Sind das die ersten Anzeichen einer sich abzeichnenden Bremsspur? Zwar konnte Euronics beim Sell-Out der Mitglieder von Oktober 2020 bis Mai 2021 trotz gefühltem Endlos-Lockdown beim Umsatz um satte 9,1% zulegen. Vergleicht man indes den Mai 2021 mit dem Mai 2020 (unmittelbar nach dem 1. Lockdown, der am 4. Mai 2020 endete und zu einem regelrechten Umsatz-Booster führte) steht ein Minus von 11,9% in der Umsatzbilanz der Händler. Benedict Kober, Vorstandssprecher Euronics Deutschland, anlässlich der „ESC kompakt“ (Euronics Summer Convention) am Dienstag: „Ab Mai kämpfen wir mit unseren Zahlen gegen ein sehr erfolgreiches Vorjahr an.“
Für Kober wird das Jahr 2021 mit Blick auf den Umsatz ein vernünftiges Jahr. Aber: „Ab 2022 wird die Arbeit deutlich zunehmen, um vergleichbare Ergebnisse zu erzielen.“ Apropos vergleichbar: Vergleicht man die Euronics-Umsatzentwicklung aus dem Vor-Corona-Mai 2019 mit 2021, steht ein Plus von 5,7% zu Buche.
Dennoch: In der zweiten Jahreshälfte 2021 werden für die Verbraucher, die ein Großteil ihres Bedarfs an Elektrohausgeräten im vergangenen Jahr gedeckt haben, Urlaub, Freizeitaktivitäten und Gastronomiebesuche oben anstehen. Kober: „Mit Rabattaktionen alleine werden wir die Kunden nicht abholen. Wir müssen uns stärker auf die Wertschöpfung konzentrieren und die Kunden dazu animieren, in die Läden zu kommen.“ Dazu gehöre auch die Aufenthaltsdauer und –Qualität in den Läden zu erhöhen.
Wie das funktionieren kann, zeigt der neue Euronics Flagship Store in Bremen, der nach einem Point of Emotion (PoE)-Konzept aufgebaut wurde. Entstanden ist hier eine Erlebniswelt, in der die Kunden im Mittelpunkt stehen, die Geräte anfassen und ausprobieren können und individuell beraten werden. Ziel des Ansatzes ist es, Mensch und Technik möglichst nahe der eigenen Lebensrealität zusammenzubringen. Kober: „Es ist nicht der Ladenbau, der den Mehrwert schafft, es ist der Mensch, der im Vordergrund steht. Die Schulung der Mitarbeiter bekommt einen enormen Stellenwert, damit die Kunden den Mehrwert erkennen und von ihm profitieren können.“
Der Flagship Store der Zukunft zeigt abseits des klassischen Consumer Electronics-Terrains, dass die Philosophie von Euronics nicht vor der Haustüre endet. Als Stützpunkthändler für den Vertrieb des E-SUV Aiways U5, dessen Absatz zuletzt pandemiebedingt ins Stocken geraten ist, bietet der neue XXL-Markt qualifizierte Fachberatung und die passenden Services aus einer Hand an. Das beginnt bei der Wallbox, umfasst aber auch das Zukunftsthema Energiemanagement. „Wir gehen strategisch vor, sehen die ethische Verpflichtung in puncto Klimaschutz. Aber es ist auch ein Geschäftsmodell für unsere Händler.“
Für Kober gibt es drei Euronics-Erfolgsfaktoren die vor, während und nach der Krise wirken: die Nähe der Mitglieder zu den Kunden („Wir sind diejenigen, die helfen und auch hinter die Haustüre kommen.“), die digitale Kompetenz (neu bzw. in der Implementierungsphase ist ein Kundenbindungsprogramm, das im 1. oder 2. Quartal 2022 ausgerollt werden soll) sowie der Claim „Für Dein bestes Zuhause der Welt“. Kober: „Neben Nachhaltigkeit sowie Klima- und Umweltschutz ist das Zuhause der Menschen das große Thema.“
Was bringt für Euronics die zweite Jahreshälfte 2021 bzw. der Start ins neue Geschäftsjahr 2021/22 ab 1. Oktober? Erste Antworten darauf gab das digitale Format „ESC kompakt“ mit 44 ESC-Deals (die georderten Drucker gingen in rekordverdächtigen 40 Sekunden an die Händler) und 75 Beiträgen aus der Industrie. Kober: „Wir gehen auch ohne IFA mit Volldampf in das 2. Halbjahr mit einem ‚Restart 360 Grad Paket‘ für unsere Händler.“ Das beinhaltet neben dem Format „ESC kompakt“ u.a. die Euronics Marken-Tage sowie CRM-Kampagnen wie „Das Leben ist ein Fest“. Für den Oktober ist zudem ein „KickOff22 mit Vollgas ins neue Geschäftsjahr“ auf Mallorca geplant.
Beim gerade zu Ende gegangenen Format „ESC kompakt“ stand neben Produkttrends (Kober: „Die Welt der Kleingeräte macht Spaß, ist sehr quirlig. Es gibt ständig neue Designs, neue Produkte, gar neue Produktkategorien.“) auch das Thema Warenverfügbarkeit im Fokus des Interesses. Während sich, so Kober, die Warenverfügbarkeit bei der Weißen Ware stabilisiere, sei es in allen anderen Warengruppen, insbesondere aber TV im Preiseinstieg oder Tablets, kritisch. Kober: „Das wird bis Ende des Jahres noch kritischer.“
Ein Aufreger-Thema bleibt auch Direct to Consumer. Von infoboard.de auf die wachsende Zahl der Flagship-Stores und den Direktvertrieb der Industrie via eigene Websites angesprochen, sagte Kober: „Wir setzen auf Zusammenarbeit, können uns auch vorstellen, mit der Industrie auf Datenebene zu kooperieren. Aber wir lassen uns nicht vorführen, werden es nicht zulassen, dass uns die Industrie Kunden abspenstig macht. Die Kundenbeziehung bleibt im Handel!“
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