Die Bedeutung von Marken für die Kaufentscheidung von Verbrauchern wächst seit Jahren. Seit 2010 stieg die Relevanz von Marken für Konsumenten um 10%, seit 2016 ist der Wert auf hohem Niveau stabil geblieben. Das ist eines der Ergebnisse der aktuellen Markenrelevanzstudie, die McKinsey alle drei Jahre gemeinsam mit der Universität Köln veröffentlicht. Zum ersten Mal wurde die aktuelle Befragung um sechs reine Online-Kategorien erweitert, vom Versandhandel über Lieferdienste und Media-Streaming-Portale bis hin zu Plattformen für Reisebuchungen, Versicherungsabschlüsse und Partnersuche.
Dabei zeigt sich eine gespaltene Entwicklung: Bei physischen Produkten und im stationären Handel ist die Bedeutung der Marke leicht zurückgegangen, bei Dienstleistungen hingegen gestiegen. Dennoch sind Marken bei konkreten Produkten nach wie vor am wichtigsten: Zigaretten, Handys und Mittelklassewagen liegen in der Markenbedeutung weiterhin auf den ersten Plätzen – dicht gefolgt von Bier und Laptops. Bei den Dienstleistungen stieg die Markenrelevanz um knapp 4%. Für die Studie wurden mehr als 1.000 Verbraucher aller Altersgruppen befragt.
Die überraschende Erkenntnis: Beim Online-Einkauf sind Marken aus Sicht der Verbraucher um 14% wichtiger als beim Einkauf im niedergelassenen Handel. „Für Online-Shopper ist Risikoreduktion die mit großem Abstand wichtigste Markenfunktion. Der entsprechende Wert liegt um mehr als 13% über dem für Selbstverwirklichung. Eine starke Marke schafft Vertrauen, und sie schützt die Verbraucher vor den Folgen einer falschen Entscheidung,“ sagt Prof. Dr. Marc Fischer, Inhaber des Lehrstuhls für Marketing und Marktforschung der Universität Köln.
Die Konsequenz für Marken-Manager? „Auch reine Online-Marken sollten die Bedeutung einer klaren Positionierung und wohldefinierter Werte nicht unterschätzen“, sagt McKinsey-Partner Sascha Lehmann. „Viele Verbraucher empfinden das Internet als unübersichtlichen und potenziell gefährlichen Raum. Starke Marken helfen bei der Überwindung solcher Vorbehalte.“
Noch wichtiger als beim Online-Shopping sind Marken beim Online-Dating. Wer im Internet einen Partner sucht, setzt dafür mitunter nicht nur viel Zeit und Geld ein, sondern gibt oft auch viel von sich selbst preis. Um zu verhindern, dass dieser Vertrauensvorschuss ausgenutzt oder missbraucht wird, halten die Nutzer sich an Anbieter mit starker Marke und gutem Ruf. Zusätzlich dient die Marke als Quelle sozialer Distinktion und Gradmesser der Ernsthaftigkeit potenzieller Partner. „Ein Anbieter, der von seinen Nutzern detaillierte Profile und einen monatlichen Mitgliedsbeitrag fordert, wird als seriös wahrgenommen. Wenn die Nutzung dagegen kostenlos ist und freizügige Fotos das Angebot dominieren, unterstellt man den Nutzern eher Oberflächlichkeit“, erklärt Nils Liedtke, Senior Expert bei McKinsey.
Kampagnen, die nur auf Klicks und Kaufabschlüsse zielen, reichen zur Vertrauensbildung nicht aus. Wenn der Aufbau einer eigenen Marke die Mittel eines Anbieters übersteigt, lohnt es sich, auf bekannte Online-Verkaufsplattformen zu setzen oder auch bei der Auswahl der Zahlungs- und Logistikpartner auf die Markenbekanntheit zu achten. Sascha Lehmann: „Das gute Image der Kooperationspartner strahlt auf die eigene Marke ab und stärkt damit indirekt auch das Vertrauen der Verbraucher.“
Marken, die in mehreren Kanälen präsent sind, sollten die Bedürfnisse ihrer Offline-Kunden mit denen der Online-Shopper abgleichen. „In einigen Bereichen reicht eine Marke aus, um alle Kanäle erfolgreich zu bespielen. Aber in bestimmten Branchen und Märkten kann es sich auszahlen, in eine separate Online-Marke oder sogar in mehrere Micro-Brands zu investieren, um den immer differenzierteren Erwartungen der Zielkunden gerecht zu werden“, betont Lehmann.
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