh-Stunden lassen sich deshalb nicht mehr miteinander vergleichen.

Viele Informationen, viele Veränderungen: das neue Energielabel. Grafik: www.stromspiegel.de

Die Europäische Union erhofft sich mit der Neuskalierung der Klassen und Herabstufung der heute angebotenen Geräte eine möglichste lange Laufzeit des Labels. Es soll nicht nach wenigen Jahren erneut zu einer Konzentration des Angebots in den oberen Klassen kommen. Um die neuen Label möglichst lange stabil zu halten – Ziel sind mindestens zehn Jahre –, legte die EU mit der Rahmenverordnung EU/2017/1369 fest, dass die produktspezifischen Effizienzklassen so zu gestalten sind, dass „zum Zeitpunkt der Einführung des Etiketts voraussichtlich keine Produkte die Energieeffizienzklasse A erreichen sollen“.

Wenn da mal nicht die Rechnung ohne den Wirt gemacht wurde. Scholz hält es auf Nachfrage von infoboard.de für möglich, dass es beim Start des neuen Labels in bestimmten Produktgruppen A-Geräte geben wird: „Die Industrie ist innovativ!“ Indes: „Wir werden auch Geräte in den Kategorien „E“, „F“ und „G“ sehen.“

„Da sich teilweise über 90% der Produkte heute in den oberen zwei Klassen befinden, hat das Label bei der Kaufentscheidung nur einen eingeschränkten Wert”,  Werner Scholz, Geschäftsführer der Hausgeräte-Fachverbände im ZVEI.

Deutliche Reskalierung

„Anspruchsvoll“ nennt der ZVEI die neuen Effizienzklassen für Waschmaschinen, Waschtrockner, Geschirrspüler, Kühl-/Gefriergeräte und Weinlagergeräte. Und: „Es wird zu einer deutlichen Reskalierung kommen.“

Neben der Streichung der Plusklassen bringen die neuen Energielabel viele weitere Änderungen, wie etwa die Angabe der Programmdauer bei Waschmaschinen und Geschirrspüler. Zudem ist auf den neuen Labels ein QR-Code abgedruckt. Wird der Code mit einem Smartphone gescannt, erhält man zusätzliche Informationen über das entsprechende Gerät.

Wie geht es weiter? Neue, reskalierte Label wird es im nächsten Schritt auch für Wäschetrockner, Backöfen und Dunstabzugshauben geben. Die Rahmenverordnung   EU/2017/1369 fordert, dass spätestens bis zum August 2023 entsprechende EU-Rechtsakte zu erlassen sind. Die praktische Anwendung soll 18 Monate danach erfolgen.

Die EU-Kommission arbeitet zudem an der Neuauflage des im Januar 2019 zurückgezogenen Labels für Staubsauger. Wahrscheinlich wird die EU-Kommission diese Label zeitgleich einführen. Aus heutiger Sicht ist eine praktische Anwendung ab Mitte 2022 bis Mitte 2023 vorstellbar.

Verbraucher soll sich beraten lassen

Ob die neuen Energielabel in Sachen Energieeinsparung so erfolgreich werden wie ihre Vorgänger, bleibt erst einmal abzuwarten. Sicherlich gibt es noch Potenziale für weitere Effizienzsteigerungen bei Hausgeräten. Scholz: „Diese werden naturgemäß aber immer kleiner: Viele technische Optionen sind bereits umgesetzt worden.”

Unabhängig davon: Konsumenten sollten sich aber vor dem Kauf nicht nur anhand des Energielabels informieren. „State of the Art“-Hausgeräte zeichnen sich neben einer hohen Energieeffizienz durch viele weitere Eigenschaften aus, die nicht auf dem Energielabel ausgewiesen sind, beispielsweise Komfortnutzen, Funktionalität, Langlebigkeit, Vernetzbarkeit und Service. Werner Scholz abschließend: „Der Verbraucher soll sich beraten lassen.“ Oder wie ein Top-Händler der Branche mit Blick auf die neuen Label gesagt hat: „Eine Waschmaschine oder ein Kühlschrank sind kein Reißverschluss.“

Der ZVEI hat alle Informationen rund um das neue Energielabel zusammengefasst. Die Broschüre finden Sie hier.

Matthias M. Machan

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