Nix mit Kannibalisierung – die MSH legt kräftig zu!

Die MSH lässt aufhorchen: Nicht etwa durch neue Zukäufe, die unablässigen Störmanöver des Anteilseigners Kellerhals oder gar neue Online-Strategien, die uns noch zu Jahresbeginn beinahe in Schnappatmung verfallen ließen. Nein, es sind die schnöden Zahlen, die uns vergangene Woche ein Chapeau entlockten. Denn während der Mutterkonzern Metro bei Vorlage seiner Bilanzzahlen für das zweite Quartal (Januar – März) des Geschäftsjahres 2014/2015 unter der Last seiner SB-Warenhaustochter Real ächzt, macht das langjährige Sorgenkind, die Media-Saturn Holding, aktuell richtig Freude und legt beim flächenbereinigten Umsatz wieder kräftig zu.

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Lauter Gewinner

Im 2. Quartal 2014/15 wuchs der flächenbereinigte Umsatz der Media-Saturn Holding merklich um 5,2%. Im Heimatmarkt Deutschland legte der Umsatz sogar noch deutlicher um satte 7% auf 2,4 Mrd. EUR zu. Flächenbereinigt stieg der Umsatz um 5,9%. Ein Ergebnis, das um so höher zu bewerten ist, da im gleichen Zeitraum der Non-Food Umsatz des Einzelhandels laut Statistischem Bundesamt nur um 4,4 % zunahm. Man liegt also in Ingolstadt nicht nur bloß über Durchschnitt, sondern signifikant über dem Durchschnitt. Und das, obwohl man die digitalen Verkaufgskanäle ursprünglich viel zu lange verschlafen hatte.

Aber jetzt ist man Vorreiter der Branche, ja mit einigen Bausteinen in den stationären Flaggship-Märkten sogar technische Avantgarde. Der nun konsequente Ausbau des Online-Geschäfts sowie die intelligente Verzahnung der Vertriebskanäle tragen Früchte. Zum Geschäftserfolg trugen aber auch erfolgreiche Marketingaktivitäten zu Jahresbeginn und ein kalendarisch frühes Osterfest 2015 bei. Zudem profitierte Media-Saturn als Marktführer auch von einer positiven Entwicklung des Gesamtmarkts.

Und noch etwas fällt bei Durchsicht des Quartalsberichts auf: Die über das Internet generierten Umsätze stiegen im 1. Halbjahr des Geschäftsjahres deutlich um rund 25% auf 0,9 Mrd. EUR, machen damit inzwischen knapp 8% des Gesamtumsatzes von Media-Saturn aus. Und der Trend setzt sich weiter fort: Auch im 2. Quartal legte der Online-Umsatz noch einmal zu und stieg um über 20% auf 0,4 Mrd. EUR. Überrascht hat uns zudem, dass trotz einem kräftigen Plus im Online-Geschäft auch das stationäre Geschäft deutlich anzog. Hier liegt das flächenbereinigters Plus im 1. Halbjahr bei 2,7% , im 2. Quartal sogar bei 5,9%. Kannibalisierungseffekte finden bei der MSH offenbar nicht statt. Aktuell scheint sogar das Gegenteil richtig. Hat das vielleicht eine Signalwirkung für die gesamte Branche?

Media-Saturn

H1 2013/14

(in Mio. €)

H1 2014/15

(in Mio. €)

 Veränderung

(€)

Veränderung (lokale Währung) flächenbereinigt (lokale Währung)
Umsatz 11.482 12.035 4,8% 6,1% 4,4%
Deutschland 5.388 5.588 3,7% 3,7% 2,7%
Westeuropa (ohne D) 4.565 4.815 5,5% 5,1% 3,7%
Osteuropa 1.529 1.632 6,7% 18,5% 13,2%
EBIT vor Sonderfaktoren 275 369 +94 Mio. €

 

Media-Saturn

Q2 2013/14

(in Mio. €)

Q2 2014/15

(in Mio. €)

 Veränderung

(€)

Veränderung (lokale Währung) flächenbereinigt (lokale Währung)
Umsatz 4.881 5.161 5,7% 6,9% 5,2%
Deutschland 2.242 2.399 7,0% 7,0% 5,9%
Westeuropa (ohne D) 2.001 2.127 6,3% 5,4% 3,7%
Osteuropa 638 634 -0,6% 11,7% 8,0%
EBIT vor Sonderfaktoren -14 20 +34 Mio. €
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Screenshot biwigo.de

„Damit das Leben läuft“

Und die aktuelle Erfolgsstory ist wohl noch lange nicht zu Ende geschrieben. Mit Biwigo.de hat die Media-Saturn-Gruppe jetzt einen neuen Online-Shop aufs Gleis gesetzt, der sich auf den Verkauf von Weißer Ware (Großgeräte) spezialisiert hat und nicht zuletzt auch als Kampfansage an Nischen-Shops wie ekinova.de (Otto) und AO.de zu verstehen ist. Rein optisch ist der Biwigo-Auftritt sicherlich (noch) der Kühlste unter den drei Playern, aber es geht in diesem Vertriebskanal ja auch weder um Genuss noch um Lifestyle in Küche oder Waschküche – sondern einzig und allein um den Preis. Es gibt zwar eine Handvoll Online-Ratgeber bei Biwigo, die Kunden im „Biwigo Magazin“ die Kaufentscheidung für einen Herd oder Kühlschrank erleichtern sollen. Trotzdem drängt sich der Eindruck auf: Wer bei Biwigo oder seinen Mitbewerbern landet, ist vorinformiert und schielt ausschließlich auf das beste Angebot.

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Geld verdienen? Nicht mit der Hardware …

Und da sind die Briten von AO mit Ihren Slogans momentan die Aggresivsten. Geworben wird mit Rabatten von bis zu 40 % (auf alle Back- und Kochgeräte ab 349 EUR) sowie dem Versprechen, die Preise aller Online-Shops – inklusive Media Markt, Saturn, Redcoon, Cyberport, Ekinova u.a. – zu schlagen. „Tiefpreisgarantie“ nennt man das, und womit die Briten ihr Geld verdienen, steht noch dahin. Eine mögliche Antwort lieferte der neue Redcoon CEO Martin Sinner, der auch das Sagen über die „Electronics Online Group“ der MSH hat, anlässlich der Veranstaltung “K5 Capital Day”:des Fachblogs Exciting Commerce vor einigen Wochen: AO nehme eine Konsolidierung der Branche vorweg, da das Unternehmen seine Marge nur aus Upselling-Services erwirtschafte. Im Klartext: Der britische Online-Händler habe gar nicht das Ziel, Geld mit dem Hardware-Handel zu verdienen. Er verkaufe vielmehr Haushaltsgeräte quasi zum Einkaufspreis und setze darauf, an zusätzlichen Serviceleistungen wie Finanzierung oder Versicherungen zu verdienen.

Fakt ist: Mit Biwigo.de befindet sich die Media-Saturn-Gruppe in bester Gesellschaft. Denn immer mehr Handelsriesen investieren in Multi-Shop-Strategien und bringen spezielle Sub-Shops mit Nischensortimenten, beispielsweise für Wearables, an den Start. Wer zu spät kommt, den bestraft normalerweise das (Wirtschafts)Leben. Für die MSH gilt das nicht (mehr). Man startete spät, beinahe zu spät in die digitalen Geschäftsfelder, surft aber jetzt auf der Welle der Online-Pure-Player ganz vorne mit – und integriert zudem das stationäre Geschäft sinnvoll mit ein. Die einzelnen Online-Pureplayer der Media-Saturn-Gruppe sollen sich an unterschiedliche Kundengruppen richten und bei Preis, Sortiment und Service unabhängig voneinander am Markt agieren können. Die MSH zurück auf dem Weg zu alter Stärke? Es sieht fast so aus.

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Konflikt schwelt weiter

Das sollte ja eigentlich auch Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals freuen. Tut es aber nicht. Nachdem er sich an MSH-Chef Pieter Haas erfolglos abgearbeitet hat, hat Kellerhals nun den Finanzgeschäftsführer auf dem Kieker. Oliver Seidl muss nach Informationen der „Wirtschaftswoche“ vom 7. Mai wohl seinen Posten räumen. Bei der jüngsten Gesellschafterversammlung der MSH Mitte April lehnten die Vertreter der Kellerhals-Gesellschaft Convergenta, die 21,6 % an der MSH hält, eine Verlängerung des Vertrags mit Seidl offenbar ab. Damit dürfte der Konflikt bei der MSH zwischen Minderheitsgesellschafter Kellerhals und Mehrheitsgesellschafter Metro weiter schwelen.

Matthias M. Machan

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