Dank Big Data und Social Media sind Millennials wohl die am besten analysierte Generation der Geschichte. Trotzdem haben sich einige Mythen gebildet, die dem Wahrheitscheck nicht standhalten. Mit der richtigen Ansprache können Marketing-Abteilungen sie gewinnen – ob als Kunden oder Mitarbeiter.
Für das Marketing ist die Datenflut über die Millennials eine feine Sache. Sie hilft, junge Kunden oder Mitarbeiter gezielter und effektiver zu erreichen. Trotzdem gibt es viele Unternehmern, die diese Generation missverstehen oder falsche Annahmen darüber haben. Auch manche Medien tragen ihren Teil zu den Vorurteilen bei, indem sie Millennials immer wieder als faul, anspruchsvoll, illoyal oder schwierig bezeichnen. Oder ganz banal als die „Ich-ich-ich-Generation“.
Doch in Wirklichkeit sind dies wenig hilfreiche Verleumdungen. So ist es allerhöchste Zeit, sie richtigzustellen.
Milliennials leben zusammen, bevor sie heiraten, und mieten Immobilien, statt sie zu kaufen. Sie lernen online, sind konfus und anders als andere. Stimmt das? Im vergangenen Jahr führte das IBM Institute for Business Value eine generationenübergreifende Studie mit 1.784 Mitarbeitern aus Unternehmen in 12 Ländern und 6 Branchen durch. Demnach will etwa der gleiche Prozentsatz der Millennials (25 Prozent) einen positiven Einfluss auf ihre Organisation ausüben wie bei der Generation X (21 Prozent) und den Baby-Boomern (23 Prozent). Auch bei neun weiteren Punkten waren die Unterschiede zwischen den Generationen minimal.
Demnach wird der Generationenunterschied häufig übertrieben dargestellt. Es gibt zwar Nuancen, aber keine wesentlichen Abweichungen. Vor allem: Millennials sind kein einheitlicher Block. Unterschiede zu ihren Vorgängern liegen zudem nicht nur an der Generation, sondern auch an der veränderten Lebenswelt: Ja, Millennials haben eine andere Mediennutzung und offener formulierte Ansprüche als Menschen vor 30 Jahren. Die Älteren aber auch.
Zugegeben, Millennials legen viel Wert auf Freiheit und Flexibilität. Doch PwC hat eine unternehmensweite Untersuchung in Auftrag gegeben, um die hohe Mitarbeiterfluktuation besser zu verstehen. Das Ergebnis: Millennials „glauben nicht, dass die Produktivität an der Anzahl der im Büro geleisteten Arbeitsstunden gemessen werden sollte, sondern an der tatsächlich geleisteten Arbeit“. Laut einer Umfrage der Bentley University sind mehr als die Hälfte der Millennials sogar bereit, härter zu arbeiten, um Karriereerfolge zu erzielen – wenn sie dafür mehr Flexibilität erhalten.
Mehr Zeit am Schreibtisch bedeutet nicht unbedingt mehr Leistung. Es ist wichtiger, den optimalen Weg zum besten Ergebnis zu gehen. Für Marketing-Abteilungen heißt das, sie müssen flexible Arbeitszeiten und -methoden bieten, um junge Fachkräfte zu binden. Und sie sollten in ihrem Messaging nicht davon ausgehen, dass Work-Life-Balance sich mit wenig Karriereehrgeiz übersetzt.
Letztes Jahr schimpfte der britische Marketing-Guru Simon Sinek Rail in einem viralen Video: „Millennials werden irgendwann in die reale Welt gestoßen – dann stellen sie fest, dass sie nichts Besonderes sind. Man kann etwas nicht einfach so haben, bloß weil man es will.“ Diese und ähnliche Vorurteile werden von vielen Führungskräften geteilt. Doch hohe Erwartungen sind nicht unbedingt mit hohen Ansprüchen gleichzusetzen.
Laut den Erkenntnissen des IBM Institute for Business Value gilt berufliche Anerkennung über alle Generationen hinweg als eine der wichtigsten Motivationen. Ein einfühlsames Arbeitsumfeld, das Leistung auszeichnet und den Fortschritt fördert, sowie eine gute Work-Life-Balance sind nicht nur für Millennials wichtig, sondern für alle Mitarbeiter – ob im Marketing oder in anderen Abteilungen. Mitarbeiter so einzusetzen und zu entwickeln, wie es ihr Potenzial am besten ermöglicht, hat ebenfalls keine Altersgrenze.
Millennials sind im digitalen Zeitalter aufgewachsen und können intuitiver mit aktuellen Technologien umgehen. Das stimmt zwar, trotzdem haben sie keine stärkere Bindung zu ihren Geräten als jede andere Generation. Laut Pew Research gab es in den letzten Jahren vor allem bei der Generation X und den Baby-Boomern ein deutliches Wachstum in Sachen Technologieakzeptanz. Doch Millennials sind meist offener für die Automatisierung manueller Prozesse, die sie mit einem Klick erledigen wollen. Davon profitieren auch die anderen Mitarbeiter. Außerdem sind sie gut darin, die verfügbaren Werkzeuge und Technologien zu personalisieren, um die Produktivität zu optimieren.
Dies bedeutet für Marketing-Abteilungen, dass sie ihre Haltung „so haben wir es immer schon gemacht“ überdenken sollten. Millennials können für innovative, effiziente Prozesse sorgen, die sich einfacher anpassen lassen. Andererseits sollten Marketing-Kampagnen auch so aufgebaut sein, dass sie schnell informieren und sich die Angebote per Mausklick nutzen lassen. Wer mehrere Zwischenseiten einbaut, hat schon verloren.
Autor: Andrea Riepen, Vice President DACH bei F5 Networks, München, https;//f5.com/de
Quelle: E-Mail Marketing Forum vom 29.10.2018
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