Fleischbrühe mit Ei als Vorsuppe gehört für mich auch an Ostern 2016 zum Festtagsmenü unbedingt dazu, denn die gab es schon bei meiner Uroma jedes Jahr an Ostern. Heute hab ich erfahren, dass die Art, wie sie diese Fleischbrühe mit Ei zubereitete, sehr gesundheits-förderlich ist – Omas Hausrezept liegt also voll im Trend.
Meine Uroma stand am Ostersonntagmorgen bereits 5 Uhr auf, um ihr Ritual zu beginnen. Sie setzte einen großen Topf mit Wasser auf den alten Kohleofen, gab Rindsmarkknochen hinein und beobachtete das Wasser, bis es zu kochen anfing. Dann zog sie den Topf vom Feuer und gab ihm einen Platz in Randlage, wo die Brühe weiter vor sich hin simmerte. Die Wasseroberfläche durfte sich dabei nur minimal bewegen.
Während die Knochen langsam ihre Kraft losließen, putzte Oma Möhren, Sellerie und Lauch, schnippelte alles klein und gab es zu den Knochen. Erst dann kam ein bisschen Salz drauf. Deckel drauf und Oma ging ins Schlafzimmer, um sich für den Kirchgang anzuziehen.
Bei der Rückkehr um acht Uhr galt ihr erster Blick unter dem Hütchen mit Schleier dem Topf auf dem Herd. Der Deckel durfte keinen Ton geben, das Wasser darunter nur ganz leicht Blasen werfen, doch der Wohlgeruch durfte sich bereits in der kleinen Küche ausbreiten. Sie zog sich um und setzte sich auf den Stuhl neben den Herd.
Heute noch sehe ich sie dort sitzen und wie ein Schießhund den Topf bewachen, denn darin entstand über die nächsten simmernden fünf Stunden eine kräftige Fleischbrühe als Grundlage für die Festtagssuppe am Mittag, von der vielleicht noch etwas für den nächsten Tag aufgehoben werden konnte.
Was Oma intuitiv wusste, ist heute in Studien nachgewiesen: Es ist die Art ihres Niedrigtemperaturgarens, das der Suppe ihre medizinische Wirkung verleiht. Bei niedrigen Temperaturen unter 100 Grad C gehen die fettlöslichen Nährstoffe aus dem Knochenmaterial in das Wasser über, ohne zu verkochen. Sie wirken entzündungshemmend und sind antioxidativ wirksam; die darin gelösten Fettsäuren sind genau diesselben wie in den Zellen in der Darmschleimhaut, wirken also beim Zellwandaufbau mit und helfen bei Darmkrankheiten, die Darmzellen zu regenerieren. Bei allergiegeplagten Menschen kann eine solche Suppenkur Wunder wirken, denn alle Allergien entstehen im Darm. Auch bei Erkältungen und grippalen Infekten, wie sie um das Frühlingsfest herum gern grassieren, wärmt Hühnersuppe auf der Basis von Hühnerknochenbrühe die Seele.
Leider haben wir heute keine solchen Kohleöfen mehr im Gebrauch, bei denen die Temperatur nur schwer abzuschätzen war und man sich als Köchin auf alle Sinne verlassen musste. Aber dafür müssen wir nicht auf diese Suppengrundlagen verzichten, denn es gibt die wunderbare Erfindung des Slowcookers. Der Keramikmantel verteilt die Wärme gleichmäßig und hält die eingegebene Temperatur bis zu 24 Stunden aufrecht. Es muss also auch keine der modernen Uromas mehr neben dem Topf sitzen bleiben, sondern kann sich mit ihren Freundinnen zum Osterfrühstück treffen.
Hier das Rezept, das natürlich auch mit Topf auf dem Herd funktioniert:
- 500 g Knochen in Bio-Qualität (Markknochen vom Rind, Schweineknochen, Lammknochen, Fischknochen, Geflügelknochen, wenn erhältlich, jeweils mit Gelenk)
- Butterschmalz zum Anrösten
- 1.5 l Wasser
- 1 Bund Suppengemüse
- 1 Knoblauchzehe
- 1 Zwiebel
- 1 El Obstessig
- 1 Bund Petersilie
- Gewürze: Salz, Pfeffer, Kurkuma, Cayenne,
So geht´s:
Zuerst Gemüse putzen, in Stücke schneiden, Knoblauch pressen; dann die Knochen in einem Topf mit wenig Butterschmalz anrösten. Gemüse dazugeben, mitrösten, mit Wasser auffüllen, Obstsessig dazugeben, zum Kochen bringen.
Auf kleiner Flamme – oder im Slowcooker – mindestens 8 Stunden, besser bis zu 24 Stunden weiterköcheln lassen. Verdampftes Wasser ab und an nachfüllen, so dass man am Ende 1,2 Liter Flüssigkeit hat. Zum Schluss die Brühe absieben und mit frischem Gemüse zu einer Suppe verarbeiten. Die Knochenbrühe allein kann man gut auf Vorrat einfrieren und im Kühlschrank hält sich ca. 5 Tage.