Aber ob die Gleichung neue Halle (konkret die im Bau befindliche und als „Erlebnisraum“ beschriebene Halle 1+) plus neues Konzept („Urban Connected Living”) aufgeht, also neue Aussteller an den Rhein lockt und vor allem die ehemaligen Hausgeräte-Flaggschiffe zurückholt, das steht noch in den Sternen.
Konkret und spruchreif ist wohl noch gar nichts, immerhin ist die Koelnmesse mit den maßgeblichen Akteuren im Dialog. „Hier denke ich in erster Linie an Namen wie Miele und die BSH Gruppe, aber wir werden auch mit weiteren Unternehmen, wie Haier, Panasonic und LG sprechen“, so Matthias Pollmann, Geschäftsbereichsleiter Messemanagement bei der Koelnmesse. Das große Buhlen hat also längst begonnen!
Wie man die Abstinenzler und Abweichler der Hausgeräte-Industrie für das neue LivingKitchen-Format gewinnen will, umriss Koelnmesse-Chef Gerald Böse, dessen Ausführungen sich mit dem Smart Home, dem Internet of Things und der Künstlichen Intelligenz mit dem (Küchen-)Leben der Zukunft beschäftigte. Böse: „Schon heute wächst der Markt für Smart-Home-Geräte zwar stetig, doch das volle Potenzial, das die vernetzte Technologie bietet, steht immer noch am Anfang.“ Die Prognose für den Umsatz, die die Smart Home-Technologie bis 2025 erwirtschaftet, liegt laut Deloitte alleine für den deutschen Markt bei 19 Mrd. EUR. Tendenz stark steigend.
Betrachtet man die Potenziale, die dieses Thema bietet, erkennt man, welch hohe Relevanz Smart Living für viele Branchen hat. Böse: „Solche Entwicklungen und Lösungen, die auf die Erleichterung des Alltagslebens in den privaten Haushalten abzielen, zählen zu den potenziellen Schlüsseltechnologien dieses Jahrzehnts. Die Frage aber ist: Wie lassen sie sich einbinden in das gesamte Leben? Und wie vernetzen wir Prozesse außerhalb unserer eigenen Wände und kommen so von Smart Home zu einem Smart bzw. Urban Living?“
Die Küche bietet als Herzstück des Wohnens schon heute viele Bereiche, in denen smarte Anwendungen sinnvolle Aufgaben erfüllen können. Viele Hersteller von Küchen und Küchengeräten haben dies erkannt, erweitern ihre Produkte für den Küchenbereich mit intelligenter Technik und Vernetzungsmöglichkeiten.
„Die Einrichtungswelt steht vor disruptiven Veränderungen in der Industrielandschaft und durch die Digitalisierung“, Gerald Böse.
„Für den Handel sind digitale Angebote insbesondere dort interessant, wo Wohnräume und Küchen virtuell dargestellt werden“, Matthias Pollmann.
Böse blickte weit über die Küche und ihren angestammten Tellerrand hinaus: „Ganze Straßenzüge, Städte und Regionen werden miteinander vernetzt sein. Das betrifft insbesondere die Bereiche Bildung, Energie, Gesundheit, Verkehr und Verwaltung.“ Seine Botschaft: „Die Stadt der Zukunft wird smart – und auch das Zuhause von uns allen wird smart und vernetzt. Nur zeigt dies bisher niemand in ausreichendem Maße und in einer Art und Weise, die Zukunft erkennbar werden lässt. Dies wollen wir ändern!“ Was heute definitiv fehle, sei eine thematische Aufbereitung entlang der künftigen lebensweltlichen Realitäten anstelle von Technologie- und Branchensilos, die immer nur Einzelaspekte beleuchten.
Das Ausstellungskonzept der LivingKitchen erlaube dem Besucher eine konstruktive Auseinandersetzung mit der Technik im Verhältnis zu seiner Lebensrealität. Böse: „Mit dem Ausbau übergreifender Inszenierungen wollen wir in der Zukunft den Ausstellern die Möglichkeit bieten, ihre Produkte und Dienstleistungen in einem lebensweltlichen Kontext der Nutzer zu positionieren. Unser Ziel ist es, dass die Darstellung einzelner Unternehmen noch mehr zum thematischen Teil des gezeigten Gesamtbildes wird, das es so bis heute nirgendwo gibt.“
Böses Zielvorgabe: „In spannenden, emotional ansprechenden Themenwelten schaffen wir für die Besucher einen inhaltlichen Mehrwert und ermöglichen es jedem, seinen eigenen interior Moment zu kreieren.“ Klingt gut, klingt aber auch nach sprachlichem Lametta, das einem von der LivingKitchen 2019 noch allzu vertraut klingt. Was vor Jahresfrist nicht weniger als „Future Design“ und experimentellen Raum für die Ideen künftiger Küchengestaltung angekündigt wurde, entpuppte sich vor Ort als Installation ohne echten Mehrwert, geschweige denn Küchenduft.
Ob man mit dem neuen Konzept die Bluechips der Branche zurück an den Rhein holt, dürfte zumindest fraglich sein. Zum einen braucht die Hausgeräteindustrie keine weitere Abverkaufsmesse, zum anderen hat sich auch die IFA in Berlin längst zum Hotspot des smarten, digitalen Lifestyles weiterentwickelt – nur eben mit wesentlich mehr Küchenduft und emotionaler Inszenierung. Vor allem: Auch in Sachen des Smart Home (und weit darüber hinaus) hat die IFA längst Maßstäbe gesetzt.
Mit dem Format IFA NEXT haben die Messemacher zudem eine technologische Wundertüte kreiert, die als Innovationsplattform zusammenbringt, was zusammengehört: 5G, IoT, Künstliche Intelligenz, Robotics, Smart Living, VR & AR, Future Mobility, Digital Health und Nachhaltigkeit. Das muss man erst einmal nachmachen!
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