Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) war mal wieder am besten informiert: „Internet-Piraten im Media-Markt“ titelte die FAS am Sonntag vergangener Woche und berichtete, dass Media-Saturn mit ihrem Online-Auftritt um mehr als 20 % bei den Erlösen zugelegt hätte: Zehn Prozent vom Gesamtumsatz online zu kapern, dass hatte Metro-Vorstandschef Olaf Koch als Ziel für 2016 vorgegeben. Wie es aussieht schafft die MSH das sogar früher. Ganz im Sinne von Koch, der Ende Juli auf dem Wirtschaftsgipfel vom Hamburger Abendblatt nochmals deutlich machte: “Unser Kerngeschäft als Händler ist zwar physisch, aber es wird nur überleben, wenn es digital wird.”
Letzten Donnerstag musste der Metro-Vorstandschef dann mit den neuen Quartalszahlen an die Öffentlichkeit. Und siehe da, das Tortenstück am Online-Kuchen der Metro-Tochter MSH wird größer und größer.
Die deutliche Sortimentsausweitung des Online-Angebots dürfte entscheidend zum starken Wachstum beigetragen haben. Stephan Meixner greift in seinem Blog neuhandeln.de noch einen weiteren Aspekt auf. Für ihn „dürften in den Online-Zahlen auch Bestellungen von Kunden enthalten sein, die von vornherein nur stationär kaufen wollen und sich ihre Artikel zur Sicherheit online reservieren. Das Online-Geschäft dürfte daher auch stark wachsen, weil sich in solchen Fällen die Umsätze aus dem stationären Handel in den E-Commerce verlagern.“
Mit ihrem rasanten Online-Business dürften die Ingolstädter in Sachen Multichannel in weniger als einem Jahr locker und beinahe aus dem Stand an allen Marktteilnehmern vorbeigerauscht sein. Eben spät begriffen – und dann mächtig durchgestartet. Highspeed war also bitter nötig, andernfalls hätte man im scharfen Wettbewerb mit den Online-Gigangten von Amazon & Co. weiter an Boden verloren.
War da nicht was? Richtig, spät ist die MSH (2010/2011) ins boomende Online-Geschäft eingestiegen. Die anfängliche Online-Blockade beschrieb Koch laut Hamburger Abendblatt mit den Worten: „Media-Saturn hat aus Kannibalisierungsängsten viel zu lange damit gewartet habe, konsequent in den Onlinehandel einzusteigen.“
Aber gerade noch rechtzeitig den Dreh bekommen! Und vor allem: Der Kurs stimmt! Die Weichen stehen weiterhin auf Multichannel in allen Spielarten. Nichts ist treffender als das Kampagnenmotto aus dem vergangenen Weihnachtsgeschäft: „Wer will, der kriegt. Im Markt. Im Netz. Jederzeit.“ Dieser Satz bringt es – für die gesamte Branche übrigens – auf den Punkt. Der Kunde von heute denkt nicht in Vertriebskanälen.
Verfügbarkeit überall und jederzeit ist Grundvoraussetzung für erfolgreiches Omnichannel. Media Markt (und Saturn) haben es in Rekordzeit geschafft, mit ihrer Multichannel-Strategie ein nahtloses, kanalübergreifendes Einkaufserlebnis zu kreieren, um die Kundenwünsche optimal zu erfüllen. Dazu passt auch die positive Zwischenbilanz, die MediaMarkt nach der Eröffnung der Pilot-Filiale in Ingolstadt im Herbst 2014 gezogen hat. Der neue Markt werde von den Kunden „extrem gut“ angenommen. Themen wie Inspiration und Innovation ließen sich mit den neuen, digitalen Verkaufskonzept nun viel besser umsetzen.
Vor gut einem Vierteljahr erklärte Media-Saturn-Chef Pieter Haas Anfang anlässlich des “Field Trip 2015” der Metro Group, bei dem der Handelskonzern ein Update zur künftigen Strategie seiner Vertriebsmarken gab, das die MSH bis 2020 “Europe’s leading CE Digital Commerce Company“ werden wolle. Für die künftige Entwicklung von Media-Saturn skizzierte Haas auch eine Reihe von Aufgaben, wie neue Services im Bereich des Internets der Dinge oder die zusätzlichen Möglichkeiten, die sich durch digitale Features und Multichannel-Konzepte im stationären Umfeld ergeben. Man müsse den immer stärker digital geprägten Kunden eine Vielzahl an Anknüpfungspunkten bieten, die diese kontextabhängig nutzen können.
Dazu zählen Stores, die neben innovativen Beratungslösungen ganz selbstverständlich kanalübergreifende Services wie Click & Collect in den Mittelpunkt stellten. Aber auch Onlineshops, Mobile-Angebote und Verkaufsautomaten. Abgerundet wird die ganzheitliche Kundenansprache durch digitale Beratungs- und Service-Angebote wie Kundenmagazine und -Communities, aber auch einen erweiterten Customer Service. Das alles klingt logisch, schlüssig und nachvollziehbar.
Und was macht der große Rest, all’ die Experten, Euronicer und EP’ler? Auch hier klingt vieles wohl durchdacht und auf Höhe der Zeit, aber immer auch ein wenig hausbacken, was nicht nur aber auch an den dezentralen Strukturen liegen mag. Wenn dann auch noch einige Leuchttürme der Kooperationen ihr eigenes Ding drehen, ist es im Handelsalltag gar nicht so einfach, den Multichannel-Ansprüchen – eben jederzeit und an jedem Ort – gerecht zu werden. Nicht von ungefähr, fordert daher Euronics-Chef Benedict Kober von seinen Mitgliedern mehr Verbindlichkeit ein. Kein leichtes Unterfangen. Auch bei der MSH war aller Anfang schwer. Man erinnere sich: Zum Start des Online-Geschäftes rummorte es unter vielen (Filial-) Geschäftsführern, als ihre Freiheitsgrade beschnitten wurden.
Media-Saturn | 9M 2013/14 (in Mio. €) | 9M 2014/15 (in Mio. €) | Veränderung (€) | Veränderung (lokale Währung) | flächenbereinigt (lokale Währung) |
Umsatz | 16.045 | 16.655 | 3,8% | 4,7% | 3,2% |
Deutschland | 7.498 | 7.652 | 2,1% | 2,1% | 1,4% |
Westeuropa (ohne D) | 6.407 | 6.758 | 5,5% | 4,8% | 3,3% |
Osteuropa | 2.140 | 2.245 | 4,9% | 14,5% | 10,1% |
EBIT vor Sonderfaktoren | 205 | 309 | +104 Mio. € |
Media-Saturn | Q3 2013/14 (in Mio. €) | Q3 2014/15 (in Mio. €) | Veränderung (€) | Veränderung (lokale Währung) | flächenbereinigt (lokale Währung) |
Umsatz | 4.563 | 4.620 | 1,2% | 1,2% | 0,2% |
Deutschland | 2.110 | 2.064 | -2,2% | -2,2% | -2,1% |
Westeuropa (ohne D) | 1.842 | 1.943 | 5,5% | 4,2% | 2,3% |
Osteuropa | 611 | 613 | 0,3% | 4,1% | 2,1% |
EBIT vor Sonderfaktoren | -70 | -60 | +10 Mio. € |
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