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Miele: Tschüss liebe Servicezentren – trotzdem „immer besser“ !?

„Die Partnerschaft zwischen Miele und dem beratenden Fachhandel bleibt in der Branche einzigartig.“ Frank Jüttner, Leiter Miele Vertriebsgesellschaft Deutschland.

[dropcap color=”#000000″ font=”0″]M[/dropcap]iele restrukuriert, macht seine Vertriebs- und Servicezentren demnächst dicht. Über 300 Mitarbeiter sind von diesem Schritt betroffen! Ausdruck tieferer Umwälzungen in der Handelslandschaft, berechtigter Aufreger oder einfach nur gelebter (Konzern-) Alltag?

Mit der Bündelung aller Kräfte in Gütersloh und der damit verbundenen sukzessiven Aufgabe seiner Vertriebs- und Servicezentren in Bochum, Frankfurt, Hamburg, Karlsruhe und München verfolgt der Premiumanbieter das Ziel: „Künftig noch schneller und flexibler auf die Anforderungen des Marktes und der Kunden reagieren zu können.“ Wie das gehen soll? Infoboard.de hat in Gütersloh nachgefragt und auch die Einkaufskooperationen um eine Einschätzung gebeten.

So viel ist sicher: Die Partnerschaft zwischen Miele und dem beratenden Fachhandel bleibt in der Branche wohl einzigartig und ohne Beispiel. Sagt nicht nur Miele, sondern auch der Handel, der unisono von einer beispielshaften, engen und vertrauensvollen Partnerschaft spricht. Telering-Geschäftsführer Franz Schnur bringt es auf den Punkt: „Ich kenne aktuell keinen Hausgeräte-Lieferanten, der mit so einer “Mann-starken Manpower” deutschlandweit unsere Facheinzelhändler betreut.“

1. Nachfolger verzweifelt gesucht

Was im Dialog mit den Kooperationen – Miele führte als Begründung seiner Kräfte-Bündelung die Veränderungen in der Handelslandschaft und einen Rückgang der Fachhändler an –  allerdings auch ziemlich deutlich wird: Der Handel hat offenbar ein handfestes Problem mit der Nachfolge-Regelung. Eine rückläufige Zahl an Fachhändlern führen gleich drei Kooperationen – Euronics, EP und die Bielefelder EK – auf „altersbedingte Geschäftsaufgaben“ zurück. Das Internet also nicht der „natürliche Feind des Fachhandels, sondern ein Absatzkanal mit Potenzial“, wie es Lutz Burneleit, Bereichsleiter „comfort“ der EK/servicegroup ausdrückt? Der demographische Faktor scheint der Branche weitaus mehr zuzusetzen als die virtuellen Einkaufswelten.

Doch der Reihe nach: Im Dialog mit infoboard.de blickt Frank Jüttner, Leiter der Miele Vertriebsgesellschaft Deutschland, kurz zurück: Dezentrale Vertriebs- und Servicezentren (VSZ) waren früher vor allem deshalb unabdingbar, weil sich eine schnelle und flächendeckende Versorgung mit Geräten, Ersatzteilen und Zubehör ohne dezentrale Lagerlogistik kaum bewerkstelligen ließ. Bei der Wahl der Standorte, typischerweise in Gewerbegebieten vor den Toren der Städte, standen der eigene Gleisanschluss oder die gute Erreichbarkeit per LKW im Vordergrund.

Heute ist dies grundlegend anders. Jüttner: „Wegen der zunehmenden Komplexität des Sortiments gibt es zur zentralen Über-Nacht-Belieferung durch Gütersloh schon seit Jahren keine Alternative mehr.“ Und weiter: “Dank moderner Kommunikationstechnik lassen sich Prozesse wie Auftragsbearbeitung, Tourenplanung und Stammdatenverwaltung heute problemlos an einem Ort bündeln. Dies verkürzt die Bearbeitungszeiten, spart letzten Endes auch Kosten.“

2. Marketing-Phrase? Gelebte Realität!

Die Partnerschaft, die Miele mit den autorisierten Händlern lebt, ist gefühlt wie faktisch untermauert in der Branche beispielhaft. Getreu des Claims des „Immer besser“ ging und geht Miele auch im Vertrieb Wege, die sich mitunter deutlich von den Mitbewerbern unterscheiden. Die Nähe zum Handel ist keine Marketing-Phrase, vielmehr gelebte Realität. Eine Realität, die Miele aktuell beim Handel einen gewaltigen Kredit einräumt.

Franz Schnur: „Der Betreuungsfaktor steht für meine Begriffe, wenn es um qualitative Kriterien einer Lieferantenbeurteilung geht, ganz oben“. Heißt also: Kenntnis des eigenen Sortimentes, Kenntnis des Wettbewerbes, Kenntnis des Marktes, die Besuchshäufigkeit, die Zuverlässigkeit bei Zusagen, die Mitarbeiter-Kontinuität bis hin zur Schnelligkeit von Auskünften und Zusagen. Nicht zu vergessen die Qualität von Verkaufsmaßnahmen und Verkaufsunterstützungen. Hier sammelt Miele nicht nur bei Schnur Plus- und Treuepunkte en masse.

3. Auf der Strecke geblieben

Ein Loblied auf Miele, ein Seitenhieb auf die Mitbewerber? „Leider müssen wir tatsächlich immer häufiger seitens unserer Fachhändler zur Kenntnis nehmen, dass die Lieferantenkriterien im täglichen Zusammenspiel zwischen Industrie und Handel immer deutlicher spürbar auf der Strecke bleiben“, so Schnur.

Indes: Bleibt die Benchmark, die Miele im beratungsstarken Handel zweifelsfrei gesetzt hat, auch nach Aufgabe der Servicezentren erhalten? Frank Jüttner: „Die Partnerschaft zwischen Miele und dem beratenden Fachhandel bleibt in der Branche einzigartig. Die Handelslandschaft hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Hierauf gilt es die richtigen Antworten zu geben – bei gleichzeitiger Stärkung des Fachhandels!“

4. Noch näher dran …

Miele scheint dies – dank eines schlagkräftigen Vertriebsinnendienstes am Hauptsitz in Gütersloh bei gleichzeitig unveränderten Strukturen im Außendienst – zu gelingen, so dass die Händler auch künftig ihre gewohnten Ansprechpartner behalten. „In den zurückliegenden Jahren hat Miele die Zahl seiner Mitarbeiter im Außendienst, obwohl die Zahl der Fachhändler stetig gesunken ist, auf hohem Niveau konstant gehalten, um die verbleibenden Partner umso intensiver betreuen zu können“, so Jüttner.

Die Verkäuferschulungen sollen sogar noch konsequenter dezentralisiert und somit noch näher im Umfeld der Handelspartner angesiedelt werden. Jüttner: “Der selektive Vertrieb, offline wie online ausschließlich über autorisierte Vertriebspartner und mit vielfältiger Unterstützung durch Miele, stärkt den mehrwertorientierten Fachhandel gegenüber den beratungs- und servicearmen Vertriebsformen.“

5. Sonderfall München

Der erst vor wenigen Jahren komplett renovierte Showroom in München soll übrigens über das Jahresende 2015 hinaus „für eine mehrjährige Übergangszeit“ geöffnet bleiben. Dafür gibt es Gründe: Zum einen liegt das Vertriebs- und Servicezentrum München am weitesten von Gütersloh entfernt (und ist nicht in einem klassischen Gewerbegebiet angesiedelt), zum anderen ist es besonders großzügig und wertig gestaltet. Soll heißen: Hier lässt sich der Kern der Marke sinnvoll wie sinnlich erleben.

Mieles Fokussierung auf den beratenden Fachhandel hat letztlich dazu geführt, dass sich das Netz der Vertriebspartner weiter verdichtet hat, bei denen Endkunden sich Top-Beratung und ebensolchen Service sicher sein können. Und das bleibt auch in Zukunft so, versichert Jüttner: „Im Vordergrund der Planungen stehen die Effizienz und Kundenorientierung unserer Vertriebs- und Serviceorganisation – und somit die Zufriedenheit unserer Handelspartner und Endkunden!“

6. Einschätzung der Einkaufskooperationen …

Telering: Ein starker Partner

Franz Schnur, GF Telering

Ob die Organisation der Service-Zentren zentral oder dezentral erfolgt, ist für Telering-Geschäftsführer Franz Schnur nicht maßgeblich. „Viel entscheidender für den Miele-Erfolg in den Reihen unserer Fachhändler wird auch für die Zukunft sein, dass die Vor-Ort-Betreuung durch den Außendienst keinesfalls an Qualität und Quantität verlieren wird. Ich kenne aktuell keinen Hausgeräte-Lieferanten, der mit so einer “Mann-starken Manpower” deutschlandweit unsere Facheinzelhändler betreut.“ Schnur geht davon aus, dass Miele das Vorhaben, die Service- und Vertriebszentren zu schließen,1 aus der Überzeugung heraus durchführt, „auch zukünftig gerade für unsere Fachhändler ein starker und berechenbarer Lieferantenpartner bleiben zu können“.

EK/servicegroup: Mit Potential

Lutz Burneleit, Bereichsleiter „comfort“, EK/servicegroup

Lutz Burneleit, Bereichsleiter „comfort“ der EK/servicegroup ist sich sicher: „An der sehr hohen Qualitäts- und Serviceorientierung der Gütersloher wird dieser Schritt nichts ändern. Schließlich sind das die Stärken, die Miele groß gemacht haben! Unter dem Strich erwarte ich keine negativen Auswirkungen auf die Betreuungsqualität. Für die EK/servicegroup gilt: Wir sind mit Miele eng und partnerschaftlich verbunden. Und das wird auch so bleiben.“

Gibt es bei der EK/servicegroupe einen signifikanten Rückgang der Fachhändler? Burneleit: „Das Internet ist im Haushaltsgeräte-Bereich nicht der natürliche Feind des Fachhandels, sondern ein Absatzkanal mit Potenzial. Sicherlich haben wir in den letzten Jahren durch den anhaltenden Wettbewerbsdruck oder altersbedingte Geschäftsaufgaben Händler verloren. Andererseits konnten wir genauso viele neue Unternehmen gewinnen, die zum Beispiel mit Shopkonzepten wie electroplus/küchenplus erfolgreich sind.“

ElectronicPartner: Schulung top!

Friedrich Sobol, Vorstand ElectronicPartner

Auch ElectronicPartner verbindet mit Miele „eine enge und gewachsene Partnerschaft.“ EP-Vorstand Friedrich Sobol hofft, „dass Miele trotz der internen Veränderungen am ausgezeichneten hauseigenen Schulungsangebot festhält“. In den letzten Jahren sei die Zahl der Fachhändler, die ihr Geschäft nicht weiterführen, in der Branche insgesamt gestiegen. Sobol: “Hier zeigt sich neben wirtschaftlichen Gründen vor allem die Nachfolgeproblematik. Wir beschäftigen uns daher intensiv mit der Unterstützung bei Firmenübergabe, um Schließungen aus diesem Grund zu reduzieren“.

Expert: Enge Verzahnung

Volker Müller, Vorstandsvorsitzender Expert

Für den „Experten“ Volker Müller zeichnet sich Miele durch „die große Nähe zum Handel aus“. Auch unter Straffung der Organisation ist der Expert-Vorstandsvorsitzende davon überzeugt, dass Miele auch zukünftig die enge Verzahnung zu den Händlern vor Ort wichtig bleiben wird.

Euronics: Maximale Kundenorientierung

Benedict Kober, Vorstandssprecher Euronics

Euronics Vorstandssprecher Benedict Kober ist sich sicher, dass sich an der seit Jahren praktizierten vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Miele nichts ändern wird. „Wir gehen fest davon aus, dass wir unsere erfolgreiche Zusammenarbeit in gewohnter Weise fortsetzen – das gemeinsame Ziel lautet maximale Kundenorientierung.“ Auf Mitgliederseite verzeichnet Euronics derzeit einen leichten Rückgang auf aktuell 1.656 Mitglieder an 1.829 Standorten. Häufigster Grund für die Geschäftsaufgaben ist eine fehlende Nachfolgeregelung.

Matthias M. Machan

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