95 Prozent der Befragten haben angegeben, dass sie im stationären Einzelhandel hohen Wert darauf legen, Produkte testen und begutachten zu können. Auch die persönliche Beratung spielt für insgesamt 83 Prozent und vor allem bei den über 45-Jährigen eine sehr wichtige Rolle. „Die Ergebnisse verdeutlichen den Charakter des stationären Einzelhandels als Rückgrat unserer Städte“, so Iris Schöberl, Ausschussvorsitzende des ZIA-Ausschusses Handel & Kommunales. „Er bildet das wichtigste Fundament für die Versorgung der Menschen in unserem Land und ist unersetzlich für die Lebendigkeit unserer Städte. Stationärer Einzelhandel ist Impulsgeber.“
Vor dem Hintergrund, dass mit 71 Prozent die Mehrheit der Deutschen im letzten Jahr ein- oder mehrmals im Internet bestellt hat, geht aus der forsa-Umfrage auch hervor, dass insbesondere die älteren Bevölkerungsteile seltener das Internet für ihren Einkauf nutzen (46 Prozent aller über 60-Jährigen). Zudem sind ältere Einkäufer seltener bereit, Extragebühren für die Lieferung innerhalb eines Tages (Same Day Delivery) zu zahlen. Während 34 Prozent aller befragten 18- bis 29-Jährigen einen Aufschlag zahlen würden, sind es in der Altersklasse 60+ nur noch zwölf Prozent. Insgesamt stehen 21 Prozent aller Befragten möglichen Extragebühren für die Lieferung am selben Tag offen gegenüber. Davon würde wiederum die Mehrheit bis zu fünf Prozent des Bestellwertes ausgeben (71 Prozent der Befragten, die Extragebühren zahlen würden).
„Onlineshopping spricht insbesondere Konsumenten an, die nicht so viel Zeit fürs Shopping aufwenden wollen, weil andere Sachen wie etwa die junge Familie oder auch der Beruf im Fokus stehen. Das Einkaufserlebnis wird dann häufig rationaler betrachtet und weicht anderen Aspekten der Zeiteinteilung“, erklärt Schöberl. Das belegt auch die forsa-Umfrage. So geben 42 Prozent aller befragten 30- bis 44-Jährigen an, dass sie Bücher bevorzugt im Internet bestellen, bei den 18- bis 29-Jährigen sind es nur noch 36 Prozent. „Einkaufen ist nun einmal auch Freizeitgestaltung. Einzelhändler, die diese Tatsache in ihrem Hause richtig integrieren und das Einkaufen zum Erlebnis machen, werden auch in den nächsten Jahren nachgefragt sein“, meint Klaus Striebich, Vorsitzender des Vorstandes des ZIA-Mitgliedsverbandes German Council of Shopping Centers (GCSC).
Für das Einkaufserlebnis müsse aber auch die fortschreitende Digitalisierung berücksichtigt werden. „Der stationäre Einzelhandel darf die neuen Möglichkeiten nicht ablehnen. Durch die Digitalisierung ergeben sich neue Wege, um Konsumenten besser zu bedienen“, sagt Striebich. Der aktuelle Trend ist dabei das sogenannte Omni-Channeling, wodurch der Kunde kanalübergreifend angesprochen wird und einkaufen kann. „In Shopping Centern beispielsweise werden Konsumenten über mehrere Kanäle angesprochen, etwa über das Smartphone, das Auge, aber eben auch den Geruchssinn und weitere Sinne. Für den stationären Einzelhandel wird es nun darum gehen, sich vom reinen Distributions- zum Kommunikationskanal, also zum Omni-Channel-Retailer zu entwickeln – auch um die jüngere Generation durch die passenden Kanäle anzusprechen“, fügt Striebich hinzu.
Trotz eines insgesamt starken Wettbewerbs mit dem Online-Handel wird der stationäre Einzelhandel seine Rolle als erster Versorger der Konsumenten auch in Zukunft behalten. Aktuelle Daten von GfK GeoMarketing zeigen, dass die Wachstumsdynamik des Online-Handels, gemessen an den Umsatzzahlen, in den letzten Jahren konstant abgenommen hat – trotz anhaltender Kaufkraftzuwächse. Zwar werden sich auch im stationären Einzelhandel langfristig wirksame Sättigungseffekte einstellen, doch gilt dies eben in gleicher Weise auch für den Online-Handel.
„Der Handel über das Internet wird, wie von vielen oftmals befürchtet, den stationären Einzelhandel auch langfristig nicht ersetzen können“, sagt Manuel Jahn, Head of Financial Services | Fashion & Lifestyle bei GfK im Bereich Geomarketing und Mitglied des Rates der Immobilienweisen. „Nichtsdestotrotz geht es für den traditionellen Einzelhandel nun aber darum, die Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung nicht zu verschlafen. Der Wettbewerb wird zu Gunsten der Konsumenten ausgetragen und in Zukunft neue Möglichkeiten des Einkaufens schaffen.“
„Für stationäre Händler, aber auch Kommunen ist es entscheidend, nicht durch unflexible Sortiments- und Verkaufsflächenbeschränkungen oder eine starre Begrenzung der Ladenöffnungszeiten unnötig beeinträchtigt zu werden“, sagt Schöberl. „Der stationäre Einzelhandel braucht ein hohes Maß an Freiheit, um flexibel auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren. Selten haben sich die Bedürfnisse von Käufern so schnell geändert wie heute.“
Aus diesem Grund fordert der ZIA unter anderem bestehende Sortimentsschlüssel regelmäßig durch Kommunen überprüfen zu lassen und anzupassen, wenn es von Nöten ist. Ein weiteres Problem sind Verkaufsflächenbegrenzungen, die insbesondere größeren Filialen wegen steigender Anforderungen etwa an Sanitärräume und Barrierefreiheit das Wachstum erschweren.
„Filialisten sind gezwungen, bauliche Auflagen unverzüglich umzusetzen. Auf der anderen Seite müssen sie auch ihr Sortiment konstant erhöhen und ein attraktives Einkaufserlebnis bieten, um wettbewerbsfähig gegenüber Online-Händlern zu bleiben“, meint Schöberl. Hierfür spricht auch, dass 87 Prozent der Kunden das angenehme Ambiente des stationären Handels wertschätzen.
Auch bei der Einführung des neuen Baugebietstypen „Urbanes Gebiet“ fordert der ZIA, dass die Strukturen für die Ansiedlung von Einzelhandelsflächen verbessert und die häufig zu starren Vorgaben bei deren Zulassung, Revitalisierung und Umbau verworfen werden. So sei auch die geplante Verkaufsflächenbegrenzung für Einzelhändler auf 800 Quadratmeter hinderlich. „Der Gesetzgeber hat mit dem neuen Gebietstypen die Möglichkeit, den stationären Handel zu stärken. Diese Möglichkeit sollte er dringend wahrnehmen“, ergänzt Schöberl.
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