Trotz des Stellenwerts, den Künstliche Intelligenz (KI) in der Technik und damit dem Alltag der Menschen einnimmt, ist die Skepsis gegenüber KI in Deutschland groß, wie eine repräsentative Umfrage zeigt, die YouGov (befragt wurden 2.052 Personen ab 18 Jahren in Deutschland) im Auftrag der Branchenorganisation gfu durchführte.
In Smartphones und Smartwatches, Smart-Home-Produkten, Sprachassistenten, vielen TV-Geräten, Wearables wie Fitness-Trackern, Digitalkameras, Apps, Social-Media- und E-Commerce-Anwendungen, und mittlerweile in großen Hausgeräten wie Waschmaschinen und Kühlschränken arbeiten clevere Algorithmen im Hintergrund um Qualität, Benutzererlebnis oder Umwelteigenschaften zu verbessern. Dass künstliche Intelligenz in den Produkten steckt, wird dabei von den Herstellern in der Regel nicht ausdrücklich kommuniziert, doch KI ist häufig die Basis, um Produkte zu optimieren.
Große KI-Begeisterung nicht sichtbar
Ist sie also Kaufanreiz oder schreckt sie eher vom Kauf ab, wenn kommuniziert wird, dass KI in einem Produkt steckt – das war eine Frage der Untersuchung der gfu. Große Begeisterung für KI wurde dabei nicht sichtbar. Für nur sechs Prozent der Befragten ist eine in einem Produkt enthaltene KI ein „definitiver zusätzlicher Anreiz“ für einen Kauf.
Weitere 28% sehen in KI „eher einen zusätzlichen Anreiz“ für einen Kauf. Für ebenfalls 28% wäre KI „eher kein zusätzlicher Kaufanreiz“ und für 12% wäre das Wissen um eine in einem Produkt arbeitende KI „definitiv ein Grund, sich für ein anderes Produkt zu entscheiden“. Recht groß ist auch die Zahl der unschlüssigen: Immerhin 26% konnten oder wollten keine Antwort auf die Frage geben.
Um breite Zielgruppen zu erreichen, wären Hersteller hierzulande also gut beraten, nicht mit der in einem Produkt arbeitenden KI zu werben, da für 40% KI eher abschreckend wirkt. Soll aber nur die spitzere Zielgruppe der Technikbegeisterten angesprochen werden, sprechen die Ergebnisse für eine Bewerbung der KI.
Breiter Beliebtheit erfreut sich KI also (noch) nicht, doch es gibt Bereiche, bei denen KI nach Meinung größerer Gruppen durchaus zum Einsatz kommen darf. Bei der Frage, welcher Nutzen von KI besonders hoch bewertet wird, stehen Fehlerminimierung und eine Komfortsteigerung durch Automatisierungen an erster Stelle (je 37%).
Auch die Effizienzsteigerung wird noch relativ hoch bewertet (31%). Die Verbesserung von Prognosen – beispielsweise beim Wetter und im Finanzbereich – stehen an fünfter Stelle mit 27%. Sicherheit und Überwachung folgen mit 24%. Die klassischen Domänen der Unterhaltungselektronik, wie Bildverbesserungen, sind eher abgeschlagen mit gerade 11%. Und 14% geben an, dass ihnen in Bezug auf KI nichts besonders wichtig ist.
Das Menschliche verliert
Auch wenn „das Menschliche“ leidet, so profitiert doch die Gesellschaft von KI insgesamt nach Meinung gut eines Drittels (36%) der Befragten, 39% sind unentschieden, 25% sehen keinen positiven Einfluss auf die Gesellschaft.
Grundsätzlich steht dann auch eine deutliche Mehrheit bestimmten KI-Anwendungen positiv gegenüber: 59% sagen, dass sie es positiv finden, wenn eine KI Routineentscheidungen übernimmt und so beispielsweise die Leistungsfähigkeit oder Umwelteigenschaften von Produkten verbessert. Nur 15% sehen in solchen Anwendungen keinen Vorteil.
Generell gilt: Fragt man recht abstrakt nach den Einstellungen und Erwartungen gegenüber der Künstlichen Intelligenz, ergibt sich ein eher schwammiges Bild. Wenn es jedoch um spezifische Anwendungen und Nutzungsszenarien geht, werden die Einstellungen eindeutiger.
Als vor etwas mehr als einem Jahr ChatGPT in die Schlagzeilen kam, war ein heiß diskutiertes Thema, ob Schülerinnen und Schüler ihre Hausaufgaben zukünftig nur noch durch intelligente Programme erledigen lassen und die Eigenleistungen gegen Null gefahren werden. Wie die Chancen und Risiken von KI bei der Ausbildung gesehen werden, hat die aktuelle gfu-Befragung ebenfalls ermittelt.
Wenn KI in der Ausbildung angewendet wird, also Texte und Zusammenfassungen schreibt, so wird das über alle Befragten deutlich stärker als Risiko (43%) und weniger als Chance (25%) gesehen. Ein ganz anderes Bild ergibt sich, wenn nur die Betroffenen ihre Einschätzung geben: Bei den Befragten in der Altersgruppe von 18 bis 24 Jahren überwiegen diejenigen, die Chancen für KI sehen (37% Chancen und 25% Risiko). Bei denjenigen in Ausbildung (34% Chance und 21% Risiko) und im Studium (41% Chance und 34% Risiko) ebenfalls.
Die Furcht vor „unmenschlicher“ Technik
Einen deutlichen Zusammenhang mit dem Alter der Befragten gibt es auch in einem anderen Untersuchungsfeld, nämlich bei der Frage, wie der Einsatz von KI im Personalmanagement bewertet wird. Soll beispielsweise eine KI die passenden Bewerber für einen Job suchen oder herausfiltern?
Die Antwort ist eindeutig: Die Hälfte (50%) aller Befragten sehen hier eher Risiken, nur 20% Chancen. Bei den Befragten über 55 Jahren fällt die Einschätzung noch deutlicher aus: 59% dieser Altersgruppe sehen hier Risiken, nur 16% Chancen. Die Furcht vor einer „unmenschlichen“ Technik ist also besonders ausgeprägt, wenn es um die eigene berufliche Zukunft gehen könnte.
Auch in anderen Bereichen ist die Sicht auf Chancen und Risiken sehr unterschiedlich ausgeprägt. Künstliche Intelligenz im Kundenservice, also in Telefonhotlines oder bei Chatbots wird von einer größeren Gruppe (37%) als Risiko gesehen, nur 28% sehen hier Chancen.
„Nutzen von KI deutlich kommunizieren“
„Auch wenn Produkte und Services, die mit Künstlicher Intelligenz arbeiten, schon längst – aber häufig unbemerkt – in der Lebensrealität vieler Menschen Einzug gehalten haben, so zeigt unsere Umfrage doch eine verbreitete Skepsis gegenüber der KI. Dabei werden KI-Anwendungen, die eher entfernt ablaufen deutlich positiver gesehen als solche, die gefühlt nahe an den Menschen agieren”, fasst Dr. Sara Warneke, Geschäftsführerin gfu die Befragungsergebnisse zusammen.
Sie ergänzt: „Um eine breitere Akzeptanz von KI zu erreichen, wird es wichtig sein, die Befürchtungen vor Datenmissbrauch und Ohnmacht gegenüber der Technologie ernst zu nehmen und auszuräumen. Gleichzeitig muss der Nutzen von Anwendungen deutlich kommuniziert werden, damit die Chancen stärker in den Vordergrund rücken.“