„Darf ich Ihnen einen Kaffee oder Cappuccino anbieten“, fragte mich vor wenigen Tagen der Geschäftsführer einer bekannten Hausgerätemarke anlässlich eines Messebesuchs. Früher, also vor dem März 2020, hätte man die Frage beiläufig, „en passant“ beantwortet. Im November 2021 sorgt diese Höflichkeitsgeste indes für einen Schub von Glückshormonen. Mensch, was haben wir das vermisst! Den gemeinsamen Kaffee mit Freunden, Nachbarn und Geschäftspartnern. Kaffeegenuss ist kommunikativ, bringt die Menschen zusammen, überwindet Hürden und Schranken. Das weiß auch Michael Gliss, der vor beinahe zwei Jahrzehnten Deutschlands erster Diplom Kaffee-Sommelier wuar. Er hat recht: Kaffee ist ein echter Türöffner fürs Miteinander!
Unser erstes Gespräch über Kaffee fand vor über 15 Jahren am Düsseldorfer Flughafen statt. Kaffee trank Gliss damals dabei nicht, was mich doch ziemlich verwunderte. „Ich trinke meinen Kaffee dort, wo ich weiß, dass ich ihn genießen kann. Kaffee ist für mich dann guter Kaffee, wenn ich Lust auf eine zweite Tasse habe“, schiebt Gliss im Interview (dieses Mal auf einer Flusskreuzfahrt Richtung Trier) für die aktuelle Ausgabe von KAFFEE+ nach. Vor 20 Jahren war Gliss ein Unikat, heute, wo es in beinahe jeder Stadt ab 30.000 Einwohnern aufwärts eine Kaffeerösterei gibt, ist er einer von vielen. Aber einer, dessen Expertise gefragt, der als Kaffee-Botschafter längst seine eigene Marke ist.
Genuss ist höchst individuell
Siebträger, Vollautomat, Filtermaschine? Alles hat für Michael Gliss seine Berechtigung, Siebträger, für viele die Königsdisziplin, ist bei Espresso unschlagbar, Vollautomaten bieten einen wunderbaren Komfort und ermöglichen auch ungeübten Kaffee-Liebhabern Genuss in Barista-Qualität auf Knopfdruck. Und selbst die Filter-Zubereitung hat jenseits der Großverpflegung in Altenheimen und Mensen ihren Reiz. Ein Porzellan-Handfilter bringt beispielsweise das Typische eines sortenreinen Plantagenkaffees mit seinen Nuancen am besten heraus. Egal ob fein-herb, würzig, schokoladig oder fruchtig: Kaffeegenuss ist höchst individuell.
Und Kaffee wirkt. Überall. Nicht nur als Türöffner. Bereits bei der Zubereitung werden alle Sinne angesprochen und gefordert. Kaffee wirkt auf das zentrale Nervensystem, regt die Herztätigkeit an, stimuliert die Muskeltätigkeit, beeinflusst Stimmung, Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit. Und die Antioxidantien im Kaffee weisen auf positive Effekte im menschlichen Körper hin. Ein Zaubertrank dank Koffein und über 1.000 Aromen?
Für die meisten von uns jedenfalls unverzichtbar – das sagen laut einer Umfrage rund 53% der deutschen Kaffeetrinker. Tchibo wollte es für den „Kaffeereport 2021“ genau wissen. Für über die Hälfte der Deutschen ist Kaffee unverzichtbarer (52,9%) als ihr Smartphone (42,9%), ihr Auto (36,3%) oder Sex (35,8%). Sachen gibt’s. Da muss ich an meiner Kaffeetasse erst einmal Halt suchen …
Genießen Sie. Ihren Kaffee und alles andere natürlich auch.
Herzlichst
Matthias M. Machan
Chefredakteur
KAFFEE+