Philips prüfe daher sämtliche Optionen für die Hausgerätesparte, die mit Kaffeemaschinen, Staubsaugern und Küchengeräten im vergangenen Jahr 2,3 Mrd. EUR umsetzte. Dazu gehören bekannte Geräte wie der Airfryer XXL, der Kaffeevollautomat LatteGo, die Dampfbügelstation Perfect Care Elite oder der Akkusauger SpeedPro Max Aqua.
Parallel dazu beginnt Philips den Geschäftsbereich Domestic Appliances – wann ist eigentlich die Bezeichnung Consumer Lifestyle in die Grachten gefallen? – in eine eigenständige Rechtsform innerhalb der Philips Gruppe zu überführen. „Erwartungsgemäß wird dieser Prozess in 12 bis 18 Monaten abgeschlossen sein“, heißt es in einer Mitteilung von Philips Market DACH. Bedeutet im Klartext: Ein Verkauf der Sparte ist danach genauso denkbar wie ein Börsengang, so wie es die Lichtsparte bereits erfolgreich vorgemacht hat. „Er hat uns einen viel höheren Erlös gebracht als die ursprünglichen Private-Equity-Unternehmen bereit waren zu bieten“, sagte van Houten. Indes: Domestic Appliances sind an den Börsen alles andere als sexy, Ceconomy-Aktionäre haben beispielsweise einen Haufen Geld verbrannt.
Schwer vorstellbar allerdings auch, dass sich für die Haushaltssparte von Philips ein finanziell potenter, mitteleuropäischer Käufer finden wird. Selbst wenn die Formel „Jahresumsatz mal drei“ heute weniger denn je Berechtigung hat, ist weit und breit niemand in Sicht, der den Mega-Deal stemmen könnte. Zudem: De‘Longhi scheint mit sich selbst im Reinen, die Groupe SEB hat gerade erst die doch recht unterschiedliche Kultur mit der WMF verdaut und die BSH wird laut aktueller Bosch-Bilanz aus der vergangenen Woche – die Consumer Goods, zu der auch der Geschäftsbereich BSH Hausgeräte zählt, verzeichnen ein Umsatzminus von 0,2 % – nicht wirklich zu den Lieblingstöchtern des Konzerns zählen.
Bliebe Asien – und hier beginnt der Bereich schierer Spekulation: Top-Marken à la Philips sind bei den Käufern in China und um China herum heiß begehrt. Bestes Beispiel ist der Markt der TV-Geräte: Wo Philips draufsteht, ist heute TP Vision drin – dafür kassieren die Niederländer ein hübsches Sümmchen als Lizenzgebühr. Und sucht nicht Haier immer noch eine attraktive Marke, um auf dem deutschen wie europäischen Markt zur Nummer 1 zu werden? „In China denkt man in großen Zahlen, die Kasse ist gut gefüllt“, so Thomas Wittling, Geschäftsführer von Haier in Deutschland und Österreich, zu generellen Haier-Akquise-Plänen im vergangenen Sommer.
Wirklich überraschend kommt der Philips-Schritt freilich nicht: zum einen ist dies der logische (wenn auch lang dementierte) letzte Schritt in der sukzessiven Zerlegung von Philips in seine (möglicherweise wertvolleren) Einzelbestandteile, zum anderen setzt sich die Disruption – beschleunigt durch die digitale Transformation -, die im vergangenen Jahr u.a. bei Miele kaum ein Stein auf dem anderen ließ, bei der BSH Hausgeräte zu Renovierungsarbeiten in der Konzernstruktur (insbesondere bei Neff und Gaggenau) führte und auch vor Samsung nicht haltmachte, im Jahr 2020 in atemberaubender Geschwindigkeit fort.
Erstaunlich – und nicht ganz frei von Ungereimtheiten – ist dieser strategische Schritt, von dem 5.000 bis 6.000 Arbeitsplätze, vor allem in Asien, betroffen sein könnten, aber dennoch: Warum stellt Phillips mit den Hausgeräten eine Sparte ins Verkaufsregal, die wesentlich zur Strahlkraft und zum Tafelsilber der Marke zählt? Und was hat es damit auf sich, dass das Badezimmer, konkret Rasierer und Zahnbürsten, von der Abspaltung (vorerst?) nicht betroffen sein sollen? Da lässt Procter & Gamble schön grüßen … Die FAZ zitiert in ihrer Ausgabe vom 29. Januar 2020 Philips-Chef Franz van Houten auf die Frage, ob die Produkte der persönlichen Körperpflege auch von der Ausgliederung betroffen seien, mit den Worten „absolut nicht“ – und das obwohl Rasierer mit Medizintechnik bekanntlich ja wenig gemein haben.
Zurück nach Amsterdam: Philips wolle für die Haushaltswaren-Sparte „eine gute Heimat“ finden, sagte Frans van Houten am vergangenen Dienstag. Für Mitarbeiter, Partner und Kunden versprach er zudem einen reibungslosen Übergang. Ob Bayer, Oetker oder jetzt Philips: Sich auf wenige oder nur ein Geschäftsfeld zu konzentrieren liegt – trotz des Nachteils, dass kein Geschäftsbereich die Risiken einer anderen Sparte abzufedern vermag – im Trend. Weiterer Hauptgrund: Die Gewinnmarge mit Produkten für Küche und Waschküche, liege, so van Houten in den Medien, unter dem Philips-Durchschnitt. Diese lag im vergangenen Jahr im Konzern im Mittel bei 13,2 %.
Zeitgleich mit Bekanntgabe der neuen strategischen Ausrichtung veröffentlichte Philips am Dienstag vergangener Woche auch seine Zahlen für das vierte Quartal: Demnach stieg der Umsatz auf vergleichbarer Basis, also ohne Währungseinflüsse sowie Zu- und Verkäufe, um 3 Prozent auf sechs Milliarden Euro. Analysten hatten etwas mehr erwartet. Vergleichsweise schwach lief das Geschäft in Westeuropa mit einem Plus von 2 Prozent. Wesentlich mehr Freude bereitete China mit einem zweistelligen Wachstum. Ein Fingerzeig?
Es ist erst gut ein Jahrzehnt her, da zählte Philips zusammen mit General Electric und Siemens zu den Top-3 der prägenden westlichen Technikkonglomerate. Vorbei! Die damals noch in Eindhoven sitzende, niederländische Industrie-Ikone gab in den vergangenen Jahren ein Geschäftsfeld nach dem anderen ab: Nicht nur TV-Geräte und Mobiltelefone kamen einst von Philips, auch Computer, Halbleiter, Lichttechnik und der Chipmaschinenhersteller ASML zählten einst zum Portfolio.
Heute sucht Philips seinen unternehmerischen Sinn in der Mission, „die Gesundheit der Menschen zu verbessern und sie mit entsprechenden Produkten und Lösungen in allen Phasen des Gesundheitskontinuums zu begleiten: während des gesunden Lebens, aber auch in der Prävention, Diagnostik, Therapie sowie der häuslichen Pflege.“ Akku-Sauger und Kaffeevollautomaten (wann gab es eigentlich zuletzt ein neues Saeco-Modell?) machen da im Portfolio schon heute wenig Sinn.
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